durch seine tollen Späße und durch sein verwun¬ derliches Zitherspiel die Soldaten im Lager belu¬ stige. Die Königin trat ein und das Amt be¬ gann. Die Schwestern im Chor intonirten das Sanctus, eben sollte Julia mit mächtiger Stim¬ me wie sonst eintreten: Pleni sunt coeli gloria tua, da ging ein gellender Zitherton durch den Chor, Julia schlug schnell das Blatt zu¬ sammen und wollte den Chor verlassen. "Was beginnst du?" rief Emanuela, O! sagte Julia, hörst du denn nicht die prächtigen Töne des Meisters? -- dort bey ihm, mit ihm muß ich singen! damit eilte Julia nach der Thüre, aber Emanuela sprach mit sehr ernster feierli¬ cher Stimme: Sünderin, die du den Dienst des Herrn entweihst, da du mit dem Munde sein Lob verkündest und im Herzen weltliche Gedanken trägst, flieh von hinnen, gebrochen ist die Kraft des Gesanges in dir, verstummt sind die wunder¬ baren Laute in deiner Brust die der Geist des Herrn entzündet!" -- Von Emanuela's Wor¬
U 2
durch ſeine tollen Spaͤße und durch ſein verwun¬ derliches Zitherſpiel die Soldaten im Lager belu¬ ſtige. Die Koͤnigin trat ein und das Amt be¬ gann. Die Schweſtern im Chor intonirten das Sanctus, eben ſollte Julia mit maͤchtiger Stim¬ me wie ſonſt eintreten: Pleni sunt coeli gloria tua, da ging ein gellender Zitherton durch den Chor, Julia ſchlug ſchnell das Blatt zu¬ ſammen und wollte den Chor verlaſſen. „Was beginnſt du?“ rief Emanuela, O! ſagte Julia, hoͤrſt du denn nicht die praͤchtigen Toͤne des Meiſters? — dort bey ihm, mit ihm muß ich ſingen! damit eilte Julia nach der Thuͤre, aber Emanuela ſprach mit ſehr ernſter feierli¬ cher Stimme: Suͤnderin, die du den Dienſt des Herrn entweihſt, da du mit dem Munde ſein Lob verkuͤndeſt und im Herzen weltliche Gedanken traͤgſt, flieh von hinnen, gebrochen iſt die Kraft des Geſanges in dir, verſtummt ſind die wunder¬ baren Laute in deiner Bruſt die der Geiſt des Herrn entzuͤndet!“ — Von Emanuela's Wor¬
U 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0315"n="307"/>
durch ſeine tollen Spaͤße und durch ſein verwun¬<lb/>
derliches Zitherſpiel die Soldaten im Lager belu¬<lb/>ſtige. Die Koͤnigin trat ein und das Amt be¬<lb/>
gann. Die Schweſtern im Chor intonirten das<lb/>
Sanctus, eben ſollte <hirendition="#g">Julia</hi> mit maͤchtiger Stim¬<lb/>
me wie ſonſt eintreten: <hirendition="#aq">Pleni sunt coeli gloria<lb/>
tua</hi>, da ging ein gellender Zitherton durch<lb/>
den Chor, <hirendition="#g">Julia</hi>ſchlug ſchnell das Blatt zu¬<lb/>ſammen und wollte den Chor verlaſſen. „Was<lb/>
beginnſt du?“ rief <hirendition="#g">Emanuela</hi>, O! ſagte<lb/><hirendition="#g">Julia</hi>, hoͤrſt du denn nicht die praͤchtigen Toͤne<lb/>
des Meiſters? — dort bey ihm, mit ihm muß<lb/>
ich ſingen! damit eilte <hirendition="#g">Julia</hi> nach der Thuͤre,<lb/>
aber <hirendition="#g">Emanuela</hi>ſprach mit ſehr ernſter feierli¬<lb/>
cher Stimme: Suͤnderin, die du den Dienſt des<lb/>
Herrn entweihſt, da du mit dem Munde ſein<lb/>
Lob verkuͤndeſt und im Herzen weltliche Gedanken<lb/>
traͤgſt, flieh von hinnen, gebrochen iſt die Kraft<lb/>
des Geſanges in dir, verſtummt ſind die wunder¬<lb/>
baren Laute in deiner Bruſt die der Geiſt des<lb/>
Herrn entzuͤndet!“— Von <hirendition="#g">Emanuela's</hi> Wor¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 2<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[307/0315]
durch ſeine tollen Spaͤße und durch ſein verwun¬
derliches Zitherſpiel die Soldaten im Lager belu¬
ſtige. Die Koͤnigin trat ein und das Amt be¬
gann. Die Schweſtern im Chor intonirten das
Sanctus, eben ſollte Julia mit maͤchtiger Stim¬
me wie ſonſt eintreten: Pleni sunt coeli gloria
tua, da ging ein gellender Zitherton durch
den Chor, Julia ſchlug ſchnell das Blatt zu¬
ſammen und wollte den Chor verlaſſen. „Was
beginnſt du?“ rief Emanuela, O! ſagte
Julia, hoͤrſt du denn nicht die praͤchtigen Toͤne
des Meiſters? — dort bey ihm, mit ihm muß
ich ſingen! damit eilte Julia nach der Thuͤre,
aber Emanuela ſprach mit ſehr ernſter feierli¬
cher Stimme: Suͤnderin, die du den Dienſt des
Herrn entweihſt, da du mit dem Munde ſein
Lob verkuͤndeſt und im Herzen weltliche Gedanken
traͤgſt, flieh von hinnen, gebrochen iſt die Kraft
des Geſanges in dir, verſtummt ſind die wunder¬
baren Laute in deiner Bruſt die der Geiſt des
Herrn entzuͤndet!“ — Von Emanuela's Wor¬
U 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/315>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.