Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

er es im Freien allein zu seyn, und so kam es,
daß er sich zu ein paar muntern deutschen Mah¬
lern gesellte, und mit ihnen häufig Ausflüge
nach den schönsten Gegenden Neapels machte.

Einer von ihnen, wir wollen ihn Florentin
nennen, hatte es in dem Augenblick nicht sowol
auf tiefes Studium seiner Kunst, als auf heitern
Lebensgenuß abgesehen, seine Mappe zeugte da¬
von. -- Gruppen tanzender Bauermädchen --
Prozessionen -- ländliche Feste -- Alles das wußte
Florentin, so wie es ihm aufstieß, mit sichrer
leichter Hand schnell auf's Blatt zu werfen.
Jede Zeichnung, war sie auch kaum mehr als
Skizze, hatte Leben und Bewegung. Dabei
war Florentin's Sinn keinesweges für
das Höhere verschlossen; im Gegentheil drang
er mehr, als je ein moderner Mahler, tief ein
in den frommen Sinn der Gemählde aller Mei¬
ster. In sein Mahlerbuch hatte er die Fresko-
Gemählde einer alten Klosterkirche in Rom, ehe
die Mauern eingerissen wurden, in bloßen Um¬

R 2

er es im Freien allein zu ſeyn, und ſo kam es,
daß er ſich zu ein paar muntern deutſchen Mah¬
lern geſellte, und mit ihnen haͤufig Ausfluͤge
nach den ſchoͤnſten Gegenden Neapels machte.

Einer von ihnen, wir wollen ihn Florentin
nennen, hatte es in dem Augenblick nicht ſowol
auf tiefes Studium ſeiner Kunſt, als auf heitern
Lebensgenuß abgeſehen, ſeine Mappe zeugte da¬
von. — Gruppen tanzender Bauermaͤdchen —
Prozeſſionen — laͤndliche Feſte — Alles das wußte
Florentin, ſo wie es ihm aufſtieß, mit ſichrer
leichter Hand ſchnell auf's Blatt zu werfen.
Jede Zeichnung, war ſie auch kaum mehr als
Skizze, hatte Leben und Bewegung. Dabei
war Florentin's Sinn keinesweges fuͤr
das Hoͤhere verſchloſſen; im Gegentheil drang
er mehr, als je ein moderner Mahler, tief ein
in den frommen Sinn der Gemaͤhlde aller Mei¬
ſter. In ſein Mahlerbuch hatte er die Fresko-
Gemaͤhlde einer alten Kloſterkirche in Rom, ehe
die Mauern eingeriſſen wurden, in bloßen Um¬

R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0267" n="259"/>
er es im Freien allein zu &#x017F;eyn, und &#x017F;o kam es,<lb/>
daß er &#x017F;ich zu ein paar muntern deut&#x017F;chen Mah¬<lb/>
lern ge&#x017F;ellte, und mit ihnen ha&#x0364;ufig Ausflu&#x0364;ge<lb/>
nach den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Gegenden Neapels machte.</p><lb/>
        <p>Einer von ihnen, wir wollen ihn <hi rendition="#g">Florentin</hi><lb/>
nennen, hatte es in dem Augenblick nicht &#x017F;owol<lb/>
auf tiefes Studium &#x017F;einer Kun&#x017F;t, als auf heitern<lb/>
Lebensgenuß abge&#x017F;ehen, &#x017F;eine Mappe zeugte da¬<lb/>
von. &#x2014; Gruppen tanzender Bauerma&#x0364;dchen &#x2014;<lb/>
Proze&#x017F;&#x017F;ionen &#x2014; la&#x0364;ndliche Fe&#x017F;te &#x2014; Alles das wußte<lb/><hi rendition="#g">Florentin</hi>, &#x017F;o wie es ihm auf&#x017F;tieß, mit &#x017F;ichrer<lb/>
leichter Hand &#x017F;chnell auf's Blatt zu werfen.<lb/>
Jede Zeichnung, war &#x017F;ie auch kaum mehr als<lb/>
Skizze, hatte Leben und Bewegung. Dabei<lb/>
war <hi rendition="#g">Florentin's</hi> Sinn keinesweges fu&#x0364;r<lb/>
das Ho&#x0364;here ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; im Gegentheil drang<lb/>
er mehr, als je ein moderner Mahler, tief ein<lb/>
in den frommen Sinn der Gema&#x0364;hlde aller Mei¬<lb/>
&#x017F;ter. In &#x017F;ein Mahlerbuch hatte er die Fresko-<lb/>
Gema&#x0364;hlde einer alten Klo&#x017F;terkirche in Rom, ehe<lb/>
die Mauern eingeri&#x017F;&#x017F;en wurden, in bloßen Um¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0267] er es im Freien allein zu ſeyn, und ſo kam es, daß er ſich zu ein paar muntern deutſchen Mah¬ lern geſellte, und mit ihnen haͤufig Ausfluͤge nach den ſchoͤnſten Gegenden Neapels machte. Einer von ihnen, wir wollen ihn Florentin nennen, hatte es in dem Augenblick nicht ſowol auf tiefes Studium ſeiner Kunſt, als auf heitern Lebensgenuß abgeſehen, ſeine Mappe zeugte da¬ von. — Gruppen tanzender Bauermaͤdchen — Prozeſſionen — laͤndliche Feſte — Alles das wußte Florentin, ſo wie es ihm aufſtieß, mit ſichrer leichter Hand ſchnell auf's Blatt zu werfen. Jede Zeichnung, war ſie auch kaum mehr als Skizze, hatte Leben und Bewegung. Dabei war Florentin's Sinn keinesweges fuͤr das Hoͤhere verſchloſſen; im Gegentheil drang er mehr, als je ein moderner Mahler, tief ein in den frommen Sinn der Gemaͤhlde aller Mei¬ ſter. In ſein Mahlerbuch hatte er die Fresko- Gemaͤhlde einer alten Kloſterkirche in Rom, ehe die Mauern eingeriſſen wurden, in bloßen Um¬ R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/267
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/267>, abgerufen am 22.11.2024.