und schrie laut: Giorgina! -- Giorgina! -- Nun rauschte es am Bodenfenster, Giorgina schaute heraus und rief: "Ach Gott! -- Ach Gott! Andres, bist Du es? -- Gepriesen sei die Macht des Himmels, daß Du nur wieder da bist." Als Andres nun durch die geöffnete Thür eintrat, fiel ihm sein Weib todtenbleich und laut heulend in die Arme. Regungslos stand er da; endlich faßte er sein Weib, die mit erschlaff¬ ten Gliedern zu Boden sinken wollte, und trug sie in die Stube. Aber wie mit eisigen Krallen packte ihn das Entsetzen bei dem gräßlichen An¬ blick. Die ganze Stube voller Blutflecke an dem Boden, an den Wänden, sein jüngster Knabe mit zerschnittener Brust, todt auf seinem Bett¬ chen! -- "Wo ist George, wo ist George?" schrie Andres endlich auf in wilder Verzweif¬ lung, aber in dem Augenblick hörte er, wie der Knabe die Treppe herabtrippelte und nach dem Vater rief. -- Zerbrochene Gläser, Flaschen, Teller lagen umher. Der große schwere Tisch,
und ſchrie laut: Giorgina! — Giorgina! — Nun rauſchte es am Bodenfenſter, Giorgina ſchaute heraus und rief: „Ach Gott! — Ach Gott! Andres, biſt Du es? — Geprieſen ſei die Macht des Himmels, daß Du nur wieder da biſt.“ Als Andres nun durch die geoͤffnete Thuͤr eintrat, fiel ihm ſein Weib todtenbleich und laut heulend in die Arme. Regungslos ſtand er da; endlich faßte er ſein Weib, die mit erſchlaff¬ ten Gliedern zu Boden ſinken wollte, und trug ſie in die Stube. Aber wie mit eiſigen Krallen packte ihn das Entſetzen bei dem graͤßlichen An¬ blick. Die ganze Stube voller Blutflecke an dem Boden, an den Waͤnden, ſein juͤngſter Knabe mit zerſchnittener Bruſt, todt auf ſeinem Bett¬ chen! — „Wo iſt George, wo iſt George?“ ſchrie Andres endlich auf in wilder Verzweif¬ lung, aber in dem Augenblick hoͤrte er, wie der Knabe die Treppe herabtrippelte und nach dem Vater rief. — Zerbrochene Glaͤſer, Flaſchen, Teller lagen umher. Der große ſchwere Tiſch,
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Nun rauſchte es am Bodenfenſter, Giorgina
ſchaute heraus und rief: „Ach Gott! — Ach Gott!
Andres, biſt Du es? — Geprieſen ſei die
Macht des Himmels, daß Du nur wieder da
biſt.“ Als Andres nun durch die geoͤffnete
Thuͤr eintrat, fiel ihm ſein Weib todtenbleich und
laut heulend in die Arme. Regungslos ſtand er
da; endlich faßte er ſein Weib, die mit erſchlaff¬
ten Gliedern zu Boden ſinken wollte, und trug
ſie in die Stube. Aber wie mit eiſigen Krallen
packte ihn das Entſetzen bei dem graͤßlichen An¬
blick. Die ganze Stube voller Blutflecke an dem
Boden, an den Waͤnden, ſein juͤngſter Knabe
mit zerſchnittener Bruſt, todt auf ſeinem Bett¬
chen! — „Wo iſt George, wo iſt George?“
ſchrie Andres endlich auf in wilder Verzweif¬
lung, aber in dem Augenblick hoͤrte er, wie der
Knabe die Treppe herabtrippelte und nach dem
Vater rief. — Zerbrochene Glaͤſer, Flaſchen,
Teller lagen umher. Der große ſchwere Tiſch,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/149>, abgerufen am 16.02.2025.
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