stehen werde. Andres überreichte den Richtern die von Dennern erhaltenen Instrumente, und erzählte den Vorgang der Nacht. "Unerachtet ich gewiß und wahrhaftig unschuldig leide, so soll mich doch Gott behüten, daß ich darnach trachten sollte, meine Freiheit auf unerlaubte Weise zu er¬ langen; denn das würde mich ja dem verruchten Denner, der mich in Schande und Tod gestürzt hat, in die Hände liefern und ich dann erst durch mein sündliches freveliches Unternehmen die Strafe verdienen, die ich jetzt unschuldig leiden werde." So beschloß Andres seinen Vortrag. Die Rich¬ ter schienen erstaunt und von Mitleid für den Unglücklichen durchdrungen, wiewol sie durch die mannichfachen Thatsachen, die wider ihn sprachen, zu sehr von seiner Schuld überzeugt waren, um sein jetziges Benehmen nicht auch für zweifelhaft zu halten. Die Aufrichtigkeit des Andres und vorzüglich der Umstand, daß nach jener Anzeige der von Denner beabsichtigten Flucht, in der Stadt und zwar in der nächsten Umgebung des
ſtehen werde. Andres uͤberreichte den Richtern die von Dennern erhaltenen Inſtrumente, und erzaͤhlte den Vorgang der Nacht. „Unerachtet ich gewiß und wahrhaftig unſchuldig leide, ſo ſoll mich doch Gott behuͤten, daß ich darnach trachten ſollte, meine Freiheit auf unerlaubte Weiſe zu er¬ langen; denn das wuͤrde mich ja dem verruchten Denner, der mich in Schande und Tod geſtuͤrzt hat, in die Haͤnde liefern und ich dann erſt durch mein ſuͤndliches freveliches Unternehmen die Strafe verdienen, die ich jetzt unſchuldig leiden werde.“ So beſchloß Andres ſeinen Vortrag. Die Rich¬ ter ſchienen erſtaunt und von Mitleid fuͤr den Ungluͤcklichen durchdrungen, wiewol ſie durch die mannichfachen Thatſachen, die wider ihn ſprachen, zu ſehr von ſeiner Schuld uͤberzeugt waren, um ſein jetziges Benehmen nicht auch fuͤr zweifelhaft zu halten. Die Aufrichtigkeit des Andres und vorzuͤglich der Umſtand, daß nach jener Anzeige der von Denner beabſichtigten Flucht, in der Stadt und zwar in der naͤchſten Umgebung des
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ſtehen werde. Andres uͤberreichte den Richtern
die von Dennern erhaltenen Inſtrumente, und
erzaͤhlte den Vorgang der Nacht. „Unerachtet
ich gewiß und wahrhaftig unſchuldig leide, ſo ſoll
mich doch Gott behuͤten, daß ich darnach trachten
ſollte, meine Freiheit auf unerlaubte Weiſe zu er¬
langen; denn das wuͤrde mich ja dem verruchten
Denner, der mich in Schande und Tod geſtuͤrzt
hat, in die Haͤnde liefern und ich dann erſt durch
mein ſuͤndliches freveliches Unternehmen die Strafe
verdienen, die ich jetzt unſchuldig leiden werde.“
So beſchloß Andres ſeinen Vortrag. Die Rich¬
ter ſchienen erſtaunt und von Mitleid fuͤr den
Ungluͤcklichen durchdrungen, wiewol ſie durch die
mannichfachen Thatſachen, die wider ihn ſprachen,
zu ſehr von ſeiner Schuld uͤberzeugt waren, um
ſein jetziges Benehmen nicht auch fuͤr zweifelhaft
zu halten. Die Aufrichtigkeit des Andres und
vorzuͤglich der Umſtand, daß nach jener Anzeige
der von Denner beabſichtigten Flucht, in der
Stadt und zwar in der naͤchſten Umgebung des
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/173>, abgerufen am 27.07.2024.
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