tragen, recht zusammengreifen, so daß es, wie ein elektrischer Schlag, alle treffe. Doch jedes Wort, Alles was Rede vermag, schien Dir farb¬ los und frostig und todt. Du suchst und suchst, und stotterst und stammelst, und die nüchternen Fragen der Freunde schlagen, wie eisige Windes¬ hauche, hinein in Deine innere Gluth, bis sie ver¬ löschen will. Hattest Du aber, wie ein kecker Mahler, erst mit einigen verwegenen Strichen, den Umriß Deines innern Bildes hingeworfen, so trugst Du mit leichter Mühe immer glühender und glühender die Farben auf und das lebendige Gewühl mannigfacher Gestalten riß die Freunde fort und sie sahen, wie Du, sich selbst mitten im Bilde, das aus Deinem Gemüth hervorgegangen! -- Mich hat, wie ich es Dir, geneigter Leser! gestehen muß, eigentlich niemand nach der Geschichte des jungen Nathanael gefragt; Du weißt ja aber wohl, daß ich zu dem wunderlichen Geschlechte der Autoren gehöre, denen, tragen sie etwas so in sich, wie ich es vorhin beschrieben, so zu Muthe wird, als frage jeder, der in ihre Nähe
kommt
tragen, recht zuſammengreifen, ſo daß es, wie ein elektriſcher Schlag, alle treffe. Doch jedes Wort, Alles was Rede vermag, ſchien Dir farb¬ los und froſtig und todt. Du ſuchſt und ſuchſt, und ſtotterſt und ſtammelſt, und die nuͤchternen Fragen der Freunde ſchlagen, wie eiſige Windes¬ hauche, hinein in Deine innere Gluth, bis ſie ver¬ loͤſchen will. Hatteſt Du aber, wie ein kecker Mahler, erſt mit einigen verwegenen Strichen, den Umriß Deines innern Bildes hingeworfen, ſo trugſt Du mit leichter Muͤhe immer gluͤhender und gluͤhender die Farben auf und das lebendige Gewuͤhl mannigfacher Geſtalten riß die Freunde fort und ſie ſahen, wie Du, ſich ſelbſt mitten im Bilde, das aus Deinem Gemuͤth hervorgegangen! — Mich hat, wie ich es Dir, geneigter Leſer! geſtehen muß, eigentlich niemand nach der Geſchichte des jungen Nathanael gefragt; Du weißt ja aber wohl, daß ich zu dem wunderlichen Geſchlechte der Autoren gehoͤre, denen, tragen ſie etwas ſo in ſich, wie ich es vorhin beſchrieben, ſo zu Muthe wird, als frage jeder, der in ihre Naͤhe
kommt
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tragen, recht zuſammengreifen, ſo daß es, wie
ein elektriſcher Schlag, alle treffe. Doch jedes
Wort, Alles was Rede vermag, ſchien Dir farb¬
los und froſtig und todt. Du ſuchſt und ſuchſt,
und ſtotterſt und ſtammelſt, und die nuͤchternen
Fragen der Freunde ſchlagen, wie eiſige Windes¬
hauche, hinein in Deine innere Gluth, bis ſie ver¬
loͤſchen will. Hatteſt Du aber, wie ein kecker
Mahler, erſt mit einigen verwegenen Strichen,
den Umriß Deines innern Bildes hingeworfen, ſo
trugſt Du mit leichter Muͤhe immer gluͤhender und
gluͤhender die Farben auf und das lebendige Gewuͤhl
mannigfacher Geſtalten riß die Freunde fort und ſie
ſahen, wie Du, ſich ſelbſt mitten im Bilde, das
aus Deinem Gemuͤth hervorgegangen! — Mich
hat, wie ich es Dir, geneigter Leſer! geſtehen
muß, eigentlich niemand nach der Geſchichte des
jungen Nathanael gefragt; Du weißt ja aber
wohl, daß ich zu dem wunderlichen Geſchlechte
der Autoren gehoͤre, denen, tragen ſie etwas ſo
in ſich, wie ich es vorhin beſchrieben, ſo zu
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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