nicht entsagt werden könne, mithin dürfe der jetzige Majoratsherr in dem Besitze nicht durch ganz illi¬ quide Ansprüche turbirt werden. Was der Verstor¬ bene für Grund gehabt habe, einen andern Ma¬ joratsherrn aufzustellen, sey ganz gleichgültig, nur werde bemerkt, daß er selbst, wie aus den nachge¬ lassenen Papieren erforderlichen Falls nachgewiesen werden könne, eine Liebschaft in der Schweiz gehabt habe, und so sey vielleicht der angebliche Bruders¬ sohn der eigne, in einer verbotenen Liebe erzeugte, dem er in einem Anfall von Reue das reiche Ma¬ jorat zuwenden wollen. --
So sehr auch die Wahrscheinlichkeit für die im Testament behaupteten Umstände sprach, so sehr auch die Richter hauptsächlich die letzte Wendung, in der der Sohn sich nicht scheute, den Verstorbenen eines Verbrechens anzuklagen, empörte, so blieb doch die Ansicht der Sache, wie sie aufgestellt wor¬ den, die richtige, und nur den rastlosen Bemühun¬ gen V..s, der bestimmten Versicherung, daß der die Legitimation des Freiherrn Roderich von R. be¬
nicht entſagt werden koͤnne, mithin duͤrfe der jetzige Majoratsherr in dem Beſitze nicht durch ganz illi¬ quide Anſpruͤche turbirt werden. Was der Verſtor¬ bene fuͤr Grund gehabt habe, einen andern Ma¬ joratsherrn aufzuſtellen, ſey ganz gleichguͤltig, nur werde bemerkt, daß er ſelbſt, wie aus den nachge¬ laſſenen Papieren erforderlichen Falls nachgewieſen werden koͤnne, eine Liebſchaft in der Schweiz gehabt habe, und ſo ſey vielleicht der angebliche Bruders¬ ſohn der eigne, in einer verbotenen Liebe erzeugte, dem er in einem Anfall von Reue das reiche Ma¬ jorat zuwenden wollen. —
So ſehr auch die Wahrſcheinlichkeit fuͤr die im Teſtament behaupteten Umſtaͤnde ſprach, ſo ſehr auch die Richter hauptſaͤchlich die letzte Wendung, in der der Sohn ſich nicht ſcheute, den Verſtorbenen eines Verbrechens anzuklagen, empoͤrte, ſo blieb doch die Anſicht der Sache, wie ſie aufgeſtellt wor¬ den, die richtige, und nur den raſtloſen Bemuͤhun¬ gen V..s, der beſtimmten Verſicherung, daß der die Legitimation des Freiherrn Roderich von R. be¬
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nicht entſagt werden koͤnne, mithin duͤrfe der jetzige
Majoratsherr in dem Beſitze nicht durch ganz illi¬
quide Anſpruͤche turbirt werden. Was der Verſtor¬
bene fuͤr Grund gehabt habe, einen andern Ma¬
joratsherrn aufzuſtellen, ſey ganz gleichguͤltig, nur
werde bemerkt, daß er ſelbſt, wie aus den nachge¬
laſſenen Papieren erforderlichen Falls nachgewieſen
werden koͤnne, eine Liebſchaft in der Schweiz gehabt
habe, und ſo ſey vielleicht der angebliche Bruders¬
ſohn der eigne, in einer verbotenen Liebe erzeugte,
dem er in einem Anfall von Reue das reiche Ma¬
jorat zuwenden wollen. —
So ſehr auch die Wahrſcheinlichkeit fuͤr die im
Teſtament behaupteten Umſtaͤnde ſprach, ſo ſehr
auch die Richter hauptſaͤchlich die letzte Wendung,
in der der Sohn ſich nicht ſcheute, den Verſtorbenen
eines Verbrechens anzuklagen, empoͤrte, ſo blieb
doch die Anſicht der Sache, wie ſie aufgeſtellt wor¬
den, die richtige, und nur den raſtloſen Bemuͤhun¬
gen V..s, der beſtimmten Verſicherung, daß der
die Legitimation des Freiherrn Roderich von R. be¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/227>, abgerufen am 23.11.2024.
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