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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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die herabhängenden Arme dicht an den Leib gedrückt,
in soldatischer Stellung da. -- Die alten Tanten
schwammen in ihren stoffnen Kleidern auf uns
zu und entführten die Baronin. Ihr folgte Fräu¬
lein Adelheid. Ich war wie bezaubert stehen geblieben.
Entzücken, daß ich nun ihr, der Angebeteten, die
mein ganzes Wesen beherrschte, mich nahen werde,
kämpfte mit düsterm Mißmuth und Aerger über
den Baron, der mir als ein rauher Despot erschien.
War er dies nicht, durfte dann wohl der alte eis¬
graue Diener so sklavisch sich benehmen? -- "Hörst
du, sieh'st du endlich," rief der Großonkel mir
auf die Schulter klopfend; wir gingen hinauf in
unser Gemach. "Dränge dich nicht so an die Ba¬
ronin," sprach er, als wir angekommen, "wozu
soll das, überlaß es den jungen Gecken, die gern
den Hof machen und an denen es ja nicht man¬
gelt." -- Ich erzählte, wie alles gekommen und
forderte ihn auf mir nun zu sagen: "ob ich seinen
Vorwurf verdiene," er erwiederte aber darauf
nichts als: "Hm hm" -- zog den Schlafrock an,

die herabhaͤngenden Arme dicht an den Leib gedruͤckt,
in ſoldatiſcher Stellung da. — Die alten Tanten
ſchwammen in ihren ſtoffnen Kleidern auf uns
zu und entfuͤhrten die Baronin. Ihr folgte Fraͤu¬
lein Adelheid. Ich war wie bezaubert ſtehen geblieben.
Entzuͤcken, daß ich nun ihr, der Angebeteten, die
mein ganzes Weſen beherrſchte, mich nahen werde,
kaͤmpfte mit duͤſterm Mißmuth und Aerger uͤber
den Baron, der mir als ein rauher Deſpot erſchien.
War er dies nicht, durfte dann wohl der alte eis¬
graue Diener ſo ſklaviſch ſich benehmen? — „Hoͤrſt
du, ſieh'ſt du endlich,“ rief der Großonkel mir
auf die Schulter klopfend; wir gingen hinauf in
unſer Gemach. „Draͤnge dich nicht ſo an die Ba¬
ronin,“ ſprach er, als wir angekommen, „wozu
ſoll das, uͤberlaß es den jungen Gecken, die gern
den Hof machen und an denen es ja nicht man¬
gelt.“ — Ich erzaͤhlte, wie alles gekommen und
forderte ihn auf mir nun zu ſagen: „ob ich ſeinen
Vorwurf verdiene,“ er erwiederte aber darauf
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[119/0127] die herabhaͤngenden Arme dicht an den Leib gedruͤckt, in ſoldatiſcher Stellung da. — Die alten Tanten ſchwammen in ihren ſtoffnen Kleidern auf uns zu und entfuͤhrten die Baronin. Ihr folgte Fraͤu¬ lein Adelheid. Ich war wie bezaubert ſtehen geblieben. Entzuͤcken, daß ich nun ihr, der Angebeteten, die mein ganzes Weſen beherrſchte, mich nahen werde, kaͤmpfte mit duͤſterm Mißmuth und Aerger uͤber den Baron, der mir als ein rauher Deſpot erſchien. War er dies nicht, durfte dann wohl der alte eis¬ graue Diener ſo ſklaviſch ſich benehmen? — „Hoͤrſt du, ſieh'ſt du endlich,“ rief der Großonkel mir auf die Schulter klopfend; wir gingen hinauf in unſer Gemach. „Draͤnge dich nicht ſo an die Ba¬ ronin,“ ſprach er, als wir angekommen, „wozu ſoll das, uͤberlaß es den jungen Gecken, die gern den Hof machen und an denen es ja nicht man¬ gelt.“ — Ich erzaͤhlte, wie alles gekommen und forderte ihn auf mir nun zu ſagen: „ob ich ſeinen Vorwurf verdiene,“ er erwiederte aber darauf nichts als: „Hm hm“ — zog den Schlafrock an,

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/127>, abgerufen am 23.11.2024.