zwei Schritte vor, aber da streicht eine eiskalte Zugluft durch den Saal, und in demselben Augen¬ blick wirft der Mond sein helles Licht auf das Bild¬ niß eines sehr ernsten, beinahe schauerlich anzuse¬ henden Mannes, und als säusle seine warnende Stimme durch das stärkere Brausen der Meeres¬ wellen, durch das gellendere Pfeifen des Nachtwin¬ des, höre ich deutlich: -- Nicht weiter -- nicht weiter, sonst bist du verfallen dem entsetzlichen Graus der Geisterwelt! Nun fällt die Thür zu mit demselben starken Schlage wie zuvor, ich höre die Tritte deutlich auf dem Vorsaal -- es geht die Treppe hinab -- die Hauptthür des Schlosses öffnet sich rasselnd und wird wieder verschlossen. Dann ist es, als würde ein Pferd aus dem Stalle gezogen, und nach einer Weile wieder in den Stall zurückgeführt -- dann ist alles still! -- In dem¬ selben Augenblick vernahm ich, wie der alte Gro߬ onkel im Nebengemach ängstlich seufzte und stöhnte, dies gab mir alle Besinnung wieder, ich ergriff die Leuchter und eilte hinein. Der Alte schien mit
zwei Schritte vor, aber da ſtreicht eine eiskalte Zugluft durch den Saal, und in demſelben Augen¬ blick wirft der Mond ſein helles Licht auf das Bild¬ niß eines ſehr ernſten, beinahe ſchauerlich anzuſe¬ henden Mannes, und als ſaͤusle ſeine warnende Stimme durch das ſtaͤrkere Brauſen der Meeres¬ wellen, durch das gellendere Pfeifen des Nachtwin¬ des, hoͤre ich deutlich: — Nicht weiter — nicht weiter, ſonſt biſt du verfallen dem entſetzlichen Graus der Geiſterwelt! Nun faͤllt die Thuͤr zu mit demſelben ſtarken Schlage wie zuvor, ich hoͤre die Tritte deutlich auf dem Vorſaal — es geht die Treppe hinab — die Hauptthuͤr des Schloſſes oͤffnet ſich raſſelnd und wird wieder verſchloſſen. Dann iſt es, als wuͤrde ein Pferd aus dem Stalle gezogen, und nach einer Weile wieder in den Stall zuruͤckgefuͤhrt — dann iſt alles ſtill! — In dem¬ ſelben Augenblick vernahm ich, wie der alte Gro߬ onkel im Nebengemach aͤngſtlich ſeufzte und ſtoͤhnte, dies gab mir alle Beſinnung wieder, ich ergriff die Leuchter und eilte hinein. Der Alte ſchien mit
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0103"n="95"/>
zwei Schritte vor, aber da ſtreicht eine eiskalte<lb/>
Zugluft durch den Saal, und in demſelben Augen¬<lb/>
blick wirft der Mond ſein helles Licht auf das Bild¬<lb/>
niß eines ſehr ernſten, beinahe ſchauerlich anzuſe¬<lb/>
henden Mannes, und als ſaͤusle ſeine warnende<lb/>
Stimme durch das ſtaͤrkere Brauſen der Meeres¬<lb/>
wellen, durch das gellendere Pfeifen des Nachtwin¬<lb/>
des, hoͤre ich deutlich: — Nicht weiter — nicht<lb/>
weiter, ſonſt biſt du verfallen dem entſetzlichen<lb/>
Graus der Geiſterwelt! Nun faͤllt die Thuͤr zu<lb/>
mit demſelben ſtarken Schlage wie zuvor, ich hoͤre<lb/>
die Tritte deutlich auf dem Vorſaal — es geht die<lb/>
Treppe hinab — die Hauptthuͤr des Schloſſes<lb/>
oͤffnet ſich raſſelnd und wird wieder verſchloſſen.<lb/>
Dann iſt es, als wuͤrde ein Pferd aus dem Stalle<lb/>
gezogen, und nach einer Weile wieder in den Stall<lb/>
zuruͤckgefuͤhrt — dann iſt alles ſtill! — In dem¬<lb/>ſelben Augenblick vernahm ich, wie der alte Gro߬<lb/>
onkel im Nebengemach aͤngſtlich ſeufzte und ſtoͤhnte,<lb/>
dies gab mir alle Beſinnung wieder, ich ergriff die<lb/>
Leuchter und eilte hinein. Der Alte ſchien mit<lb/></p></div></body></text></TEI>
[95/0103]
zwei Schritte vor, aber da ſtreicht eine eiskalte
Zugluft durch den Saal, und in demſelben Augen¬
blick wirft der Mond ſein helles Licht auf das Bild¬
niß eines ſehr ernſten, beinahe ſchauerlich anzuſe¬
henden Mannes, und als ſaͤusle ſeine warnende
Stimme durch das ſtaͤrkere Brauſen der Meeres¬
wellen, durch das gellendere Pfeifen des Nachtwin¬
des, hoͤre ich deutlich: — Nicht weiter — nicht
weiter, ſonſt biſt du verfallen dem entſetzlichen
Graus der Geiſterwelt! Nun faͤllt die Thuͤr zu
mit demſelben ſtarken Schlage wie zuvor, ich hoͤre
die Tritte deutlich auf dem Vorſaal — es geht die
Treppe hinab — die Hauptthuͤr des Schloſſes
oͤffnet ſich raſſelnd und wird wieder verſchloſſen.
Dann iſt es, als wuͤrde ein Pferd aus dem Stalle
gezogen, und nach einer Weile wieder in den Stall
zuruͤckgefuͤhrt — dann iſt alles ſtill! — In dem¬
ſelben Augenblick vernahm ich, wie der alte Gro߬
onkel im Nebengemach aͤngſtlich ſeufzte und ſtoͤhnte,
dies gab mir alle Beſinnung wieder, ich ergriff die
Leuchter und eilte hinein. Der Alte ſchien mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/103>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.