der gespenstische Unhold auf Andres zu in hoh¬ lem dumpfen Tone sprechend: "Nun, Camerad, wie hat Dir die Folter geschmeckt? Du hast das Alles blos Deinem Eigensinn zu verdanken; hättest Du Dich als zur Bande gehörig bekannt, so wärst Du nun schon gerettet. Versprichst Du aber, Dich mir und meiner Leitung ganz zu er¬ geben, und gewinnst Du es über Dich, von die¬ sen Tropfen zu trinken, die aus Deines Kindes Herzblut gekocht sind, so bist Du augenblicklich aller Quaal entledigt. Du fühlst Dich gesund und kräftig, und für Deine weitere Rettung will ich dann sorgen." -- Andres konnte vor Schreck, Angst und Ermattung nicht sprechen; er sah, wie seines Kindes Blut in der Phiole, die ihm die Gestalt hinhielt, in rothen Flämmchen spielte; in¬ brünstig betete er zu Gott und den Heiligen, daß sie ihn retten möchten aus den Klauen des Sa¬ tans, der ihn verfolge und um die ewige Selig¬ keit bringen wolle, die er zu erlangen hoffe, sollte er auch eines schimpflichen Todes sterben. Nun
der geſpenſtiſche Unhold auf Andres zu in hoh¬ lem dumpfen Tone ſprechend: „Nun, Camerad, wie hat Dir die Folter geſchmeckt? Du haſt das Alles blos Deinem Eigenſinn zu verdanken; haͤtteſt Du Dich als zur Bande gehoͤrig bekannt, ſo waͤrſt Du nun ſchon gerettet. Verſprichſt Du aber, Dich mir und meiner Leitung ganz zu er¬ geben, und gewinnſt Du es uͤber Dich, von die¬ ſen Tropfen zu trinken, die aus Deines Kindes Herzblut gekocht ſind, ſo biſt Du augenblicklich aller Quaal entledigt. Du fuͤhlſt Dich geſund und kraͤftig, und fuͤr Deine weitere Rettung will ich dann ſorgen.“ — Andres konnte vor Schreck, Angſt und Ermattung nicht ſprechen; er ſah, wie ſeines Kindes Blut in der Phiole, die ihm die Geſtalt hinhielt, in rothen Flaͤmmchen ſpielte; in¬ bruͤnſtig betete er zu Gott und den Heiligen, daß ſie ihn retten moͤchten aus den Klauen des Sa¬ tans, der ihn verfolge und um die ewige Selig¬ keit bringen wolle, die er zu erlangen hoffe, ſollte er auch eines ſchimpflichen Todes ſterben. Nun
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der geſpenſtiſche Unhold auf Andres zu in hoh¬
lem dumpfen Tone ſprechend: „Nun, Camerad,
wie hat Dir die Folter geſchmeckt? Du haſt das
Alles blos Deinem Eigenſinn zu verdanken; haͤtteſt
Du Dich als zur Bande gehoͤrig bekannt, ſo
waͤrſt Du nun ſchon gerettet. Verſprichſt Du
aber, Dich mir und meiner Leitung ganz zu er¬
geben, und gewinnſt Du es uͤber Dich, von die¬
ſen Tropfen zu trinken, die aus Deines Kindes
Herzblut gekocht ſind, ſo biſt Du augenblicklich
aller Quaal entledigt. Du fuͤhlſt Dich geſund und
kraͤftig, und fuͤr Deine weitere Rettung will ich
dann ſorgen.“ — Andres konnte vor Schreck,
Angſt und Ermattung nicht ſprechen; er ſah, wie
ſeines Kindes Blut in der Phiole, die ihm die
Geſtalt hinhielt, in rothen Flaͤmmchen ſpielte; in¬
bruͤnſtig betete er zu Gott und den Heiligen, daß
ſie ihn retten moͤchten aus den Klauen des Sa¬
tans, der ihn verfolge und um die ewige Selig¬
keit bringen wolle, die er zu erlangen hoffe, ſollte
er auch eines ſchimpflichen Todes ſterben. Nun
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/170>, abgerufen am 27.07.2024.
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