ich an mit Freuden, und will mein Amt verwal¬ ten rüstig und unverdrossen!"
Der Freiherr, der nicht sonderlich auf die Worte des Alten geachtet, ließ nun den schweren Deckel der Truhe zufallen, daß das ganze Gewölbe krachte und dröhnte, und sprach dann, indem er die Truhe ver¬ schloß, und die Schlüssel sorgfältig auszog, schnell hingeworfen: "Schon gut, schon gut Alter! -- Aber du hast noch," fuhr er fort, nachdem sie schon in den Saal getreten waren, "aber du hast noch von vielen Goldstücken gesprochen, die unten im zerstör¬ ten Thurm liegen sollen?" Der Alte trat schwei¬ gend an die Pforte, und schloß sie mit Mühe auf. Aber so wie er die Flügel aufriß, trieb der Sturm dickes Schneegestöber in den Saal; aufgescheucht flatterte ein Rabe kreischend und krächzend umher, schlug mit schwarzen Schwingen gegen die Fenster, und stürzte sich, als er die offne Pforte wieder ge¬ wonnen, in den Abgrund. Der Freiherr trat hin¬ aus in den Corridor, bebte aber zurück, als er kaum einen Blick in die Tiefe geworfen. "Abscheulicher
ich an mit Freuden, und will mein Amt verwal¬ ten ruͤſtig und unverdroſſen!“
Der Freiherr, der nicht ſonderlich auf die Worte des Alten geachtet, ließ nun den ſchweren Deckel der Truhe zufallen, daß das ganze Gewoͤlbe krachte und droͤhnte, und ſprach dann, indem er die Truhe ver¬ ſchloß, und die Schluͤſſel ſorgfaͤltig auszog, ſchnell hingeworfen: „Schon gut, ſchon gut Alter! — Aber du haſt noch,“ fuhr er fort, nachdem ſie ſchon in den Saal getreten waren, „aber du haſt noch von vielen Goldſtuͤcken geſprochen, die unten im zerſtoͤr¬ ten Thurm liegen ſollen?“ Der Alte trat ſchwei¬ gend an die Pforte, und ſchloß ſie mit Muͤhe auf. Aber ſo wie er die Fluͤgel aufriß, trieb der Sturm dickes Schneegeſtoͤber in den Saal; aufgeſcheucht flatterte ein Rabe kreiſchend und kraͤchzend umher, ſchlug mit ſchwarzen Schwingen gegen die Fenſter, und ſtuͤrzte ſich, als er die offne Pforte wieder ge¬ wonnen, in den Abgrund. Der Freiherr trat hin¬ aus in den Corridor, bebte aber zuruͤck, als er kaum einen Blick in die Tiefe geworfen. „Abſcheulicher
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[189/0197]
ich an mit Freuden, und will mein Amt verwal¬
ten ruͤſtig und unverdroſſen!“
Der Freiherr, der nicht ſonderlich auf die Worte
des Alten geachtet, ließ nun den ſchweren Deckel der
Truhe zufallen, daß das ganze Gewoͤlbe krachte und
droͤhnte, und ſprach dann, indem er die Truhe ver¬
ſchloß, und die Schluͤſſel ſorgfaͤltig auszog, ſchnell
hingeworfen: „Schon gut, ſchon gut Alter! —
Aber du haſt noch,“ fuhr er fort, nachdem ſie ſchon
in den Saal getreten waren, „aber du haſt noch von
vielen Goldſtuͤcken geſprochen, die unten im zerſtoͤr¬
ten Thurm liegen ſollen?“ Der Alte trat ſchwei¬
gend an die Pforte, und ſchloß ſie mit Muͤhe auf.
Aber ſo wie er die Fluͤgel aufriß, trieb der Sturm
dickes Schneegeſtoͤber in den Saal; aufgeſcheucht
flatterte ein Rabe kreiſchend und kraͤchzend umher,
ſchlug mit ſchwarzen Schwingen gegen die Fenſter,
und ſtuͤrzte ſich, als er die offne Pforte wieder ge¬
wonnen, in den Abgrund. Der Freiherr trat hin¬
aus in den Corridor, bebte aber zuruͤck, als er kaum
einen Blick in die Tiefe geworfen. „Abſcheulicher
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/197>, abgerufen am 16.02.2025.
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