Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

"wurde aber das unglückliche Schicksal der Prinzessin
"Gamaheh in Famagusta allgemein bekannt und nun
"wußten auch die Magier sich die Erscheinung des Ge¬
"nius Thetel mit dem Mädchen im Arm zu erklären."

"Beide vermutheten, daß der Genius Thetel
"gewiß noch ein Mittel gefunden haben müsse, die
"Prinzessin ins Leben zurückzurufen, und beschlossen
"in Samarkand Nachfrage zu halten, wohin er ihrer
"Beobachtung nach, offenbar seinen Flug gerichtet
"hatte. In Samarkand war aber von der Prinzes¬
"sin alles stille, niemand wußte ein Wort."

"Viele Jahre waren vergangen, die beiden Ma¬
"gier hatten sich entzweit, wie es wohl unter gelehr¬
"ten Männern desto öfter zu geschehen pflegt, je ge¬
"lehrter sie sind, und nur noch die wichtigsten Ent¬
"deckungen theilten sie sich aus alter eiserner Gewohn¬
"heit einander mit. -- Ihr habt nicht vergessen, Pe¬
"pusch, daß ich selbst einer dieser Magier bin. --
"Also, nicht wenig erstaunte ich über eine Mitthei¬
"lung meines Collegen, die über die Prinzessin Ga¬
"maheh das Wunderbarste und zugleich Glückseligste
"enthielt, was man nur hätte ahnen können. Die
"Sache verhielt sich folgender Gestalt: Mein College
"hatte durch einen wissenschaftlichen Freund aus Sa¬
"markand die schönsten und seltensten Tulpen und so

»wurde aber das unglückliche Schickſal der Prinzeſſin
»Gamaheh in Famaguſta allgemein bekannt und nun
»wußten auch die Magier ſich die Erſcheinung des Ge¬
»nius Thetel mit dem Mädchen im Arm zu erklären.»

»Beide vermutheten, daß der Genius Thetel
»gewiß noch ein Mittel gefunden haben müſſe, die
»Prinzeſſin ins Leben zurückzurufen, und beſchloſſen
»in Samarkand Nachfrage zu halten, wohin er ihrer
»Beobachtung nach, offenbar ſeinen Flug gerichtet
»hatte. In Samarkand war aber von der Prinzeſ¬
»ſin alles ſtille, niemand wußte ein Wort.»

»Viele Jahre waren vergangen, die beiden Ma¬
»gier hatten ſich entzweit, wie es wohl unter gelehr¬
»ten Männern deſto öfter zu geſchehen pflegt, je ge¬
»lehrter ſie ſind, und nur noch die wichtigſten Ent¬
»deckungen theilten ſie ſich aus alter eiſerner Gewohn¬
»heit einander mit. — Ihr habt nicht vergeſſen, Pe¬
»puſch, daß ich ſelbſt einer dieſer Magier bin. —
»Alſo, nicht wenig erſtaunte ich über eine Mitthei¬
»lung meines Collegen, die über die Prinzeſſin Ga¬
»maheh das Wunderbarſte und zugleich Glückſeligſte
»enthielt, was man nur hätte ahnen können. Die
»Sache verhielt ſich folgender Geſtalt: Mein College
»hatte durch einen wiſſenſchaftlichen Freund aus Sa¬
»markand die ſchönſten und ſeltenſten Tulpen und ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="59"/>
»wurde aber das unglückliche Schick&#x017F;al der Prinze&#x017F;&#x017F;in<lb/>
»Gamaheh in Famagu&#x017F;ta allgemein bekannt und nun<lb/>
»wußten auch die Magier &#x017F;ich die Er&#x017F;cheinung des Ge¬<lb/>
»nius Thetel mit dem Mädchen im Arm zu erklären.»</p><lb/>
          <p>»Beide vermutheten, daß der Genius Thetel<lb/>
»gewiß noch ein Mittel gefunden haben mü&#x017F;&#x017F;e, die<lb/>
»Prinze&#x017F;&#x017F;in ins Leben zurückzurufen, und be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
»in Samarkand Nachfrage zu halten, wohin er ihrer<lb/>
»Beobachtung nach, offenbar &#x017F;einen Flug gerichtet<lb/>
»hatte. In Samarkand war aber von der Prinze&#x017F;¬<lb/>
»&#x017F;in alles &#x017F;tille, niemand wußte ein Wort.»</p><lb/>
          <p>»Viele Jahre waren vergangen, die beiden Ma¬<lb/>
»gier hatten &#x017F;ich entzweit, wie es wohl unter gelehr¬<lb/>
»ten Männern de&#x017F;to öfter zu ge&#x017F;chehen pflegt, je ge¬<lb/>
»lehrter &#x017F;ie &#x017F;ind, und nur noch die wichtig&#x017F;ten Ent¬<lb/>
»deckungen theilten &#x017F;ie &#x017F;ich aus alter ei&#x017F;erner Gewohn¬<lb/>
»heit einander mit. &#x2014; Ihr habt nicht verge&#x017F;&#x017F;en, Pe¬<lb/>
»pu&#x017F;ch, daß ich &#x017F;elb&#x017F;t einer die&#x017F;er Magier bin. &#x2014;<lb/>
»Al&#x017F;o, nicht wenig er&#x017F;taunte ich über eine Mitthei¬<lb/>
»lung meines Collegen, die über die Prinze&#x017F;&#x017F;in Ga¬<lb/>
»maheh das Wunderbar&#x017F;te und zugleich Glück&#x017F;elig&#x017F;te<lb/>
»enthielt, was man nur hätte ahnen können. Die<lb/>
»Sache verhielt &#x017F;ich folgender Ge&#x017F;talt: Mein College<lb/>
»hatte durch einen wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Freund aus Sa¬<lb/>
»markand die &#x017F;chön&#x017F;ten und &#x017F;elten&#x017F;ten Tulpen und &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0064] »wurde aber das unglückliche Schickſal der Prinzeſſin »Gamaheh in Famaguſta allgemein bekannt und nun »wußten auch die Magier ſich die Erſcheinung des Ge¬ »nius Thetel mit dem Mädchen im Arm zu erklären.» »Beide vermutheten, daß der Genius Thetel »gewiß noch ein Mittel gefunden haben müſſe, die »Prinzeſſin ins Leben zurückzurufen, und beſchloſſen »in Samarkand Nachfrage zu halten, wohin er ihrer »Beobachtung nach, offenbar ſeinen Flug gerichtet »hatte. In Samarkand war aber von der Prinzeſ¬ »ſin alles ſtille, niemand wußte ein Wort.» »Viele Jahre waren vergangen, die beiden Ma¬ »gier hatten ſich entzweit, wie es wohl unter gelehr¬ »ten Männern deſto öfter zu geſchehen pflegt, je ge¬ »lehrter ſie ſind, und nur noch die wichtigſten Ent¬ »deckungen theilten ſie ſich aus alter eiſerner Gewohn¬ »heit einander mit. — Ihr habt nicht vergeſſen, Pe¬ »puſch, daß ich ſelbſt einer dieſer Magier bin. — »Alſo, nicht wenig erſtaunte ich über eine Mitthei¬ »lung meines Collegen, die über die Prinzeſſin Ga¬ »maheh das Wunderbarſte und zugleich Glückſeligſte »enthielt, was man nur hätte ahnen können. Die »Sache verhielt ſich folgender Geſtalt: Mein College »hatte durch einen wiſſenſchaftlichen Freund aus Sa¬ »markand die ſchönſten und ſeltenſten Tulpen und ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/64
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/64>, abgerufen am 21.11.2024.