"nachsehen, was die gute Dame macht und kuckte durch "das Schlüsselloch. Da lag die Dame ausgestreckt auf "dem Sopha und hatte das Engelsköpfchen auf die "Hand gestützt, so daß die schwarzen Locken durch die "lilienweißen Fingerchen quollen, welches ganz hübsch "aussah. Und gekleidet war die Dame in lauter Sil¬ "berzindel, der den niedlichen Busen, die rundlichen "Aermchen durchschimmern ließ. An den Füßchen trug "sie goldne Pantoffeln. Einer war herabgefallen so "daß man gewahrte wie sie keine Strümpfe angezogen; "das bloße Füßchen kuckte unter dem Kleide hervor und "sie spielte mit den Zehen, welches artig anzusehen "war. -- Doch gewiß liegt die Dame unten noch eben "so wie vorher auf dem Sopha und wenn es Ihnen "gefällig ist, lieber Herr Tyß, sich an das Schlüssel¬ "loch zu bemühen, so --"
"Was sprichst du," unterbrach Peregrinus die Alte mit Heftigkeit, "was sprichst du! -- soll ich mich hingeben dem verführerischen Anblick, der mich viel¬ leicht hinreißen könnte zu allerlei Thorheiten?"
"Muth Peregrinus, widerstehe der Verlok¬ "kung!" so lispelte es dicht bei Peregrinus, der die Stimme des Meister Floh erkannte.
Die Alte lächelte geheimnißvoll und sprach, nach¬ dem sie einige Augenblicke geschwiegen: "Ich will
»nachſehen, was die gute Dame macht und kuckte durch »das Schlüſſelloch. Da lag die Dame ausgeſtreckt auf »dem Sopha und hatte das Engelsköpfchen auf die »Hand geſtützt, ſo daß die ſchwarzen Locken durch die »lilienweißen Fingerchen quollen, welches ganz hübſch »ausſah. Und gekleidet war die Dame in lauter Sil¬ »berzindel, der den niedlichen Buſen, die rundlichen »Aermchen durchſchimmern ließ. An den Füßchen trug »ſie goldne Pantoffeln. Einer war herabgefallen ſo »daß man gewahrte wie ſie keine Strümpfe angezogen; »das bloße Füßchen kuckte unter dem Kleide hervor und »ſie ſpielte mit den Zehen, welches artig anzuſehen »war. — Doch gewiß liegt die Dame unten noch eben »ſo wie vorher auf dem Sopha und wenn es Ihnen »gefällig iſt, lieber Herr Tyß, ſich an das Schlüſſel¬ »loch zu bemühen, ſo —»
»Was ſprichſt du,» unterbrach Peregrinus die Alte mit Heftigkeit, »was ſprichſt du! — ſoll ich mich hingeben dem verführeriſchen Anblick, der mich viel¬ leicht hinreißen könnte zu allerlei Thorheiten?»
»Muth Peregrinus, widerſtehe der Verlok¬ »kung!» ſo lispelte es dicht bei Peregrinus, der die Stimme des Meiſter Floh erkannte.
Die Alte lächelte geheimnißvoll und ſprach, nach¬ dem ſie einige Augenblicke geſchwiegen: »Ich will
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0113"n="108"/>
»nachſehen, was die gute Dame macht und kuckte durch<lb/>
»das Schlüſſelloch. Da lag die Dame ausgeſtreckt auf<lb/>
»dem Sopha und hatte das Engelsköpfchen auf die<lb/>
»Hand geſtützt, ſo daß die ſchwarzen Locken durch die<lb/>
»lilienweißen Fingerchen quollen, welches ganz hübſch<lb/>
»ausſah. Und gekleidet war die Dame in lauter Sil¬<lb/>
»berzindel, der den niedlichen Buſen, die rundlichen<lb/>
»Aermchen durchſchimmern ließ. An den Füßchen trug<lb/>
»ſie goldne Pantoffeln. Einer war herabgefallen ſo<lb/>
»daß man gewahrte wie ſie keine Strümpfe angezogen;<lb/>
»das bloße Füßchen kuckte unter dem Kleide hervor und<lb/>
»ſie ſpielte mit den Zehen, welches artig anzuſehen<lb/>
»war. — Doch gewiß liegt die Dame unten noch eben<lb/>
»ſo wie vorher auf dem Sopha und wenn es Ihnen<lb/>
»gefällig iſt, lieber Herr Tyß, ſich an das Schlüſſel¬<lb/>
»loch zu bemühen, ſo —»</p><lb/><p>»Was ſprichſt du,» unterbrach Peregrinus die Alte<lb/>
mit Heftigkeit, »was ſprichſt du! —ſoll ich mich<lb/>
hingeben dem verführeriſchen Anblick, der mich viel¬<lb/>
leicht hinreißen könnte zu allerlei Thorheiten?»</p><lb/><p>»Muth Peregrinus, widerſtehe der Verlok¬<lb/>
»kung!» ſo lispelte es dicht bei Peregrinus, der die<lb/>
Stimme des Meiſter Floh erkannte.</p><lb/><p>Die Alte lächelte geheimnißvoll und ſprach, nach¬<lb/>
dem ſie einige Augenblicke geſchwiegen: »Ich will<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[108/0113]
»nachſehen, was die gute Dame macht und kuckte durch
»das Schlüſſelloch. Da lag die Dame ausgeſtreckt auf
»dem Sopha und hatte das Engelsköpfchen auf die
»Hand geſtützt, ſo daß die ſchwarzen Locken durch die
»lilienweißen Fingerchen quollen, welches ganz hübſch
»ausſah. Und gekleidet war die Dame in lauter Sil¬
»berzindel, der den niedlichen Buſen, die rundlichen
»Aermchen durchſchimmern ließ. An den Füßchen trug
»ſie goldne Pantoffeln. Einer war herabgefallen ſo
»daß man gewahrte wie ſie keine Strümpfe angezogen;
»das bloße Füßchen kuckte unter dem Kleide hervor und
»ſie ſpielte mit den Zehen, welches artig anzuſehen
»war. — Doch gewiß liegt die Dame unten noch eben
»ſo wie vorher auf dem Sopha und wenn es Ihnen
»gefällig iſt, lieber Herr Tyß, ſich an das Schlüſſel¬
»loch zu bemühen, ſo —»
»Was ſprichſt du,» unterbrach Peregrinus die Alte
mit Heftigkeit, »was ſprichſt du! — ſoll ich mich
hingeben dem verführeriſchen Anblick, der mich viel¬
leicht hinreißen könnte zu allerlei Thorheiten?»
»Muth Peregrinus, widerſtehe der Verlok¬
»kung!» ſo lispelte es dicht bei Peregrinus, der die
Stimme des Meiſter Floh erkannte.
Die Alte lächelte geheimnißvoll und ſprach, nach¬
dem ſie einige Augenblicke geſchwiegen: »Ich will
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/113>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.