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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Alle Furien der Verzweiflung im Antlitz stürzte
Hubert herbei, als die Leiche eben hinaufgeborgen,
und in dem Saal, gerade an der Stelle auf einen
breiten Tisch gelegt worden, wo vor wenigen Wochen
der alte Roderich lag. Niedergeschmettert von dem
gräßlichen Anblick heulte er: "Bruder -- o mein
armer Bruder -- nein, das hab' ich nicht erfleht
von den Teufeln, die über mir waren!" -- V. er¬
bebte vor dieser verfänglichen Rede, es war ihm so,
als müsse er zufahren auf Hubert, als den Mörder
seines Bruders -- Hubert lag von Sinnen auf dem
Fußboden, man brachte ihn ins Bette, und er er¬
holte sich, nachdem er stärkende Mittel gebraucht,
ziemlich bald. Sehr bleich, düstern Gram im halb
erloschnen Auge, trat er dann bei V. ins Zimmer,
und sprach, indem er vor Mattigkeit, nicht fähig zu
stehen, sich langsam in einen Lehnstuhl niederließ:
"Ich habe meines Bruders Tod gewünscht, weil der
Vater ihm den besten Theil des Erbes zugewandt
durch eine thörigte Stiftung -- jetzt hat er seinen
Tod gefunden auf schreckliche Weise -- ich bin Ma¬

Alle Furien der Verzweiflung im Antlitz ſtuͤrzte
Hubert herbei, als die Leiche eben hinaufgeborgen,
und in dem Saal, gerade an der Stelle auf einen
breiten Tiſch gelegt worden, wo vor wenigen Wochen
der alte Roderich lag. Niedergeſchmettert von dem
graͤßlichen Anblick heulte er: „Bruder — o mein
armer Bruder — nein, das hab' ich nicht erfleht
von den Teufeln, die uͤber mir waren!“ — V. er¬
bebte vor dieſer verfaͤnglichen Rede, es war ihm ſo,
als muͤſſe er zufahren auf Hubert, als den Moͤrder
ſeines Bruders — Hubert lag von Sinnen auf dem
Fußboden, man brachte ihn ins Bette, und er er¬
holte ſich, nachdem er ſtaͤrkende Mittel gebraucht,
ziemlich bald. Sehr bleich, duͤſtern Gram im halb
erloſchnen Auge, trat er dann bei V. ins Zimmer,
und ſprach, indem er vor Mattigkeit, nicht faͤhig zu
ſtehen, ſich langſam in einen Lehnſtuhl niederließ:
„Ich habe meines Bruders Tod gewuͤnſcht, weil der
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durch eine thoͤrigte Stiftung — jetzt hat er ſeinen
Tod gefunden auf ſchreckliche Weiſe — ich bin Ma¬

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[207/0215] Alle Furien der Verzweiflung im Antlitz ſtuͤrzte Hubert herbei, als die Leiche eben hinaufgeborgen, und in dem Saal, gerade an der Stelle auf einen breiten Tiſch gelegt worden, wo vor wenigen Wochen der alte Roderich lag. Niedergeſchmettert von dem graͤßlichen Anblick heulte er: „Bruder — o mein armer Bruder — nein, das hab' ich nicht erfleht von den Teufeln, die uͤber mir waren!“ — V. er¬ bebte vor dieſer verfaͤnglichen Rede, es war ihm ſo, als muͤſſe er zufahren auf Hubert, als den Moͤrder ſeines Bruders — Hubert lag von Sinnen auf dem Fußboden, man brachte ihn ins Bette, und er er¬ holte ſich, nachdem er ſtaͤrkende Mittel gebraucht, ziemlich bald. Sehr bleich, duͤſtern Gram im halb erloſchnen Auge, trat er dann bei V. ins Zimmer, und ſprach, indem er vor Mattigkeit, nicht faͤhig zu ſtehen, ſich langſam in einen Lehnſtuhl niederließ: „Ich habe meines Bruders Tod gewuͤnſcht, weil der Vater ihm den beſten Theil des Erbes zugewandt durch eine thoͤrigte Stiftung — jetzt hat er ſeinen Tod gefunden auf ſchreckliche Weiſe — ich bin Ma¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/215>, abgerufen am 23.11.2024.