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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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hend, mit der Hand nach dem Kasten hinzeigte,
an den er nun aber noch einmal hintrat und die
Beutel musterte. Dem Hausverwalter trat plötz¬
lich glühende Röthe ins Gesicht, und er sties je¬
nen entsetzlichen, dem heulenden Gewimmer eines
auf den Tod wunden Thiers ähnlichen, Laut aus,
wie ihn der Freiherr dem Justitiarius beschrieben.
Dieser erbebte, denn was der Alte nun zwischen
den Zähnen murmelte, klang, wie: Blut für Gold!"
-- Der Freiherr, vertieft in dem Anblick des
Schatzes, hatte von Allem nicht das mindeste be¬
merkt; Daniel, den es, wie im krampfigten Fie¬
berfrost, durch alle Glieder geschüttelt, nahte sich
mit gebeugtem Haupt in demüthiger Stellung dem
Freiherrn, küßte ihm die Hand, und sprach mit
weinerlicher Stimme, indem er mit dem Taschen¬
tuch sich über die Augen fuhr, als ob er Thrä¬
nen wegwische: "Ach, mein lieber gnädiger Herr,
was soll ich armer, kinderloser Greis mit dem
Golde? -- aber das doppelte Gehalt, das nehme

hend, mit der Hand nach dem Kaſten hinzeigte,
an den er nun aber noch einmal hintrat und die
Beutel muſterte. Dem Hausverwalter trat ploͤtz¬
lich gluͤhende Roͤthe ins Geſicht, und er ſties je¬
nen entſetzlichen, dem heulenden Gewimmer eines
auf den Tod wunden Thiers aͤhnlichen, Laut aus,
wie ihn der Freiherr dem Juſtitiarius beſchrieben.
Dieſer erbebte, denn was der Alte nun zwiſchen
den Zaͤhnen murmelte, klang, wie: Blut fuͤr Gold!“
— Der Freiherr, vertieft in dem Anblick des
Schatzes, hatte von Allem nicht das mindeſte be¬
merkt; Daniel, den es, wie im krampfigten Fie¬
berfroſt, durch alle Glieder geſchuͤttelt, nahte ſich
mit gebeugtem Haupt in demuͤthiger Stellung dem
Freiherrn, kuͤßte ihm die Hand, und ſprach mit
weinerlicher Stimme, indem er mit dem Taſchen¬
tuch ſich uͤber die Augen fuhr, als ob er Thraͤ¬
nen wegwiſche: „Ach, mein lieber gnaͤdiger Herr,
was ſoll ich armer, kinderloſer Greis mit dem
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[188/0196] hend, mit der Hand nach dem Kaſten hinzeigte, an den er nun aber noch einmal hintrat und die Beutel muſterte. Dem Hausverwalter trat ploͤtz¬ lich gluͤhende Roͤthe ins Geſicht, und er ſties je¬ nen entſetzlichen, dem heulenden Gewimmer eines auf den Tod wunden Thiers aͤhnlichen, Laut aus, wie ihn der Freiherr dem Juſtitiarius beſchrieben. Dieſer erbebte, denn was der Alte nun zwiſchen den Zaͤhnen murmelte, klang, wie: Blut fuͤr Gold!“ — Der Freiherr, vertieft in dem Anblick des Schatzes, hatte von Allem nicht das mindeſte be¬ merkt; Daniel, den es, wie im krampfigten Fie¬ berfroſt, durch alle Glieder geſchuͤttelt, nahte ſich mit gebeugtem Haupt in demuͤthiger Stellung dem Freiherrn, kuͤßte ihm die Hand, und ſprach mit weinerlicher Stimme, indem er mit dem Taſchen¬ tuch ſich uͤber die Augen fuhr, als ob er Thraͤ¬ nen wegwiſche: „Ach, mein lieber gnaͤdiger Herr, was ſoll ich armer, kinderloſer Greis mit dem Golde? — aber das doppelte Gehalt, das nehme

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/196>, abgerufen am 21.11.2024.