der Hand die Hausthür öffnete, trat ihm Den¬ ner allein entgegen. Andres äußerte, wie es ihm vorgekommen, als ob mehrere Stimmen sei¬ nen Namen gerufen hätten; Denner meinte dagegen, daß den Andres das Heulen des Windes getäuscht haben müsse. Als sie in die Stube traten, erstaunte Andres nicht wenig, als er den Denner näher betrachtete und seinen ganz veränderten Anzug gewahr wurde. Statt der grauen schlichten Kleidung und des Mantels trug er ein dunkelrothes Wamms und einen brei¬ ten ledernen Gurt, in dem ein Stilet und vier Pistolen staken; außerdem war er noch mit einem Säbel bewaffnet, selbst das Gesicht schien verän¬ dert, indem auf der sonst glatten Stirn nun buschichte Augenbrauen lagen und ein starker schwarzer Bart sich über Lippe und Wangen zog. "Andres!" sprach Denner, indem er ihn mit seinen funkelnden Augen anblitzte, "Andres! als ich vor beinahe drei Jahren dein Weib vom Tode errettet hatte, da wünschtest Du, daß Gott
der Hand die Hausthuͤr oͤffnete, trat ihm Den¬ ner allein entgegen. Andres aͤußerte, wie es ihm vorgekommen, als ob mehrere Stimmen ſei¬ nen Namen gerufen haͤtten; Denner meinte dagegen, daß den Andres das Heulen des Windes getaͤuſcht haben muͤſſe. Als ſie in die Stube traten, erſtaunte Andres nicht wenig, als er den Denner naͤher betrachtete und ſeinen ganz veraͤnderten Anzug gewahr wurde. Statt der grauen ſchlichten Kleidung und des Mantels trug er ein dunkelrothes Wamms und einen brei¬ ten ledernen Gurt, in dem ein Stilet und vier Piſtolen ſtaken; außerdem war er noch mit einem Saͤbel bewaffnet, ſelbſt das Geſicht ſchien veraͤn¬ dert, indem auf der ſonſt glatten Stirn nun buſchichte Augenbrauen lagen und ein ſtarker ſchwarzer Bart ſich uͤber Lippe und Wangen zog. „Andres!“ ſprach Denner, indem er ihn mit ſeinen funkelnden Augen anblitzte, „Andres! als ich vor beinahe drei Jahren dein Weib vom Tode errettet hatte, da wuͤnſchteſt Du, daß Gott
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der Hand die Hausthuͤr oͤffnete, trat ihm Den¬
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ihm vorgekommen, als ob mehrere Stimmen ſei¬
nen Namen gerufen haͤtten; Denner meinte
dagegen, daß den Andres das Heulen des
Windes getaͤuſcht haben muͤſſe. Als ſie in die
Stube traten, erſtaunte Andres nicht wenig,
als er den Denner naͤher betrachtete und ſeinen
ganz veraͤnderten Anzug gewahr wurde. Statt
der grauen ſchlichten Kleidung und des Mantels
trug er ein dunkelrothes Wamms und einen brei¬
ten ledernen Gurt, in dem ein Stilet und vier
Piſtolen ſtaken; außerdem war er noch mit einem
Saͤbel bewaffnet, ſelbſt das Geſicht ſchien veraͤn¬
dert, indem auf der ſonſt glatten Stirn nun
buſchichte Augenbrauen lagen und ein ſtarker
ſchwarzer Bart ſich uͤber Lippe und Wangen zog.
„Andres!“ ſprach Denner, indem er ihn mit
ſeinen funkelnden Augen anblitzte, „Andres!
als ich vor beinahe drei Jahren dein Weib vom
Tode errettet hatte, da wuͤnſchteſt Du, daß Gott
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/125>, abgerufen am 21.11.2024.
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