Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

sinnigen Weiber, die ihr Bräute Eures Götzen
nennt. Wisse, daß Ton und Gesang in ihrer
Brust wie angeweht vom giftigen Hauch des
Samums erstorben ist. Dahin ist alle Lust des
Lebens mit Zulema's süßen Liedern, darum
tödte mich -- tödte mich, da ich nicht Rache zu
nehmen vermag an dir, der du mir schon mehr
als mein Leben entrissest." Aguillar ließ ab
von Hichem und erhob sich, sein Schwert von
dem Boden aufnehmend langsam. "Hichem,"
sprach er: "Zulema, die in heiliger Taufe den
Namen Julia empfing, wurde meine Gefan¬
gene im ehrlichen offenen Kampf. Erleuchtet von
der Gnade des Herrn, entsagte sie Mahoms
schnödem Dienst und was du verblendeter Mohr
bösen Zauber eines Götzenbildes nennst, war nur
die Versuchung des Bösen, dem sie nicht zu wi¬
derstehen vermochte. Nennst du Zulema deine
Geliebte, so sey Julia, die zum Glauben be¬
kehrte, die Dame meiner Gedanken, und sie im
Herzen, zur Glorie des wahren Glaubens will

ſinnigen Weiber, die ihr Braͤute Eures Goͤtzen
nennt. Wiſſe, daß Ton und Geſang in ihrer
Bruſt wie angeweht vom giftigen Hauch des
Samums erſtorben iſt. Dahin iſt alle Luſt des
Lebens mit Zulema's ſuͤßen Liedern, darum
toͤdte mich — toͤdte mich, da ich nicht Rache zu
nehmen vermag an dir, der du mir ſchon mehr
als mein Leben entriſſeſt.“ Aguillar ließ ab
von Hichem und erhob ſich, ſein Schwert von
dem Boden aufnehmend langſam. „Hichem,“
ſprach er: „Zulema, die in heiliger Taufe den
Namen Julia empfing, wurde meine Gefan¬
gene im ehrlichen offenen Kampf. Erleuchtet von
der Gnade des Herrn, entſagte ſie Mahoms
ſchnoͤdem Dienſt und was du verblendeter Mohr
boͤſen Zauber eines Goͤtzenbildes nennſt, war nur
die Verſuchung des Boͤſen, dem ſie nicht zu wi¬
derſtehen vermochte. Nennſt du Zulema deine
Geliebte, ſo ſey Julia, die zum Glauben be¬
kehrte, die Dame meiner Gedanken, und ſie im
Herzen, zur Glorie des wahren Glaubens will

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0322" n="314"/>
&#x017F;innigen Weiber, die ihr Bra&#x0364;ute Eures Go&#x0364;tzen<lb/>
nennt. Wi&#x017F;&#x017F;e, daß Ton und Ge&#x017F;ang in ihrer<lb/>
Bru&#x017F;t wie angeweht vom giftigen Hauch des<lb/>
Samums er&#x017F;torben i&#x017F;t. Dahin i&#x017F;t alle Lu&#x017F;t des<lb/>
Lebens mit <hi rendition="#g">Zulema's</hi> &#x017F;u&#x0364;ßen Liedern, darum<lb/>
to&#x0364;dte mich &#x2014; to&#x0364;dte mich, da ich nicht Rache zu<lb/>
nehmen vermag an dir, der du mir &#x017F;chon mehr<lb/>
als mein Leben entri&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t.&#x201C; <hi rendition="#g">Aguillar</hi> ließ ab<lb/>
von <hi rendition="#g">Hichem</hi> und erhob &#x017F;ich, &#x017F;ein Schwert von<lb/>
dem Boden aufnehmend lang&#x017F;am. &#x201E;<hi rendition="#g">Hichem</hi>,&#x201C;<lb/>
&#x017F;prach er: &#x201E;<hi rendition="#g">Zulema</hi>, die in heiliger Taufe den<lb/>
Namen <hi rendition="#g">Julia</hi> empfing, wurde meine Gefan¬<lb/>
gene im ehrlichen offenen Kampf. Erleuchtet von<lb/>
der Gnade des Herrn, ent&#x017F;agte &#x017F;ie Mahoms<lb/>
&#x017F;chno&#x0364;dem Dien&#x017F;t und was du verblendeter Mohr<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;en Zauber eines Go&#x0364;tzenbildes nenn&#x017F;t, war nur<lb/>
die Ver&#x017F;uchung des Bo&#x0364;&#x017F;en, dem &#x017F;ie nicht zu wi¬<lb/>
der&#x017F;tehen vermochte. Nenn&#x017F;t du <hi rendition="#g">Zulema</hi> deine<lb/>
Geliebte, &#x017F;o &#x017F;ey <hi rendition="#g">Julia</hi>, die zum Glauben be¬<lb/>
kehrte, die Dame meiner Gedanken, und <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> im<lb/>
Herzen, zur Glorie des wahren Glaubens will<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0322] ſinnigen Weiber, die ihr Braͤute Eures Goͤtzen nennt. Wiſſe, daß Ton und Geſang in ihrer Bruſt wie angeweht vom giftigen Hauch des Samums erſtorben iſt. Dahin iſt alle Luſt des Lebens mit Zulema's ſuͤßen Liedern, darum toͤdte mich — toͤdte mich, da ich nicht Rache zu nehmen vermag an dir, der du mir ſchon mehr als mein Leben entriſſeſt.“ Aguillar ließ ab von Hichem und erhob ſich, ſein Schwert von dem Boden aufnehmend langſam. „Hichem,“ ſprach er: „Zulema, die in heiliger Taufe den Namen Julia empfing, wurde meine Gefan¬ gene im ehrlichen offenen Kampf. Erleuchtet von der Gnade des Herrn, entſagte ſie Mahoms ſchnoͤdem Dienſt und was du verblendeter Mohr boͤſen Zauber eines Goͤtzenbildes nennſt, war nur die Verſuchung des Boͤſen, dem ſie nicht zu wi¬ derſtehen vermochte. Nennſt du Zulema deine Geliebte, ſo ſey Julia, die zum Glauben be¬ kehrte, die Dame meiner Gedanken, und ſie im Herzen, zur Glorie des wahren Glaubens will

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/322
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/322>, abgerufen am 25.11.2024.