wahrtes Dach, dessen zum Theil mit Papier ver¬ klebte Fenster, dessen farblose Mauern von gänz¬ licher Verwahrlosung des Eigenthümers zeugen. Denkt Euch, wie solch ein Haus zwischen mit ge¬ schmackvollem Luxus ausstaffirten Prachtgebäuden sich ausnehmen muß. Ich blieb stehen und be¬ merkte bey näherer Betrachtung, daß alle Fenster dicht verzogen waren, ja daß vor die Fenster des Erdgeschosses eine Mauer aufgeführt schien, daß die gewöhnliche Glocke an dem Thorwege, der, an der Seite angebracht, zugleich zur Hausthüre dien¬ te, fehlte, und daß an dem Thorwege selbst nir¬ gends ein Schloß, ein Drücker zu entdecken war. Ich wurde überzeugt, daß dieses Haus ganz unbe¬ wohnt seyn müsse, da ich niemahls, niemahls, so oft und zu welcher Tageszeit ich auch vorübergehen mochte auch nur die Spur eines menschlichen We¬ sens darin wahrnahm. Ein unbewohntes Haus in dieser Gegend der Stadt! Eine wunderliche Er¬ scheinung und doch findet das Ding vielleicht darin seinen natürlichen einfachen Grund, daß der Be¬
wahrtes Dach, deſſen zum Theil mit Papier ver¬ klebte Fenſter, deſſen farbloſe Mauern von gaͤnz¬ licher Verwahrloſung des Eigenthuͤmers zeugen. Denkt Euch, wie ſolch ein Haus zwiſchen mit ge¬ ſchmackvollem Luxus ausſtaffirten Prachtgebaͤuden ſich ausnehmen muß. Ich blieb ſtehen und be¬ merkte bey naͤherer Betrachtung, daß alle Fenſter dicht verzogen waren, ja daß vor die Fenſter des Erdgeſchoſſes eine Mauer aufgefuͤhrt ſchien, daß die gewoͤhnliche Glocke an dem Thorwege, der, an der Seite angebracht, zugleich zur Hausthuͤre dien¬ te, fehlte, und daß an dem Thorwege ſelbſt nir¬ gends ein Schloß, ein Druͤcker zu entdecken war. Ich wurde uͤberzeugt, daß dieſes Haus ganz unbe¬ wohnt ſeyn muͤſſe, da ich niemahls, niemahls, ſo oft und zu welcher Tageszeit ich auch voruͤbergehen mochte auch nur die Spur eines menſchlichen We¬ ſens darin wahrnahm. Ein unbewohntes Haus in dieſer Gegend der Stadt! Eine wunderliche Er¬ ſcheinung und doch findet das Ding vielleicht darin ſeinen natuͤrlichen einfachen Grund, daß der Be¬
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[8/0016]
wahrtes Dach, deſſen zum Theil mit Papier ver¬
klebte Fenſter, deſſen farbloſe Mauern von gaͤnz¬
licher Verwahrloſung des Eigenthuͤmers zeugen.
Denkt Euch, wie ſolch ein Haus zwiſchen mit ge¬
ſchmackvollem Luxus ausſtaffirten Prachtgebaͤuden
ſich ausnehmen muß. Ich blieb ſtehen und be¬
merkte bey naͤherer Betrachtung, daß alle Fenſter
dicht verzogen waren, ja daß vor die Fenſter des
Erdgeſchoſſes eine Mauer aufgefuͤhrt ſchien, daß
die gewoͤhnliche Glocke an dem Thorwege, der, an
der Seite angebracht, zugleich zur Hausthuͤre dien¬
te, fehlte, und daß an dem Thorwege ſelbſt nir¬
gends ein Schloß, ein Druͤcker zu entdecken war.
Ich wurde uͤberzeugt, daß dieſes Haus ganz unbe¬
wohnt ſeyn muͤſſe, da ich niemahls, niemahls, ſo
oft und zu welcher Tageszeit ich auch voruͤbergehen
mochte auch nur die Spur eines menſchlichen We¬
ſens darin wahrnahm. Ein unbewohntes Haus in
dieſer Gegend der Stadt! Eine wunderliche Er¬
ſcheinung und doch findet das Ding vielleicht darin
ſeinen natuͤrlichen einfachen Grund, daß der Be¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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