Peregrinus wollte über Dörtjes Verlust beinahe außer sich gerathen. Meister Floh ließ sich aber ver¬ nehmen mit tröstenden Worten: "Ihr wißt," sprach er mit einem Ton, der dem Hoffnungslosesten Zu¬ trauen einflößen mußte, "Ihr wißt ja noch gar nicht, "theurer Herr Peregrinus Tyß, ob die schöne Dörtje "Elverdink Euer Haus wirklich verlassen hat. So "viel ich mich auf solche Dinge verstehe, ist sie gar "nicht weit; mir ist's als wittere ich ihre Nähe. "Doch, wollt Ihr meinem freundschaftlichen Rath ver¬ "trauen und ihn befolgen, so überlaßt die schöne Dörtje "ihrem Schicksal. Glaubt mir, die Kleine ist ein "wetterwendisches Ding; mag es seyn, daß sie, wie "Ihr mir gesagt habt, Euch jetzt wirklich gut gewor¬ "den ist, wie lange wird es dauern und sie versetzt "Euch in solch Trübsal und Leid, daß Ihr Gefahr "lauft, darüber den Verstand zu verlieren, wie die "Distel Zeherit. Noch einmal sage ich es Euch, gebt "Euer einsames Leben auf. Ihr werdet Euch besser "dabei befinden. Was für Mädchen habt Ihr denn "schon kennen gelernt, daß Ihr die Dörtje für die "schönste achtet; welchem Weibe habt Ihr Euch denn "schon genähert mit freundlichen Liebesworten, daß "Ihr glaubt, nur Dörtje könne Euch lieben. Geht, "geht, Peregrinus, die Erfahrung wird Euch eines
Peregrinus wollte über Dörtjes Verluſt beinahe außer ſich gerathen. Meiſter Floh ließ ſich aber ver¬ nehmen mit tröſtenden Worten: »Ihr wißt,» ſprach er mit einem Ton, der dem Hoffnungsloſeſten Zu¬ trauen einflößen mußte, »Ihr wißt ja noch gar nicht, »theurer Herr Peregrinus Tyß, ob die ſchöne Dörtje »Elverdink Euer Haus wirklich verlaſſen hat. So »viel ich mich auf ſolche Dinge verſtehe, iſt ſie gar »nicht weit; mir iſt's als wittere ich ihre Nähe. »Doch, wollt Ihr meinem freundſchaftlichen Rath ver¬ »trauen und ihn befolgen, ſo überlaßt die ſchöne Dörtje »ihrem Schickſal. Glaubt mir, die Kleine iſt ein »wetterwendiſches Ding; mag es ſeyn, daß ſie, wie »Ihr mir geſagt habt, Euch jetzt wirklich gut gewor¬ »den iſt, wie lange wird es dauern und ſie verſetzt »Euch in ſolch Trübſal und Leid, daß Ihr Gefahr »lauft, darüber den Verſtand zu verlieren, wie die »Diſtel Zeherit. Noch einmal ſage ich es Euch, gebt »Euer einſames Leben auf. Ihr werdet Euch beſſer »dabei befinden. Was für Mädchen habt Ihr denn »ſchon kennen gelernt, daß Ihr die Dörtje für die »ſchönſte achtet; welchem Weibe habt Ihr Euch denn »ſchon genähert mit freundlichen Liebesworten, daß »Ihr glaubt, nur Dörtje könne Euch lieben. Geht, »geht, Peregrinus, die Erfahrung wird Euch eines
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0154"n="149"/><p>Peregrinus wollte über Dörtjes Verluſt beinahe<lb/>
außer ſich gerathen. Meiſter Floh ließ ſich aber ver¬<lb/>
nehmen mit tröſtenden Worten: »Ihr wißt,» ſprach<lb/>
er mit einem Ton, der dem Hoffnungsloſeſten Zu¬<lb/>
trauen einflößen mußte, »Ihr wißt ja noch gar nicht,<lb/>
»theurer Herr Peregrinus Tyß, ob die ſchöne Dörtje<lb/>
»Elverdink Euer Haus wirklich verlaſſen hat. So<lb/>
»viel ich mich auf ſolche Dinge verſtehe, iſt ſie gar<lb/>
»nicht weit; mir iſt's als wittere ich ihre Nähe.<lb/>
»Doch, wollt Ihr meinem freundſchaftlichen Rath ver¬<lb/>
»trauen und ihn befolgen, ſo überlaßt die ſchöne Dörtje<lb/>
»ihrem Schickſal. Glaubt mir, die Kleine iſt ein<lb/>
»wetterwendiſches Ding; mag es ſeyn, daß ſie, wie<lb/>
»Ihr mir geſagt habt, Euch jetzt wirklich gut gewor¬<lb/>
»den iſt, wie lange wird es dauern und ſie verſetzt<lb/>
»Euch in ſolch Trübſal und Leid, daß Ihr Gefahr<lb/>
»lauft, darüber den Verſtand zu verlieren, wie die<lb/>
»Diſtel Zeherit. Noch einmal ſage ich es Euch, gebt<lb/>
»Euer einſames Leben auf. Ihr werdet Euch beſſer<lb/>
»dabei befinden. Was für Mädchen habt Ihr denn<lb/>
»ſchon kennen gelernt, daß Ihr die Dörtje für die<lb/>
»ſchönſte achtet; welchem Weibe habt Ihr Euch denn<lb/>
»ſchon genähert mit freundlichen Liebesworten, daß<lb/>
»Ihr glaubt, nur Dörtje könne Euch lieben. Geht,<lb/>
»geht, Peregrinus, die Erfahrung wird Euch eines<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[149/0154]
Peregrinus wollte über Dörtjes Verluſt beinahe
außer ſich gerathen. Meiſter Floh ließ ſich aber ver¬
nehmen mit tröſtenden Worten: »Ihr wißt,» ſprach
er mit einem Ton, der dem Hoffnungsloſeſten Zu¬
trauen einflößen mußte, »Ihr wißt ja noch gar nicht,
»theurer Herr Peregrinus Tyß, ob die ſchöne Dörtje
»Elverdink Euer Haus wirklich verlaſſen hat. So
»viel ich mich auf ſolche Dinge verſtehe, iſt ſie gar
»nicht weit; mir iſt's als wittere ich ihre Nähe.
»Doch, wollt Ihr meinem freundſchaftlichen Rath ver¬
»trauen und ihn befolgen, ſo überlaßt die ſchöne Dörtje
»ihrem Schickſal. Glaubt mir, die Kleine iſt ein
»wetterwendiſches Ding; mag es ſeyn, daß ſie, wie
»Ihr mir geſagt habt, Euch jetzt wirklich gut gewor¬
»den iſt, wie lange wird es dauern und ſie verſetzt
»Euch in ſolch Trübſal und Leid, daß Ihr Gefahr
»lauft, darüber den Verſtand zu verlieren, wie die
»Diſtel Zeherit. Noch einmal ſage ich es Euch, gebt
»Euer einſames Leben auf. Ihr werdet Euch beſſer
»dabei befinden. Was für Mädchen habt Ihr denn
»ſchon kennen gelernt, daß Ihr die Dörtje für die
»ſchönſte achtet; welchem Weibe habt Ihr Euch denn
»ſchon genähert mit freundlichen Liebesworten, daß
»Ihr glaubt, nur Dörtje könne Euch lieben. Geht,
»geht, Peregrinus, die Erfahrung wird Euch eines
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/154>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.