runde glänzende Augen und aus dem Sperlingsschna¬ bel starrte noch ein langes spitzes Ding, wie ein dün¬ nes Rappier hervor, dicht über dem Schnabel streckten sich zwei Hörner aus der Stirne. Der Hals begann dicht unter dem Kopf auch vogelartig, wurde aber im¬ mer dicker, so daß er ohne Unterbrechung der Form zum unförmlichen Leibe wuchs, der beinahe die Gestalt einer Haselnuß hatte, und mit dunkelbraunen Schup¬ pen bedeckt schien, wie der Armadillo. Das wunder¬ lichste und seltsamste war aber wohl die Gestaltung der Arme und Beine. Die ersteren hatten zwei Gelenke und wurzelten in den beiden Backen der Kreatur dicht bei dem Schnabel. Gleich unter diesen Armen befand sich ein Paar Füße und denn weiterhin noch ein Paar, beide zweigelenkig, wie die Arme. Diese letzten Füße schienen aber diejenigen zu seyn, auf deren Tüchtig¬ keit die Kreatur sich eigentlich verließ, denn außerdem daß diese Füße merklich länger und stärker waren als die andern, so trug die Kreatur auch an denselben sehr schöne goldne Stiefel mit diamantnen Sporen.
War nun, wiegesagt, das kleine Ungeheuer spur¬ los verschwunden, so wie Peregrinus darnach faßte, so hätte er gewiß alles für Täuschung seiner aufgereg¬ ten Sinne gehalten, wäre nicht gleich unten in der Ecke des Bettes eine leise Stimme hörbar geworden,
runde glänzende Augen und aus dem Sperlingsſchna¬ bel ſtarrte noch ein langes ſpitzes Ding, wie ein dün¬ nes Rappier hervor, dicht über dem Schnabel ſtreckten ſich zwei Hörner aus der Stirne. Der Hals begann dicht unter dem Kopf auch vogelartig, wurde aber im¬ mer dicker, ſo daß er ohne Unterbrechung der Form zum unförmlichen Leibe wuchs, der beinahe die Geſtalt einer Haſelnuß hatte, und mit dunkelbraunen Schup¬ pen bedeckt ſchien, wie der Armadillo. Das wunder¬ lichſte und ſeltſamſte war aber wohl die Geſtaltung der Arme und Beine. Die erſteren hatten zwei Gelenke und wurzelten in den beiden Backen der Kreatur dicht bei dem Schnabel. Gleich unter dieſen Armen befand ſich ein Paar Füße und denn weiterhin noch ein Paar, beide zweigelenkig, wie die Arme. Dieſe letzten Füße ſchienen aber diejenigen zu ſeyn, auf deren Tüchtig¬ keit die Kreatur ſich eigentlich verließ, denn außerdem daß dieſe Füße merklich länger und ſtärker waren als die andern, ſo trug die Kreatur auch an denſelben ſehr ſchöne goldne Stiefel mit diamantnen Sporen.
War nun, wiegeſagt, das kleine Ungeheuer ſpur¬ los verſchwunden, ſo wie Peregrinus darnach faßte, ſo hätte er gewiß alles für Täuſchung ſeiner aufgereg¬ ten Sinne gehalten, wäre nicht gleich unten in der Ecke des Bettes eine leiſe Stimme hörbar geworden,
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runde glänzende Augen und aus dem Sperlingsſchna¬
bel ſtarrte noch ein langes ſpitzes Ding, wie ein dün¬
nes Rappier hervor, dicht über dem Schnabel ſtreckten
ſich zwei Hörner aus der Stirne. Der Hals begann
dicht unter dem Kopf auch vogelartig, wurde aber im¬
mer dicker, ſo daß er ohne Unterbrechung der Form
zum unförmlichen Leibe wuchs, der beinahe die Geſtalt
einer Haſelnuß hatte, und mit dunkelbraunen Schup¬
pen bedeckt ſchien, wie der Armadillo. Das wunder¬
lichſte und ſeltſamſte war aber wohl die Geſtaltung der
Arme und Beine. Die erſteren hatten zwei Gelenke
und wurzelten in den beiden Backen der Kreatur dicht
bei dem Schnabel. Gleich unter dieſen Armen befand
ſich ein Paar Füße und denn weiterhin noch ein Paar,
beide zweigelenkig, wie die Arme. Dieſe letzten Füße
ſchienen aber diejenigen zu ſeyn, auf deren Tüchtig¬
keit die Kreatur ſich eigentlich verließ, denn außerdem
daß dieſe Füße merklich länger und ſtärker waren als
die andern, ſo trug die Kreatur auch an denſelben
ſehr ſchöne goldne Stiefel mit diamantnen Sporen.
War nun, wiegeſagt, das kleine Ungeheuer ſpur¬
los verſchwunden, ſo wie Peregrinus darnach faßte,
ſo hätte er gewiß alles für Täuſchung ſeiner aufgereg¬
ten Sinne gehalten, wäre nicht gleich unten in der
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/89>, abgerufen am 21.11.2024.
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