So sehr V. sich auch bemühte, dem Freiherrn den Verdacht wider seinen Bruder auszureden, wobei er sich freilich, uneingeweiht in die näheren Verhältnisse, mit ganz allgemeinen moralischen, ziemlich flachen Gründen behelfen mußte, so ge¬ lang ihm dies doch ganz und gar nicht. Der Freiherr gab ihm den Auftrag, mit dem feindseli¬ gen geldgierigen Hubert zu unterhandeln. V. that dies mit so viel Vorsicht, als ihm nur möglich war, und freute sich nicht wenig, als Hubert end¬ lich erklärte: "Mag es dann seyn, ich nehme die Vorschläge des Majoratsherrn an, doch unter der Bedingung, daß er mir jetzt, da ich auf dem Punkt stehe, durch die Härte meiner Gläubiger, Ehre und guten Namen auf immer zu verlieren, tausend Friedrichsd'or baar vorschieße, und erlaube, daß ich künftig, wenigstens einige Zeit hindurch, meinen Wohnsitz in dem schönen R -- sitten bei dem gütigen Bruder nehme." -- "Nimmermehr!" schrie der Freiherr auf, als ihm V. diese Vor¬ schläge des Bruders hinterbrachte, "nimmermehr
So ſehr V. ſich auch bemuͤhte, dem Freiherrn den Verdacht wider ſeinen Bruder auszureden, wobei er ſich freilich, uneingeweiht in die naͤheren Verhaͤltniſſe, mit ganz allgemeinen moraliſchen, ziemlich flachen Gruͤnden behelfen mußte, ſo ge¬ lang ihm dies doch ganz und gar nicht. Der Freiherr gab ihm den Auftrag, mit dem feindſeli¬ gen geldgierigen Hubert zu unterhandeln. V. that dies mit ſo viel Vorſicht, als ihm nur moͤglich war, und freute ſich nicht wenig, als Hubert end¬ lich erklaͤrte: „Mag es dann ſeyn, ich nehme die Vorſchlaͤge des Majoratsherrn an, doch unter der Bedingung, daß er mir jetzt, da ich auf dem Punkt ſtehe, durch die Haͤrte meiner Glaͤubiger, Ehre und guten Namen auf immer zu verlieren, tauſend Friedrichsd'or baar vorſchieße, und erlaube, daß ich kuͤnftig, wenigſtens einige Zeit hindurch, meinen Wohnſitz in dem ſchoͤnen R — ſitten bei dem guͤtigen Bruder nehme.“ — „Nimmermehr!“ ſchrie der Freiherr auf, als ihm V. dieſe Vor¬ ſchlaͤge des Bruders hinterbrachte, „nimmermehr
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So ſehr V. ſich auch bemuͤhte, dem Freiherrn
den Verdacht wider ſeinen Bruder auszureden,
wobei er ſich freilich, uneingeweiht in die naͤheren
Verhaͤltniſſe, mit ganz allgemeinen moraliſchen,
ziemlich flachen Gruͤnden behelfen mußte, ſo ge¬
lang ihm dies doch ganz und gar nicht. Der
Freiherr gab ihm den Auftrag, mit dem feindſeli¬
gen geldgierigen Hubert zu unterhandeln. V. that
dies mit ſo viel Vorſicht, als ihm nur moͤglich
war, und freute ſich nicht wenig, als Hubert end¬
lich erklaͤrte: „Mag es dann ſeyn, ich nehme die
Vorſchlaͤge des Majoratsherrn an, doch unter der
Bedingung, daß er mir jetzt, da ich auf dem
Punkt ſtehe, durch die Haͤrte meiner Glaͤubiger,
Ehre und guten Namen auf immer zu verlieren,
tauſend Friedrichsd'or baar vorſchieße, und erlaube,
daß ich kuͤnftig, wenigſtens einige Zeit hindurch,
meinen Wohnſitz in dem ſchoͤnen R — ſitten bei
dem guͤtigen Bruder nehme.“ — „Nimmermehr!“
ſchrie der Freiherr auf, als ihm V. dieſe Vor¬
ſchlaͤge des Bruders hinterbrachte, „nimmermehr
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/207>, abgerufen am 23.11.2024.
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