"geöffnet. -- Vielleicht hat Ihnen, bester Herr Tyß, "mein lieber Herzensfreund sogar bange machen wol¬ "len, vor irgend einer bedrohlichen Katastrophe, denn "ich weiß, er liebt es, Leute unnützer Weise Schrek¬ "ken einzujagen; doch -- trauen Sie Ihrem, Sie "verehrenden Miethsmann, der, Hand aufs Herz, "Ihnen schwört, daß Sie durchaus nichts zu befürch¬ "ten haben. -- Gern möchte ich aber denn doch wis¬ "sen, ob Sie zur Zeit den Besitz des Talismans gar "nicht verspüren und was Sie über die ganze Sache "überhaupt zu denken belieben?"
Swammerdamm sah bei den letzten Worten mit giftigem Lächeln dem Herrn Peregrinus so scharf ins Auge, als wolle er seine tiefsten Gedanken durch¬ schauen; das konnte ihm aber freilich nicht so gelin¬ gen, als dem Peregrinus mit seinem mikroskopischen Glase. Mittelst dieses Glases erfuhr Peregrinus, daß nicht sowohl die gemeinschaftliche Bekämpfung des schönen Geistes und des Bartscheerers, als eben jenes geheimnißvolle Horoskop, die Versöhnung der beiden Mikroskopisten herbeigeführt. Der Besitz des mäch¬ tigen Talismans, das war es nun, wornach beide strebten. Swammerdamm war, was den gewissen geheimnißvoll verschlungenen Knoten im Horoskop des Herrn Peregrinus betrifft, eben so in verdrießlicher
»geöffnet. — Vielleicht hat Ihnen, beſter Herr Tyß, »mein lieber Herzensfreund ſogar bange machen wol¬ »len, vor irgend einer bedrohlichen Kataſtrophe, denn »ich weiß, er liebt es, Leute unnützer Weiſe Schrek¬ »ken einzujagen; doch — trauen Sie Ihrem, Sie »verehrenden Miethsmann, der, Hand aufs Herz, »Ihnen ſchwört, daß Sie durchaus nichts zu befürch¬ »ten haben. — Gern möchte ich aber denn doch wiſ¬ »ſen, ob Sie zur Zeit den Beſitz des Talismans gar »nicht verſpüren und was Sie über die ganze Sache »überhaupt zu denken belieben?»
Swammerdamm ſah bei den letzten Worten mit giftigem Lächeln dem Herrn Peregrinus ſo ſcharf ins Auge, als wolle er ſeine tiefſten Gedanken durch¬ ſchauen; das konnte ihm aber freilich nicht ſo gelin¬ gen, als dem Peregrinus mit ſeinem mikroskopiſchen Glaſe. Mittelſt dieſes Glaſes erfuhr Peregrinus, daß nicht ſowohl die gemeinſchaftliche Bekämpfung des ſchönen Geiſtes und des Bartſcheerers, als eben jenes geheimnißvolle Horoskop, die Verſöhnung der beiden Mikroskopiſten herbeigeführt. Der Beſitz des mäch¬ tigen Talismans, das war es nun, wornach beide ſtrebten. Swammerdamm war, was den gewiſſen geheimnißvoll verſchlungenen Knoten im Horoskop des Herrn Peregrinus betrifft, eben ſo in verdrießlicher
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»geöffnet. — Vielleicht hat Ihnen, beſter Herr Tyß,
»mein lieber Herzensfreund ſogar bange machen wol¬
»len, vor irgend einer bedrohlichen Kataſtrophe, denn
»ich weiß, er liebt es, Leute unnützer Weiſe Schrek¬
»ken einzujagen; doch — trauen Sie Ihrem, Sie
»verehrenden Miethsmann, der, Hand aufs Herz,
»Ihnen ſchwört, daß Sie durchaus nichts zu befürch¬
»ten haben. — Gern möchte ich aber denn doch wiſ¬
»ſen, ob Sie zur Zeit den Beſitz des Talismans gar
»nicht verſpüren und was Sie über die ganze Sache
»überhaupt zu denken belieben?»
Swammerdamm ſah bei den letzten Worten mit
giftigem Lächeln dem Herrn Peregrinus ſo ſcharf ins
Auge, als wolle er ſeine tiefſten Gedanken durch¬
ſchauen; das konnte ihm aber freilich nicht ſo gelin¬
gen, als dem Peregrinus mit ſeinem mikroskopiſchen
Glaſe. Mittelſt dieſes Glaſes erfuhr Peregrinus,
daß nicht ſowohl die gemeinſchaftliche Bekämpfung des
ſchönen Geiſtes und des Bartſcheerers, als eben jenes
geheimnißvolle Horoskop, die Verſöhnung der beiden
Mikroskopiſten herbeigeführt. Der Beſitz des mäch¬
tigen Talismans, das war es nun, wornach beide
ſtrebten. Swammerdamm war, was den gewiſſen
geheimnißvoll verſchlungenen Knoten im Horoskop des
Herrn Peregrinus betrifft, eben ſo in verdrießlicher
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/221>, abgerufen am 25.11.2024.
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