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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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nehmen. Der Alte war verblaßt, aber seine Augen
erstrahlten in ungewöhnlichem Feuer, er erhob sich
vom Lehnstuhl, und indem er in seiner großen Ge¬
stalt, hochaufgerichtet, den linken Arm in die Seite
gestemmt, den rechten weit vorstreckend nach der
Mitte des Saals da stand, war er anzusehen, wie
ein gebietender Held. Doch immer stärker und
vernehmlicher wurde das Seufzen und Aechzen,
und nun fing es an abscheulicher als gestern an der
Wand hin und her zu kratzen. Da schritt der Alte
vorwärts, gerade auf die zugemauerte Thür los,
mit festen Tritten, daß der Fußboden erdröhnte.
Dicht vor der Stelle, wo es toller und toller kratz¬
te, stand er still und sprach mit starkem, feierlichem
Ton, wie ich ihn nie gehört: "Daniel, Daniel!
was machst du hier zu dieser Stunde!" Da kreischte
es auf grauenvoll und entsetzlich, und ein dumpfer
Schlag geschah, wie wenn eine Last zu Boden
stürzte. "Suche Gnade und Erbarmen vor dem
Thron des Höchsten, dort ist dein Platz! Fort mit
dir aus dem Leben, dem du niemals mehr angehö¬

nehmen. Der Alte war verblaßt, aber ſeine Augen
erſtrahlten in ungewoͤhnlichem Feuer, er erhob ſich
vom Lehnſtuhl, und indem er in ſeiner großen Ge¬
ſtalt, hochaufgerichtet, den linken Arm in die Seite
geſtemmt, den rechten weit vorſtreckend nach der
Mitte des Saals da ſtand, war er anzuſehen, wie
ein gebietender Held. Doch immer ſtaͤrker und
vernehmlicher wurde das Seufzen und Aechzen,
und nun fing es an abſcheulicher als geſtern an der
Wand hin und her zu kratzen. Da ſchritt der Alte
vorwaͤrts, gerade auf die zugemauerte Thuͤr los,
mit feſten Tritten, daß der Fußboden erdroͤhnte.
Dicht vor der Stelle, wo es toller und toller kratz¬
te, ſtand er ſtill und ſprach mit ſtarkem, feierlichem
Ton, wie ich ihn nie gehoͤrt: „Daniel, Daniel!
was machſt du hier zu dieſer Stunde!“ Da kreiſchte
es auf grauenvoll und entſetzlich, und ein dumpfer
Schlag geſchah, wie wenn eine Laſt zu Boden
ſtuͤrzte. „Suche Gnade und Erbarmen vor dem
Thron des Hoͤchſten, dort iſt dein Platz! Fort mit
dir aus dem Leben, dem du niemals mehr angehoͤ¬

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[103/0111] nehmen. Der Alte war verblaßt, aber ſeine Augen erſtrahlten in ungewoͤhnlichem Feuer, er erhob ſich vom Lehnſtuhl, und indem er in ſeiner großen Ge¬ ſtalt, hochaufgerichtet, den linken Arm in die Seite geſtemmt, den rechten weit vorſtreckend nach der Mitte des Saals da ſtand, war er anzuſehen, wie ein gebietender Held. Doch immer ſtaͤrker und vernehmlicher wurde das Seufzen und Aechzen, und nun fing es an abſcheulicher als geſtern an der Wand hin und her zu kratzen. Da ſchritt der Alte vorwaͤrts, gerade auf die zugemauerte Thuͤr los, mit feſten Tritten, daß der Fußboden erdroͤhnte. Dicht vor der Stelle, wo es toller und toller kratz¬ te, ſtand er ſtill und ſprach mit ſtarkem, feierlichem Ton, wie ich ihn nie gehoͤrt: „Daniel, Daniel! was machſt du hier zu dieſer Stunde!“ Da kreiſchte es auf grauenvoll und entſetzlich, und ein dumpfer Schlag geſchah, wie wenn eine Laſt zu Boden ſtuͤrzte. „Suche Gnade und Erbarmen vor dem Thron des Hoͤchſten, dort iſt dein Platz! Fort mit dir aus dem Leben, dem du niemals mehr angehoͤ¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/111>, abgerufen am 27.11.2024.