auf und schauen in das ferne Gebirge hinein!" Gesagt, gethan! Beide, Nathanael und Clara, stiegen herauf, die Mutter ging mit der Dienst¬ magd nach Hause, und Lothar, nicht geneigt, die vielen Stufen zu erklettern, wollte unten war¬ ten. Da standen die beiden Liebenden Arm in Arm auf der höchsten Gallerie des Thurmes und schauten hinein in die duftigen Waldungen, hin¬ ter denen das blaue Gebirge, wie eine Riesen¬ stadt, sich erhob.
"Sieh' doch den sonderbaren kleinen grauen Busch, der ordentlich auf uns los zu schreiten scheint", frug Clara. -- Nathanael faßte mechanisch nach der Seitentasche; er fand Cop¬ pola's Perspektiv, er schaute seitwärts -- Clara stand vor dem Glase! -- Da zuckte es krampfhaft in seinen Pulsen und Adern -- todtenbleich starrte er Clara an, aber bald glühten und sprühten Feuerströme durch die rollenden Augen, gräßlich brüllte er auf, wie ein gehetztes Thier; dann sprang er hoch in die Lüfte und grausig dazwi¬
auf und ſchauen in das ferne Gebirge hinein!“ Geſagt, gethan! Beide, Nathanael und Clara, ſtiegen herauf, die Mutter ging mit der Dienſt¬ magd nach Hauſe, und Lothar, nicht geneigt, die vielen Stufen zu erklettern, wollte unten war¬ ten. Da ſtanden die beiden Liebenden Arm in Arm auf der hoͤchſten Gallerie des Thurmes und ſchauten hinein in die duftigen Waldungen, hin¬ ter denen das blaue Gebirge, wie eine Rieſen¬ ſtadt, ſich erhob.
„Sieh' doch den ſonderbaren kleinen grauen Buſch, der ordentlich auf uns los zu ſchreiten ſcheint“, frug Clara. — Nathanael faßte mechaniſch nach der Seitentaſche; er fand Cop¬ pola's Perſpektiv, er ſchaute ſeitwaͤrts — Clara ſtand vor dem Glaſe! — Da zuckte es krampfhaft in ſeinen Pulſen und Adern — todtenbleich ſtarrte er Clara an, aber bald gluͤhten und ſpruͤhten Feuerſtroͤme durch die rollenden Augen, graͤßlich bruͤllte er auf, wie ein gehetztes Thier; dann ſprang er hoch in die Luͤfte und grauſig dazwi¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0087"n="79"/>
auf und ſchauen in das ferne Gebirge hinein!“<lb/>
Geſagt, gethan! Beide, <hirendition="#g">Nathanael</hi> und <hirendition="#g">Clara</hi>,<lb/>ſtiegen herauf, die Mutter ging mit der Dienſt¬<lb/>
magd nach Hauſe, und <hirendition="#g">Lothar</hi>, nicht geneigt,<lb/>
die vielen Stufen zu erklettern, wollte unten war¬<lb/>
ten. Da ſtanden die beiden Liebenden Arm in<lb/>
Arm auf der hoͤchſten Gallerie des Thurmes und<lb/>ſchauten hinein in die duftigen Waldungen, hin¬<lb/>
ter denen das blaue Gebirge, wie eine Rieſen¬<lb/>ſtadt, ſich erhob.</p><lb/><p>„Sieh' doch den ſonderbaren kleinen grauen<lb/>
Buſch, der ordentlich auf uns los zu ſchreiten<lb/>ſcheint“, frug <hirendition="#g">Clara</hi>. —<hirendition="#g">Nathanael</hi> faßte<lb/>
mechaniſch nach der Seitentaſche; er fand <hirendition="#g">Cop¬<lb/>
pola's</hi> Perſpektiv, er ſchaute ſeitwaͤrts —<hirendition="#g">Clara</hi><lb/>ſtand vor dem Glaſe! — Da zuckte es krampfhaft<lb/>
in ſeinen Pulſen und Adern — todtenbleich ſtarrte<lb/>
er <hirendition="#g">Clara</hi> an, aber bald gluͤhten und ſpruͤhten<lb/>
Feuerſtroͤme durch die rollenden Augen, graͤßlich<lb/>
bruͤllte er auf, wie ein gehetztes Thier; dann<lb/>ſprang er hoch in die Luͤfte und grauſig dazwi¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[79/0087]
auf und ſchauen in das ferne Gebirge hinein!“
Geſagt, gethan! Beide, Nathanael und Clara,
ſtiegen herauf, die Mutter ging mit der Dienſt¬
magd nach Hauſe, und Lothar, nicht geneigt,
die vielen Stufen zu erklettern, wollte unten war¬
ten. Da ſtanden die beiden Liebenden Arm in
Arm auf der hoͤchſten Gallerie des Thurmes und
ſchauten hinein in die duftigen Waldungen, hin¬
ter denen das blaue Gebirge, wie eine Rieſen¬
ſtadt, ſich erhob.
„Sieh' doch den ſonderbaren kleinen grauen
Buſch, der ordentlich auf uns los zu ſchreiten
ſcheint“, frug Clara. — Nathanael faßte
mechaniſch nach der Seitentaſche; er fand Cop¬
pola's Perſpektiv, er ſchaute ſeitwaͤrts — Clara
ſtand vor dem Glaſe! — Da zuckte es krampfhaft
in ſeinen Pulſen und Adern — todtenbleich ſtarrte
er Clara an, aber bald gluͤhten und ſpruͤhten
Feuerſtroͤme durch die rollenden Augen, graͤßlich
bruͤllte er auf, wie ein gehetztes Thier; dann
ſprang er hoch in die Luͤfte und grauſig dazwi¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/87>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.