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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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"Den Thurm herstellen?" fuhr der Freiherr
den alten Diener, funkelnden Zorn in den Au¬
gen, an, "den Thurm herstellen? -- Nimmer¬
mehr! -- Merkst du denn nicht," fuhr er dann
gelassener fort, "merkst du denn nicht Alter, daß
der Thurm nicht so, ohne weitern Anlaß, einstür¬
zen konnte? -- Wie, wenn mein Vater selbst die
Vernichtung des Orts, wo er seine unheimliche
Sterndeuterey trieb, gewünscht, wie, wenn er selbst
gewisse Vorrichtungen getroffen hätte, die es ihm
möglich machten, die Krone des Thurms, wenn
er wollte, einstürzen, und so das Innere des
Thurms zerschmettern zu lassen? Doch dem sey
wie ihm wolle, und mag auch das ganze Schloß
zusammenstürzen, mir ist es Recht. Glaubt ihr
denn, daß ich in dem abenteuerlichen Eulenneste
hier hausen werde? -- Nein! jener kluge Ahn¬
herr, der in dem schönen Thalgrunde die Funda¬
mente zu einem neuen Schloß legen ließ, der hat
mir vorgearbeitet, dem will ich folgen." "Und so
werden," sprach Daniel kleinlaut, "dann auch

„Den Thurm herſtellen?“ fuhr der Freiherr
den alten Diener, funkelnden Zorn in den Au¬
gen, an, „den Thurm herſtellen? — Nimmer¬
mehr! — Merkſt du denn nicht,“ fuhr er dann
gelaſſener fort, „merkſt du denn nicht Alter, daß
der Thurm nicht ſo, ohne weitern Anlaß, einſtuͤr¬
zen konnte? — Wie, wenn mein Vater ſelbſt die
Vernichtung des Orts, wo er ſeine unheimliche
Sterndeuterey trieb, gewuͤnſcht, wie, wenn er ſelbſt
gewiſſe Vorrichtungen getroffen haͤtte, die es ihm
moͤglich machten, die Krone des Thurms, wenn
er wollte, einſtuͤrzen, und ſo das Innere des
Thurms zerſchmettern zu laſſen? Doch dem ſey
wie ihm wolle, und mag auch das ganze Schloß
zuſammenſtuͤrzen, mir iſt es Recht. Glaubt ihr
denn, daß ich in dem abenteuerlichen Eulenneſte
hier hauſen werde? — Nein! jener kluge Ahn¬
herr, der in dem ſchoͤnen Thalgrunde die Funda¬
mente zu einem neuen Schloß legen ließ, der hat
mir vorgearbeitet, dem will ich folgen.“ „Und ſo
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[180/0188] „Den Thurm herſtellen?“ fuhr der Freiherr den alten Diener, funkelnden Zorn in den Au¬ gen, an, „den Thurm herſtellen? — Nimmer¬ mehr! — Merkſt du denn nicht,“ fuhr er dann gelaſſener fort, „merkſt du denn nicht Alter, daß der Thurm nicht ſo, ohne weitern Anlaß, einſtuͤr¬ zen konnte? — Wie, wenn mein Vater ſelbſt die Vernichtung des Orts, wo er ſeine unheimliche Sterndeuterey trieb, gewuͤnſcht, wie, wenn er ſelbſt gewiſſe Vorrichtungen getroffen haͤtte, die es ihm moͤglich machten, die Krone des Thurms, wenn er wollte, einſtuͤrzen, und ſo das Innere des Thurms zerſchmettern zu laſſen? Doch dem ſey wie ihm wolle, und mag auch das ganze Schloß zuſammenſtuͤrzen, mir iſt es Recht. Glaubt ihr denn, daß ich in dem abenteuerlichen Eulenneſte hier hauſen werde? — Nein! jener kluge Ahn¬ herr, der in dem ſchoͤnen Thalgrunde die Funda¬ mente zu einem neuen Schloß legen ließ, der hat mir vorgearbeitet, dem will ich folgen.“ „Und ſo werden,“ ſprach Daniel kleinlaut, „dann auch

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/188>, abgerufen am 24.11.2024.