Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

"ten Gesinnung. Doch billig ist es, daß ich als
"Pfand meiner Dankbarkeit Euch eine Gabe zukommen
"lasse, die zu den außerordentlichsten gehört, was
"die Kunst jemals hervorgebracht hat. Es ist nichts
"anders als ein Mikroskop, welches ein sehr geschick¬
"ter, kunstvoller Optiker aus meinem Volk verfer¬
"tigte, als er noch in Leuwenhöcks Dienste war.
"Euch wird das Instrument etwas subtil vorkommen,
"denn in der That ist es wohl an einhundert zwan¬
"zigmal kleiner als ein Sandkorn, aber der Gebrauch
"läßt keine sonderliche Größe zu. Ich setze das Glas
"nämlich in die Pupille Eures linken Auges und die¬
"ses Auge wird dann mikroskopisch. -- Die Wir¬
"kung soll Euch überraschen, ich will daher für jetzt dar¬
"über schweigen und Euch nur bitten, daß Ihr mir er¬
"laubt, die Operation vorzunehmen, dann, wenn
"ich überzeugt bin, daß Euch das mikroskopische Au¬
"ge große Dienste leisten muß. Und nun schlaft
"wohl, Herr Peregrinus, Euch ist noch einige Ruhe
"vonnöthen."

Peregrinus schlief nun wirklich ein und erwachte
erst am hellen Morgen.

Er vernahm das wohlbekannte Kratzen des Be¬
sens der alten Aline, die das Nebenzimmer auskehrte.
Ein kleines Kind, das sich irgend einer Unart be¬

»ten Geſinnung. Doch billig iſt es, daß ich als
»Pfand meiner Dankbarkeit Euch eine Gabe zukommen
»laſſe, die zu den außerordentlichſten gehört, was
»die Kunſt jemals hervorgebracht hat. Es iſt nichts
»anders als ein Mikroskop, welches ein ſehr geſchick¬
»ter, kunſtvoller Optiker aus meinem Volk verfer¬
»tigte, als er noch in Leuwenhöcks Dienſte war.
»Euch wird das Inſtrument etwas ſubtil vorkommen,
»denn in der That iſt es wohl an einhundert zwan¬
»zigmal kleiner als ein Sandkorn, aber der Gebrauch
»läßt keine ſonderliche Größe zu. Ich ſetze das Glas
»nämlich in die Pupille Eures linken Auges und die¬
»ſes Auge wird dann mikroskopiſch. — Die Wir¬
»kung ſoll Euch überraſchen, ich will daher für jetzt dar¬
»über ſchweigen und Euch nur bitten, daß Ihr mir er¬
»laubt, die Operation vorzunehmen, dann, wenn
»ich überzeugt bin, daß Euch das mikroskopiſche Au¬
»ge große Dienſte leiſten muß. Und nun ſchlaft
»wohl, Herr Peregrinus, Euch iſt noch einige Ruhe
»vonnöthen.»

Peregrinus ſchlief nun wirklich ein und erwachte
erſt am hellen Morgen.

Er vernahm das wohlbekannte Kratzen des Be¬
ſens der alten Aline, die das Nebenzimmer auskehrte.
Ein kleines Kind, das ſich irgend einer Unart be¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0106" n="101"/>
»ten Ge&#x017F;innung. Doch billig i&#x017F;t es, daß ich als<lb/>
»Pfand meiner Dankbarkeit Euch eine Gabe zukommen<lb/>
»la&#x017F;&#x017F;e, die zu den außerordentlich&#x017F;ten gehört, was<lb/>
»die Kun&#x017F;t jemals hervorgebracht hat. Es i&#x017F;t nichts<lb/>
»anders als ein Mikroskop, welches ein &#x017F;ehr ge&#x017F;chick¬<lb/>
»ter, kun&#x017F;tvoller Optiker aus meinem Volk verfer¬<lb/>
»tigte, als er noch in Leuwenhöcks Dien&#x017F;te war.<lb/>
»Euch wird das In&#x017F;trument etwas &#x017F;ubtil vorkommen,<lb/>
»denn in der That i&#x017F;t es wohl an einhundert zwan¬<lb/>
»zigmal kleiner als ein Sandkorn, aber der Gebrauch<lb/>
»läßt keine &#x017F;onderliche Größe zu. Ich &#x017F;etze das Glas<lb/>
»nämlich in die Pupille Eures linken Auges und die¬<lb/>
»&#x017F;es Auge wird dann mikroskopi&#x017F;ch. &#x2014; Die Wir¬<lb/>
»kung &#x017F;oll Euch überra&#x017F;chen, ich will daher für jetzt dar¬<lb/>
»über &#x017F;chweigen und Euch nur bitten, daß Ihr mir er¬<lb/>
»laubt, die Operation vorzunehmen, dann, wenn<lb/>
»ich überzeugt bin, daß Euch das mikroskopi&#x017F;che Au¬<lb/>
»ge große Dien&#x017F;te lei&#x017F;ten muß. Und nun &#x017F;chlaft<lb/>
»wohl, Herr Peregrinus, Euch i&#x017F;t noch einige Ruhe<lb/>
»vonnöthen.»</p><lb/>
          <p>Peregrinus &#x017F;chlief nun wirklich ein und erwachte<lb/>
er&#x017F;t am hellen Morgen.</p><lb/>
          <p>Er vernahm das wohlbekannte Kratzen des Be¬<lb/>
&#x017F;ens der alten Aline, die das Nebenzimmer auskehrte.<lb/>
Ein kleines Kind, das &#x017F;ich irgend einer Unart be¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0106] »ten Geſinnung. Doch billig iſt es, daß ich als »Pfand meiner Dankbarkeit Euch eine Gabe zukommen »laſſe, die zu den außerordentlichſten gehört, was »die Kunſt jemals hervorgebracht hat. Es iſt nichts »anders als ein Mikroskop, welches ein ſehr geſchick¬ »ter, kunſtvoller Optiker aus meinem Volk verfer¬ »tigte, als er noch in Leuwenhöcks Dienſte war. »Euch wird das Inſtrument etwas ſubtil vorkommen, »denn in der That iſt es wohl an einhundert zwan¬ »zigmal kleiner als ein Sandkorn, aber der Gebrauch »läßt keine ſonderliche Größe zu. Ich ſetze das Glas »nämlich in die Pupille Eures linken Auges und die¬ »ſes Auge wird dann mikroskopiſch. — Die Wir¬ »kung ſoll Euch überraſchen, ich will daher für jetzt dar¬ »über ſchweigen und Euch nur bitten, daß Ihr mir er¬ »laubt, die Operation vorzunehmen, dann, wenn »ich überzeugt bin, daß Euch das mikroskopiſche Au¬ »ge große Dienſte leiſten muß. Und nun ſchlaft »wohl, Herr Peregrinus, Euch iſt noch einige Ruhe »vonnöthen.» Peregrinus ſchlief nun wirklich ein und erwachte erſt am hellen Morgen. Er vernahm das wohlbekannte Kratzen des Be¬ ſens der alten Aline, die das Nebenzimmer auskehrte. Ein kleines Kind, das ſich irgend einer Unart be¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/106
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/106>, abgerufen am 24.11.2024.