Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

na's Bette ausbreitete, so daß sie ihre Verwun¬
derung und Freude gar nicht bergen konnte. Als
nun aber der Fremde sie aufforderte, doch eine
der schönsten Halsketten umzuhängen, die reichen
Spangen auf ihre wunderschön geformten Aerme
zu streifen, und ihr dann einen kleinen Taschen¬
spiegel vorhielt, worin sie sich nach Herzenslust
beschauen konnte, so daß sie in kindischer Lust
aufjauchzte, da sagte Andres zu dem Fremden:
"Ach lieber Herr! wie möget ihr doch in mei¬
nem armen Weibe solche Lüsternheit erregen, daß
sie sich mit Dingen putzt, die ihr nimmermehr
zukommen, und auch gar nicht anstehen. Nehmt
mir es nicht übel, Herr! aber die einfache rothe
Korallenschnur, die meine Giorgina um den
Hals gehängt hatte, als ich sie zum erstenmal
in Neapel sah, ist mir tausendmal lieber, als
das funkelnde blitzende Geschmeide, das mir recht
eitel und trügerisch vorkommt." "Ihr seid auch
gar zu strenge," erwiederte der Fremde höhnisch
lächelnd, "daß Ihr Euerm Weibe nicht einmal in

na's Bette ausbreitete, ſo daß ſie ihre Verwun¬
derung und Freude gar nicht bergen konnte. Als
nun aber der Fremde ſie aufforderte, doch eine
der ſchoͤnſten Halsketten umzuhaͤngen, die reichen
Spangen auf ihre wunderſchoͤn geformten Aerme
zu ſtreifen, und ihr dann einen kleinen Taſchen¬
ſpiegel vorhielt, worin ſie ſich nach Herzensluſt
beſchauen konnte, ſo daß ſie in kindiſcher Luſt
aufjauchzte, da ſagte Andres zu dem Fremden:
„Ach lieber Herr! wie moͤget ihr doch in mei¬
nem armen Weibe ſolche Luͤſternheit erregen, daß
ſie ſich mit Dingen putzt, die ihr nimmermehr
zukommen, und auch gar nicht anſtehen. Nehmt
mir es nicht uͤbel, Herr! aber die einfache rothe
Korallenſchnur, die meine Giorgina um den
Hals gehaͤngt hatte, als ich ſie zum erſtenmal
in Neapel ſah, iſt mir tauſendmal lieber, als
das funkelnde blitzende Geſchmeide, das mir recht
eitel und truͤgeriſch vorkommt.“ „Ihr ſeid auch
gar zu ſtrenge,“ erwiederte der Fremde hoͤhniſch
laͤchelnd, „daß Ihr Euerm Weibe nicht einmal in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0109" n="101"/><hi rendition="#g">na's</hi> Bette ausbreitete, &#x017F;o daß &#x017F;ie ihre Verwun¬<lb/>
derung und Freude gar nicht bergen konnte. Als<lb/>
nun aber der Fremde &#x017F;ie aufforderte, doch eine<lb/>
der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Halsketten umzuha&#x0364;ngen, die reichen<lb/>
Spangen auf ihre wunder&#x017F;cho&#x0364;n geformten Aerme<lb/>
zu &#x017F;treifen, und ihr dann einen kleinen Ta&#x017F;chen¬<lb/>
&#x017F;piegel vorhielt, worin &#x017F;ie &#x017F;ich nach Herzenslu&#x017F;t<lb/>
be&#x017F;chauen konnte, &#x017F;o daß &#x017F;ie in kindi&#x017F;cher Lu&#x017F;t<lb/>
aufjauchzte, da &#x017F;agte <hi rendition="#g">Andres</hi> zu dem Fremden:<lb/>
&#x201E;Ach lieber Herr! wie mo&#x0364;get ihr doch in mei¬<lb/>
nem armen Weibe &#x017F;olche Lu&#x0364;&#x017F;ternheit erregen, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich mit Dingen putzt, die ihr nimmermehr<lb/>
zukommen, und auch gar nicht an&#x017F;tehen. Nehmt<lb/>
mir es nicht u&#x0364;bel, Herr! aber die einfache rothe<lb/>
Korallen&#x017F;chnur, die meine <hi rendition="#g">Giorgina</hi> um den<lb/>
Hals geha&#x0364;ngt hatte, als ich &#x017F;ie zum er&#x017F;tenmal<lb/>
in Neapel &#x017F;ah, i&#x017F;t mir tau&#x017F;endmal lieber, als<lb/>
das funkelnde blitzende Ge&#x017F;chmeide, das mir recht<lb/>
eitel und tru&#x0364;geri&#x017F;ch vorkommt.&#x201C; &#x201E;Ihr &#x017F;eid auch<lb/>
gar zu &#x017F;trenge,&#x201C; erwiederte der Fremde ho&#x0364;hni&#x017F;ch<lb/>
la&#x0364;chelnd, &#x201E;daß Ihr Euerm Weibe nicht einmal in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0109] na's Bette ausbreitete, ſo daß ſie ihre Verwun¬ derung und Freude gar nicht bergen konnte. Als nun aber der Fremde ſie aufforderte, doch eine der ſchoͤnſten Halsketten umzuhaͤngen, die reichen Spangen auf ihre wunderſchoͤn geformten Aerme zu ſtreifen, und ihr dann einen kleinen Taſchen¬ ſpiegel vorhielt, worin ſie ſich nach Herzensluſt beſchauen konnte, ſo daß ſie in kindiſcher Luſt aufjauchzte, da ſagte Andres zu dem Fremden: „Ach lieber Herr! wie moͤget ihr doch in mei¬ nem armen Weibe ſolche Luͤſternheit erregen, daß ſie ſich mit Dingen putzt, die ihr nimmermehr zukommen, und auch gar nicht anſtehen. Nehmt mir es nicht uͤbel, Herr! aber die einfache rothe Korallenſchnur, die meine Giorgina um den Hals gehaͤngt hatte, als ich ſie zum erſtenmal in Neapel ſah, iſt mir tauſendmal lieber, als das funkelnde blitzende Geſchmeide, das mir recht eitel und truͤgeriſch vorkommt.“ „Ihr ſeid auch gar zu ſtrenge,“ erwiederte der Fremde hoͤhniſch laͤchelnd, „daß Ihr Euerm Weibe nicht einmal in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/109
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/109>, abgerufen am 25.05.2024.