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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬
geschmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn
er in unser Haus kommt, verliebt er sich in mich,
denn ich bin das schönste Mädchen in ganz Frankfurt.
Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menschen hei¬
rathen will, damit ich bis eilf Uhr schlafen und
theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬
ner. -- Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den
Peregrinus erblickte, den Wagen halten und schrie
zum Schlage heraus: Guten Morgen, bester Tyß!
Sie sehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte
Sie bei guter Gesundheit! Aber wenn Ihnen was
zustoßen sollte, so denken Sie an mich, an den al¬
ten Freund Ihres seeligen Herrn Vaters. -- Solchen
kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger
Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube,
der Mensch ist aus purem Geitz beständig gesund?
Aber er sieht mir so blaß, so verstört aus, er scheint
mir endlich was am Halse zu haben. Nun! kommt
er mir unter die Hände, so soll er nicht wieder so
bald vom Lager aufstehen, er soll tüchtig büßen für
seine hartnäckige Gesundheit.

Seyn Sie schönstens gegrüßt, Wohledler! rief
ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; sehen
Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen

greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬
geſchmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn
er in unſer Haus kommt, verliebt er ſich in mich,
denn ich bin das ſchönſte Mädchen in ganz Frankfurt.
Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menſchen hei¬
rathen will, damit ich bis eilf Uhr ſchlafen und
theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬
ner. — Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den
Peregrinus erblickte, den Wagen halten und ſchrie
zum Schlage heraus: Guten Morgen, beſter Tyß!
Sie ſehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte
Sie bei guter Geſundheit! Aber wenn Ihnen was
zuſtoßen ſollte, ſo denken Sie an mich, an den al¬
ten Freund Ihres ſeeligen Herrn Vaters. — Solchen
kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger
Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube,
der Menſch iſt aus purem Geitz beſtändig geſund?
Aber er ſieht mir ſo blaß, ſo verſtört aus, er ſcheint
mir endlich was am Halſe zu haben. Nun! kommt
er mir unter die Hände, ſo ſoll er nicht wieder ſo
bald vom Lager aufſtehen, er ſoll tüchtig büßen für
ſeine hartnäckige Geſundheit.

Seyn Sie ſchönſtens gegrüßt, Wohledler! rief
ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; ſehen
Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen

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[133/0138] greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬ geſchmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn er in unſer Haus kommt, verliebt er ſich in mich, denn ich bin das ſchönſte Mädchen in ganz Frankfurt. Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menſchen hei¬ rathen will, damit ich bis eilf Uhr ſchlafen und theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬ ner. — Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den Peregrinus erblickte, den Wagen halten und ſchrie zum Schlage heraus: Guten Morgen, beſter Tyß! Sie ſehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte Sie bei guter Geſundheit! Aber wenn Ihnen was zuſtoßen ſollte, ſo denken Sie an mich, an den al¬ ten Freund Ihres ſeeligen Herrn Vaters. — Solchen kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube, der Menſch iſt aus purem Geitz beſtändig geſund? Aber er ſieht mir ſo blaß, ſo verſtört aus, er ſcheint mir endlich was am Halſe zu haben. Nun! kommt er mir unter die Hände, ſo ſoll er nicht wieder ſo bald vom Lager aufſtehen, er ſoll tüchtig büßen für ſeine hartnäckige Geſundheit. Seyn Sie ſchönſtens gegrüßt, Wohledler! rief ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; ſehen Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/138>, abgerufen am 21.11.2024.