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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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so viel Gutes erzeigt, und von denen Sie so hoch
verehrt werden.

Röschen! rief Peregrinus ganz außer sich; er
hätte der holden Jungfrau zu Füßen stürzen mögen,
kaum hielt er sich zurück.

Röschen erzählte nun, indem sie ruhig fortar¬
beitete, wie seit der Zeit, als die Eltern durch den
Krieg in die bitterste Dürftigkeit gerathen, sie von
einer Base in einem benachbarten kleinen Städtchen
aufgenommen, wie diese Base vor wenigen Wochen
gestorben und wie sie dann zu den Eltern zurückge¬
kehrt.

Peregrinus hörte nur Röschens süße Stimme
ohne viel von den Worten zu verstehen, und er über¬
zeugte sich erst, daß er nicht selig träume, als Läm¬
merhirt ins Zimmer trat und ihn mit dem herzlich¬
sten Willkommen begrüßte. Nicht lange dauerte es,
so folgte auch die Frau mit den Kindern und wie denn
in des Menschen unergründlichem Gemüth, Gedan¬
ken, Regungen, Gefühle, in seltsamen bunten Ge¬
wirr durcheinander laufen, so geschah es, daß Pe¬
regrinus selbst in der Exstase, die ihn einen niege¬
ahnten Himmel schauen ließ, plötzlich daran dachte,
wie der murrköpfische Pepusch sein Beschenken der Läm¬
merhirtschen Kinder getadelt. Es war ihm sehr lieb,

ſo viel Gutes erzeigt, und von denen Sie ſo hoch
verehrt werden.

Röschen! rief Peregrinus ganz außer ſich; er
hätte der holden Jungfrau zu Füßen ſtürzen mögen,
kaum hielt er ſich zurück.

Röschen erzählte nun, indem ſie ruhig fortar¬
beitete, wie ſeit der Zeit, als die Eltern durch den
Krieg in die bitterſte Dürftigkeit gerathen, ſie von
einer Baſe in einem benachbarten kleinen Städtchen
aufgenommen, wie dieſe Baſe vor wenigen Wochen
geſtorben und wie ſie dann zu den Eltern zurückge¬
kehrt.

Peregrinus hörte nur Röschens ſüße Stimme
ohne viel von den Worten zu verſtehen, und er über¬
zeugte ſich erſt, daß er nicht ſelig träume, als Läm¬
merhirt ins Zimmer trat und ihn mit dem herzlich¬
ſten Willkommen begrüßte. Nicht lange dauerte es,
ſo folgte auch die Frau mit den Kindern und wie denn
in des Menſchen unergründlichem Gemüth, Gedan¬
ken, Regungen, Gefühle, in ſeltſamen bunten Ge¬
wirr durcheinander laufen, ſo geſchah es, daß Pe¬
regrinus ſelbſt in der Exſtaſe, die ihn einen niege¬
ahnten Himmel ſchauen ließ, plötzlich daran dachte,
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[233/0238] ſo viel Gutes erzeigt, und von denen Sie ſo hoch verehrt werden. Röschen! rief Peregrinus ganz außer ſich; er hätte der holden Jungfrau zu Füßen ſtürzen mögen, kaum hielt er ſich zurück. Röschen erzählte nun, indem ſie ruhig fortar¬ beitete, wie ſeit der Zeit, als die Eltern durch den Krieg in die bitterſte Dürftigkeit gerathen, ſie von einer Baſe in einem benachbarten kleinen Städtchen aufgenommen, wie dieſe Baſe vor wenigen Wochen geſtorben und wie ſie dann zu den Eltern zurückge¬ kehrt. Peregrinus hörte nur Röschens ſüße Stimme ohne viel von den Worten zu verſtehen, und er über¬ zeugte ſich erſt, daß er nicht ſelig träume, als Läm¬ merhirt ins Zimmer trat und ihn mit dem herzlich¬ ſten Willkommen begrüßte. Nicht lange dauerte es, ſo folgte auch die Frau mit den Kindern und wie denn in des Menſchen unergründlichem Gemüth, Gedan¬ ken, Regungen, Gefühle, in ſeltſamen bunten Ge¬ wirr durcheinander laufen, ſo geſchah es, daß Pe¬ regrinus ſelbſt in der Exſtaſe, die ihn einen niege¬ ahnten Himmel ſchauen ließ, plötzlich daran dachte, wie der murrköpfiſche Pepuſch ſein Beſchenken der Läm¬ merhirtſchen Kinder getadelt. Es war ihm ſehr lieb,

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/238>, abgerufen am 27.11.2024.