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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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wie bei wirklichen großen Soldaten, weil das Mar¬
schiren in den zierlichsten Entrechats und Luftspringen,
das Linksum und Rechtsum aber in anmuthigen Pi¬
rouetten bestand. Die ganze Mannschaft hatte ein er¬
staunliches A Plomb und der Feldherr schien zugleich
ein tüchtiger Ballettmeister. Noch beinahe hübscher
und wunderbarer waren aber die kleinen goldnen Kut¬
schen, die von vier, sechs, acht Flöhen gezogen wur¬
den. Kutscher und Diener waren Goldkäferlein, der
kleinsten kaum sichtbaren Art, was aber drin saß, war
nicht recht zu erkennen.

Unwillkührlich wurde man an die Equipage der
Fee Mab erinnert, die der wackre Merkutio in Sha¬
kespear's Romeo und Julie so schön beschreibt, daß
man wohl merkt, wie oft sie ihm selbst über die Nase
gefahren.

Erst, wenn man den ganzen Tisch mit einem gu¬
ten Vergrößerungsglase überschaute, entwickelte sich
aber die Kunst des Flohbändigers in vollem Maaße.
Denn nun erst zeigte sich die Pracht, die Zierlichkeit
der Geschirre, die feine Arbeit der Waffen, der Glanz,
die Nettigkeit der Uniformen, und erregte die tiefste
Bewunderung. Gar nicht zu begreifen schien es, wel¬
cher Instrumente sich der Flohbändiger bedient haben
mußte, um gewisse kleine Nebensachen, z. B. Sporn,

wie bei wirklichen großen Soldaten, weil das Mar¬
ſchiren in den zierlichſten Entrechats und Luftſpringen,
das Linksum und Rechtsum aber in anmuthigen Pi¬
rouetten beſtand. Die ganze Mannſchaft hatte ein er¬
ſtaunliches A Plomb und der Feldherr ſchien zugleich
ein tüchtiger Ballettmeiſter. Noch beinahe hübſcher
und wunderbarer waren aber die kleinen goldnen Kut¬
ſchen, die von vier, ſechs, acht Flöhen gezogen wur¬
den. Kutſcher und Diener waren Goldkäferlein, der
kleinſten kaum ſichtbaren Art, was aber drin ſaß, war
nicht recht zu erkennen.

Unwillkührlich wurde man an die Equipage der
Fee Mab erinnert, die der wackre Merkutio in Sha¬
kespear's Romeo und Julie ſo ſchön beſchreibt, daß
man wohl merkt, wie oft ſie ihm ſelbſt über die Naſe
gefahren.

Erſt, wenn man den ganzen Tiſch mit einem gu¬
ten Vergrößerungsglaſe überſchaute, entwickelte ſich
aber die Kunſt des Flohbändigers in vollem Maaße.
Denn nun erſt zeigte ſich die Pracht, die Zierlichkeit
der Geſchirre, die feine Arbeit der Waffen, der Glanz,
die Nettigkeit der Uniformen, und erregte die tiefſte
Bewunderung. Gar nicht zu begreifen ſchien es, wel¬
cher Inſtrumente ſich der Flohbändiger bedient haben
mußte, um gewiſſe kleine Nebenſachen, z. B. Sporn,

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[47/0052] wie bei wirklichen großen Soldaten, weil das Mar¬ ſchiren in den zierlichſten Entrechats und Luftſpringen, das Linksum und Rechtsum aber in anmuthigen Pi¬ rouetten beſtand. Die ganze Mannſchaft hatte ein er¬ ſtaunliches A Plomb und der Feldherr ſchien zugleich ein tüchtiger Ballettmeiſter. Noch beinahe hübſcher und wunderbarer waren aber die kleinen goldnen Kut¬ ſchen, die von vier, ſechs, acht Flöhen gezogen wur¬ den. Kutſcher und Diener waren Goldkäferlein, der kleinſten kaum ſichtbaren Art, was aber drin ſaß, war nicht recht zu erkennen. Unwillkührlich wurde man an die Equipage der Fee Mab erinnert, die der wackre Merkutio in Sha¬ kespear's Romeo und Julie ſo ſchön beſchreibt, daß man wohl merkt, wie oft ſie ihm ſelbſt über die Naſe gefahren. Erſt, wenn man den ganzen Tiſch mit einem gu¬ ten Vergrößerungsglaſe überſchaute, entwickelte ſich aber die Kunſt des Flohbändigers in vollem Maaße. Denn nun erſt zeigte ſich die Pracht, die Zierlichkeit der Geſchirre, die feine Arbeit der Waffen, der Glanz, die Nettigkeit der Uniformen, und erregte die tiefſte Bewunderung. Gar nicht zu begreifen ſchien es, wel¬ cher Inſtrumente ſich der Flohbändiger bedient haben mußte, um gewiſſe kleine Nebenſachen, z. B. Sporn,

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/52>, abgerufen am 24.11.2024.