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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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sagt mir nun, wenn, wie es der Himmel verhü¬
ten möge! Euch unterdessen ein Unglück zustoßen
sollte, so daß ihr nicht mehr zurückkehrtet in
mein Haus, wohin soll ich dann das Kistchen
abliefern, und wie lange soll ich auf Euch war¬
ten, ehe ich die Juwelen dem einhändige, den
ihr mir nennen werdet, so wie ich Euch jetzt um
Euern Namen bitte?" "Ich heiße," erwiederte
der Fremde, "Ignaz Denner, und bin, wie
ihr schon wisset, Kauf- und Handelsmann. Ich
habe weder Weib, noch Kinder, und meine Ver¬
wandte wohnen im Walliser Lande. Die kann
ich aber keinesweges lieben und achten, da sie
sich, als ich noch arm und bedürftig war, um
mich gar nicht gekümmert haben. Sollte ich
in drei Jahren mich nicht sehen lassen, so behal¬
tet das Kistchen ruhig an Euch und, da ich wohl
weiß, daß beide, Ihr und Giorgina, Euch
sträuben werdet, das reiche Vermächtniß von mir
anzunehmen, so schenke ich in jenem Fall das
Kästchen mit Kleinodien Euerm Knaben, dem ich,

ſagt mir nun, wenn, wie es der Himmel verhuͤ¬
ten moͤge! Euch unterdeſſen ein Ungluͤck zuſtoßen
ſollte, ſo daß ihr nicht mehr zuruͤckkehrtet in
mein Haus, wohin ſoll ich dann das Kiſtchen
abliefern, und wie lange ſoll ich auf Euch war¬
ten, ehe ich die Juwelen dem einhaͤndige, den
ihr mir nennen werdet, ſo wie ich Euch jetzt um
Euern Namen bitte?“ „Ich heiße,“ erwiederte
der Fremde, „Ignaz Denner, und bin, wie
ihr ſchon wiſſet, Kauf- und Handelsmann. Ich
habe weder Weib, noch Kinder, und meine Ver¬
wandte wohnen im Walliſer Lande. Die kann
ich aber keinesweges lieben und achten, da ſie
ſich, als ich noch arm und beduͤrftig war, um
mich gar nicht gekuͤmmert haben. Sollte ich
in drei Jahren mich nicht ſehen laſſen, ſo behal¬
tet das Kiſtchen ruhig an Euch und, da ich wohl
weiß, daß beide, Ihr und Giorgina, Euch
ſtraͤuben werdet, das reiche Vermaͤchtniß von mir
anzunehmen, ſo ſchenke ich in jenem Fall das
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[103/0111] ſagt mir nun, wenn, wie es der Himmel verhuͤ¬ ten moͤge! Euch unterdeſſen ein Ungluͤck zuſtoßen ſollte, ſo daß ihr nicht mehr zuruͤckkehrtet in mein Haus, wohin ſoll ich dann das Kiſtchen abliefern, und wie lange ſoll ich auf Euch war¬ ten, ehe ich die Juwelen dem einhaͤndige, den ihr mir nennen werdet, ſo wie ich Euch jetzt um Euern Namen bitte?“ „Ich heiße,“ erwiederte der Fremde, „Ignaz Denner, und bin, wie ihr ſchon wiſſet, Kauf- und Handelsmann. Ich habe weder Weib, noch Kinder, und meine Ver¬ wandte wohnen im Walliſer Lande. Die kann ich aber keinesweges lieben und achten, da ſie ſich, als ich noch arm und beduͤrftig war, um mich gar nicht gekuͤmmert haben. Sollte ich in drei Jahren mich nicht ſehen laſſen, ſo behal¬ tet das Kiſtchen ruhig an Euch und, da ich wohl weiß, daß beide, Ihr und Giorgina, Euch ſtraͤuben werdet, das reiche Vermaͤchtniß von mir anzunehmen, ſo ſchenke ich in jenem Fall das Kaͤſtchen mit Kleinodien Euerm Knaben, dem ich,

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/111>, abgerufen am 25.05.2024.