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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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Gesang und mit ihr sie selbst untergehe, so im
Innersten aufgeregt, und fast bin ich überzeugt,
daß eben diese fortwährende geistige Agitation ihr
Uebelbefinden fördert und meine Bemühungen
vereitelt. Sie ist, wie sie sich selbst ausdrückt,
von Natur sehr apprehensiv, und so glaube ich,
nachdem ich Monate lang, wie ein Schiffbrüchi¬
ger, der nach jedem Splitter hascht, nach diesem,
jenem Mittel gegriffen und darüber ganz verzagt
worden, daß Bettina's ganze Krankheit mehr
psychisch als physisch ist." "Recht Doktor," rief
hier der reisende Enthusiast, der so lange schwei¬
gend mit über einander geschlagenen Aermen im
Winkel gesessen, "recht Doktor, mit einem Mahl
habt Ihr den richtigen Punkt getroffen, mein
vortrefflicher Arzt! Bettina's krankhaftes Ge¬
fühl ist die physische Rückwirkung eines psychi¬
schen Eindrucks, eben deshalb aber desto schlim¬
mer und gefährlicher. Ich ich allein kann Euch
Alles erklären, Ihr Herren!" "Was werd' ich
hören," sprach der Kapellmeister noch weinerlicher

Geſang und mit ihr ſie ſelbſt untergehe, ſo im
Innerſten aufgeregt, und faſt bin ich uͤberzeugt,
daß eben dieſe fortwaͤhrende geiſtige Agitation ihr
Uebelbefinden foͤrdert und meine Bemuͤhungen
vereitelt. Sie iſt, wie ſie ſich ſelbſt ausdruͤckt,
von Natur ſehr apprehenſiv, und ſo glaube ich,
nachdem ich Monate lang, wie ein Schiffbruͤchi¬
ger, der nach jedem Splitter haſcht, nach dieſem,
jenem Mittel gegriffen und daruͤber ganz verzagt
worden, daß Bettina's ganze Krankheit mehr
pſychiſch als phyſiſch iſt.“ „Recht Doktor,“ rief
hier der reiſende Enthuſiaſt, der ſo lange ſchwei¬
gend mit uͤber einander geſchlagenen Aermen im
Winkel geſeſſen, „recht Doktor, mit einem Mahl
habt Ihr den richtigen Punkt getroffen, mein
vortrefflicher Arzt! Bettina's krankhaftes Ge¬
fuͤhl iſt die phyſiſche Ruͤckwirkung eines pſychi¬
ſchen Eindrucks, eben deshalb aber deſto ſchlim¬
mer und gefaͤhrlicher. Ich ich allein kann Euch
Alles erklaͤren, Ihr Herren!“ „Was werd' ich
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[285/0293] Geſang und mit ihr ſie ſelbſt untergehe, ſo im Innerſten aufgeregt, und faſt bin ich uͤberzeugt, daß eben dieſe fortwaͤhrende geiſtige Agitation ihr Uebelbefinden foͤrdert und meine Bemuͤhungen vereitelt. Sie iſt, wie ſie ſich ſelbſt ausdruͤckt, von Natur ſehr apprehenſiv, und ſo glaube ich, nachdem ich Monate lang, wie ein Schiffbruͤchi¬ ger, der nach jedem Splitter haſcht, nach dieſem, jenem Mittel gegriffen und daruͤber ganz verzagt worden, daß Bettina's ganze Krankheit mehr pſychiſch als phyſiſch iſt.“ „Recht Doktor,“ rief hier der reiſende Enthuſiaſt, der ſo lange ſchwei¬ gend mit uͤber einander geſchlagenen Aermen im Winkel geſeſſen, „recht Doktor, mit einem Mahl habt Ihr den richtigen Punkt getroffen, mein vortrefflicher Arzt! Bettina's krankhaftes Ge¬ fuͤhl iſt die phyſiſche Ruͤckwirkung eines pſychi¬ ſchen Eindrucks, eben deshalb aber deſto ſchlim¬ mer und gefaͤhrlicher. Ich ich allein kann Euch Alles erklaͤren, Ihr Herren!“ „Was werd' ich hoͤren,“ ſprach der Kapellmeiſter noch weinerlicher

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/293>, abgerufen am 22.11.2024.