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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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vertiefen begannen in sentimentale Ahnungen und
Träumereien. Aus mancher Andeutung mußt' ich bald
erfahren, daß der Baronin wirklich irgend etwas Ver¬
störendes im Sinn liege, wie ich es gleich, als ich
sie zum ersten Male sah, in ihrem Blick zu lesen
glaubte, und die feindliche Wirkung des Hausge¬
spenstes ging mir ganz klar auf. Irgend etwas
Entsetzliches war oder sollte geschehen. Wie oft
drängte es mich, Seraphinen zu erzählen, wie mich
der unsichtbare Feind berührt, und wie ihn der Alte,
gewiß für immer, gebannt habe, aber eine mir selbst
unerklärliche Scheu fesselte mir die Zunge im Au¬
genblick als ich reden wollte.

Eines Tages fehlte die Baronin bei der Mit¬
tagstafel; es hieß, sie kränkle, und könne das Zim¬
mer nicht verlassen. Theilnehmend frug man den
Baron, ob das Uebel von Bedeutung sey. Er lä¬
chelte auf fatale Art, recht wie bitter höhnend, und
sprach: "Nichts als ein leichter Katarrh, den ihr
die rauhe Seeluft zugeweht, die nun einmal hier kein
süßes Stimmchen duldet, und keine andern Töne

vertiefen begannen in ſentimentale Ahnungen und
Traͤumereien. Aus mancher Andeutung mußt' ich bald
erfahren, daß der Baronin wirklich irgend etwas Ver¬
ſtoͤrendes im Sinn liege, wie ich es gleich, als ich
ſie zum erſten Male ſah, in ihrem Blick zu leſen
glaubte, und die feindliche Wirkung des Hausge¬
ſpenſtes ging mir ganz klar auf. Irgend etwas
Entſetzliches war oder ſollte geſchehen. Wie oft
draͤngte es mich, Seraphinen zu erzaͤhlen, wie mich
der unſichtbare Feind beruͤhrt, und wie ihn der Alte,
gewiß fuͤr immer, gebannt habe, aber eine mir ſelbſt
unerklaͤrliche Scheu feſſelte mir die Zunge im Au¬
genblick als ich reden wollte.

Eines Tages fehlte die Baronin bei der Mit¬
tagstafel; es hieß, ſie kraͤnkle, und koͤnne das Zim¬
mer nicht verlaſſen. Theilnehmend frug man den
Baron, ob das Uebel von Bedeutung ſey. Er laͤ¬
chelte auf fatale Art, recht wie bitter hoͤhnend, und
ſprach: „Nichts als ein leichter Katarrh, den ihr
die rauhe Seeluft zugeweht, die nun einmal hier kein
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[130/0138] vertiefen begannen in ſentimentale Ahnungen und Traͤumereien. Aus mancher Andeutung mußt' ich bald erfahren, daß der Baronin wirklich irgend etwas Ver¬ ſtoͤrendes im Sinn liege, wie ich es gleich, als ich ſie zum erſten Male ſah, in ihrem Blick zu leſen glaubte, und die feindliche Wirkung des Hausge¬ ſpenſtes ging mir ganz klar auf. Irgend etwas Entſetzliches war oder ſollte geſchehen. Wie oft draͤngte es mich, Seraphinen zu erzaͤhlen, wie mich der unſichtbare Feind beruͤhrt, und wie ihn der Alte, gewiß fuͤr immer, gebannt habe, aber eine mir ſelbſt unerklaͤrliche Scheu feſſelte mir die Zunge im Au¬ genblick als ich reden wollte. Eines Tages fehlte die Baronin bei der Mit¬ tagstafel; es hieß, ſie kraͤnkle, und koͤnne das Zim¬ mer nicht verlaſſen. Theilnehmend frug man den Baron, ob das Uebel von Bedeutung ſey. Er laͤ¬ chelte auf fatale Art, recht wie bitter hoͤhnend, und ſprach: „Nichts als ein leichter Katarrh, den ihr die rauhe Seeluft zugeweht, die nun einmal hier kein ſuͤßes Stimmchen duldet, und keine andern Toͤne

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/138>, abgerufen am 23.11.2024.