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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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wohl die alten treuen Diener den Wanderstab zur
Hand nehmen müssen." "Daß ich" erwiderte der
Freiherr, "mich nicht von unbehülflichen schlotter¬
beinigten Greisen bedienen lassen werde, versteht
sich von selbst, aber verstoßen werde ich keinen.
Arbeitslos soll Euch das Gnadenbrod gut genug
schmecken." "Mich," rief der Alte voller Schmerz,
"mich, den Hausverwalter, so außer Aktivität --
Da wandte der Freiherr, der dem Alten den Rük¬
ken gekehrt, im Begriff stand, den Saal zu ver¬
lassen, sich plötzlich um, blutroth im ganzen Ge¬
sichte vor Zorn, die geballte Faust vorgestreckt,
schritt er auf den Alten zu, und schrie mit fürch¬
terlicher Stimme: "Dich, du alter heuchlerischer
Schurke, der du mit dem alten Vater das un¬
heimliche Wesen triebst dort oben, der du dich,
wie ein Vampir, an sein Herz legtest, der viel¬
leicht des Alten Wahnsinn verbrecherisch nützte,
um in ihm die höllischen Entschlüsse zu erzeugen,
die mich an den Rand des Abgrunds brachten --
Dich sollte ich hinausstoßen wie einen räudigen

wohl die alten treuen Diener den Wanderſtab zur
Hand nehmen muͤſſen.“ „Daß ich“ erwiderte der
Freiherr, „mich nicht von unbehuͤlflichen ſchlotter¬
beinigten Greiſen bedienen laſſen werde, verſteht
ſich von ſelbſt, aber verſtoßen werde ich keinen.
Arbeitslos ſoll Euch das Gnadenbrod gut genug
ſchmecken.“ „Mich,“ rief der Alte voller Schmerz,
„mich, den Hausverwalter, ſo außer Aktivitaͤt —
Da wandte der Freiherr, der dem Alten den Ruͤk¬
ken gekehrt, im Begriff ſtand, den Saal zu ver¬
laſſen, ſich ploͤtzlich um, blutroth im ganzen Ge¬
ſichte vor Zorn, die geballte Fauſt vorgeſtreckt,
ſchritt er auf den Alten zu, und ſchrie mit fuͤrch¬
terlicher Stimme: „Dich, du alter heuchleriſcher
Schurke, der du mit dem alten Vater das un¬
heimliche Weſen triebſt dort oben, der du dich,
wie ein Vampir, an ſein Herz legteſt, der viel¬
leicht des Alten Wahnſinn verbrecheriſch nuͤtzte,
um in ihm die hoͤlliſchen Entſchluͤſſe zu erzeugen,
die mich an den Rand des Abgrunds brachten —
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[181/0189] wohl die alten treuen Diener den Wanderſtab zur Hand nehmen muͤſſen.“ „Daß ich“ erwiderte der Freiherr, „mich nicht von unbehuͤlflichen ſchlotter¬ beinigten Greiſen bedienen laſſen werde, verſteht ſich von ſelbſt, aber verſtoßen werde ich keinen. Arbeitslos ſoll Euch das Gnadenbrod gut genug ſchmecken.“ „Mich,“ rief der Alte voller Schmerz, „mich, den Hausverwalter, ſo außer Aktivitaͤt — Da wandte der Freiherr, der dem Alten den Ruͤk¬ ken gekehrt, im Begriff ſtand, den Saal zu ver¬ laſſen, ſich ploͤtzlich um, blutroth im ganzen Ge¬ ſichte vor Zorn, die geballte Fauſt vorgeſtreckt, ſchritt er auf den Alten zu, und ſchrie mit fuͤrch¬ terlicher Stimme: „Dich, du alter heuchleriſcher Schurke, der du mit dem alten Vater das un¬ heimliche Weſen triebſt dort oben, der du dich, wie ein Vampir, an ſein Herz legteſt, der viel¬ leicht des Alten Wahnſinn verbrecheriſch nuͤtzte, um in ihm die hoͤlliſchen Entſchluͤſſe zu erzeugen, die mich an den Rand des Abgrunds brachten — Dich ſollte ich hinausſtoßen wie einen raͤudigen

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/189>, abgerufen am 21.11.2024.