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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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andern Frauenzimmer mehr tanzen und hätte
jeden, der sich Olimpia näherte, um sie aufzu¬
fordern, nur gleich ermorden mögen. Doch nur
zweimahl geschah dies, zu seinem Erstaunen blieb
darauf Olimpia bei jedem Tanze sitzen und er
ermangelte nicht, immer wieder sie aufzuziehen.
Hätte Nathanael außer der schönen Olimpia
noch etwas anders zu sehen vermocht, so wäre
allerlei fataler Zank und Streit unvermeidlich
gewesen; denn offenbar ging das halbleise, müh¬
sam unterdrückte Gelächter, was sich in diesem und
jenem Winkel unter den jungen Leuten erhob, auf
die schöne Olimpia, die sie mit ganz kuriosen
Blicken verfolgten, man konnte gar nicht wissen,
warum? Durch den Tanz und durch den reich¬
lich genossenen Wein erhitzt, hatte Nathanael
alle ihm sonst eigne Scheu abgelegt. Er saß
neben Olimpia, ihre Hand in der seinigen und
sprach hoch entflammt und begeistert von seiner
Liebe in Worten, die keiner verstand, weder er,
noch Olimpia. Doch diese vielleicht; denn sie

andern Frauenzimmer mehr tanzen und haͤtte
jeden, der ſich Olimpia naͤherte, um ſie aufzu¬
fordern, nur gleich ermorden moͤgen. Doch nur
zweimahl geſchah dies, zu ſeinem Erſtaunen blieb
darauf Olimpia bei jedem Tanze ſitzen und er
ermangelte nicht, immer wieder ſie aufzuziehen.
Haͤtte Nathanael außer der ſchoͤnen Olimpia
noch etwas anders zu ſehen vermocht, ſo waͤre
allerlei fataler Zank und Streit unvermeidlich
geweſen; denn offenbar ging das halbleiſe, muͤh¬
ſam unterdruͤckte Gelaͤchter, was ſich in dieſem und
jenem Winkel unter den jungen Leuten erhob, auf
die ſchoͤne Olimpia, die ſie mit ganz kurioſen
Blicken verfolgten, man konnte gar nicht wiſſen,
warum? Durch den Tanz und durch den reich¬
lich genoſſenen Wein erhitzt, hatte Nathanael
alle ihm ſonſt eigne Scheu abgelegt. Er ſaß
neben Olimpia, ihre Hand in der ſeinigen und
ſprach hoch entflammt und begeiſtert von ſeiner
Liebe in Worten, die keiner verſtand, weder er,
noch Olimpia. Doch dieſe vielleicht; denn ſie

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[60/0068] andern Frauenzimmer mehr tanzen und haͤtte jeden, der ſich Olimpia naͤherte, um ſie aufzu¬ fordern, nur gleich ermorden moͤgen. Doch nur zweimahl geſchah dies, zu ſeinem Erſtaunen blieb darauf Olimpia bei jedem Tanze ſitzen und er ermangelte nicht, immer wieder ſie aufzuziehen. Haͤtte Nathanael außer der ſchoͤnen Olimpia noch etwas anders zu ſehen vermocht, ſo waͤre allerlei fataler Zank und Streit unvermeidlich geweſen; denn offenbar ging das halbleiſe, muͤh¬ ſam unterdruͤckte Gelaͤchter, was ſich in dieſem und jenem Winkel unter den jungen Leuten erhob, auf die ſchoͤne Olimpia, die ſie mit ganz kurioſen Blicken verfolgten, man konnte gar nicht wiſſen, warum? Durch den Tanz und durch den reich¬ lich genoſſenen Wein erhitzt, hatte Nathanael alle ihm ſonſt eigne Scheu abgelegt. Er ſaß neben Olimpia, ihre Hand in der ſeinigen und ſprach hoch entflammt und begeiſtert von ſeiner Liebe in Worten, die keiner verſtand, weder er, noch Olimpia. Doch dieſe vielleicht; denn ſie

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/68>, abgerufen am 23.11.2024.