wirkende Beweis in kurzer Zeit auf das bündigste geführt werden solle, konnte es gelingen, daß die Uebergabe des Majorats noch ausgesetzt und die Fortdauer der Administration bis nach entschiedener Sache verfügt wurde.
V. sah nur zu gut ein, wie schwer es ihm wer¬ den würde, sein Versprechen zu halten. Er hatte alle Briefschaften des alten Roderich durchstöbert, ohne die Spur eines Briefes oder sonst eines Auf¬ satzes zu finden, der Bezug auf jenes Verhältniß Wolfgangs mit dem Fräulein von St. Val gehabt hätte. Gedankenvoll saß er in R -- sitten in dem Schlafkabinett des alten Roderich, das er ganz durchsucht, und arbeitete an einem Aufsatze für den Notar in Genf, der ihm als ein scharfsinniger thätiger Mann empfohlen worden, und der ihm einige Notizen schaffen sollte, die die Sache des jungen Freiherrn ins Klare bringen konnten. -- Es war Mitternacht worden, der Vollmond schien hell hinein in den anstoßenden Saal, dessen Thür offen stand. Da war es, als schritte jemand langsam
wirkende Beweis in kurzer Zeit auf das buͤndigſte gefuͤhrt werden ſolle, konnte es gelingen, daß die Uebergabe des Majorats noch ausgeſetzt und die Fortdauer der Adminiſtration bis nach entſchiedener Sache verfuͤgt wurde.
V. ſah nur zu gut ein, wie ſchwer es ihm wer¬ den wuͤrde, ſein Verſprechen zu halten. Er hatte alle Briefſchaften des alten Roderich durchſtoͤbert, ohne die Spur eines Briefes oder ſonſt eines Auf¬ ſatzes zu finden, der Bezug auf jenes Verhaͤltniß Wolfgangs mit dem Fraͤulein von St. Val gehabt haͤtte. Gedankenvoll ſaß er in R — ſitten in dem Schlafkabinett des alten Roderich, das er ganz durchſucht, und arbeitete an einem Aufſatze fuͤr den Notar in Genf, der ihm als ein ſcharfſinniger thaͤtiger Mann empfohlen worden, und der ihm einige Notizen ſchaffen ſollte, die die Sache des jungen Freiherrn ins Klare bringen konnten. — Es war Mitternacht worden, der Vollmond ſchien hell hinein in den anſtoßenden Saal, deſſen Thuͤr offen ſtand. Da war es, als ſchritte jemand langſam
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wirkende Beweis in kurzer Zeit auf das buͤndigſte
gefuͤhrt werden ſolle, konnte es gelingen, daß die
Uebergabe des Majorats noch ausgeſetzt und die
Fortdauer der Adminiſtration bis nach entſchiedener
Sache verfuͤgt wurde.
V. ſah nur zu gut ein, wie ſchwer es ihm wer¬
den wuͤrde, ſein Verſprechen zu halten. Er hatte
alle Briefſchaften des alten Roderich durchſtoͤbert,
ohne die Spur eines Briefes oder ſonſt eines Auf¬
ſatzes zu finden, der Bezug auf jenes Verhaͤltniß
Wolfgangs mit dem Fraͤulein von St. Val gehabt
haͤtte. Gedankenvoll ſaß er in R — ſitten in
dem Schlafkabinett des alten Roderich, das er ganz
durchſucht, und arbeitete an einem Aufſatze fuͤr den
Notar in Genf, der ihm als ein ſcharfſinniger
thaͤtiger Mann empfohlen worden, und der ihm
einige Notizen ſchaffen ſollte, die die Sache des
jungen Freiherrn ins Klare bringen konnten. — Es
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hinein in den anſtoßenden Saal, deſſen Thuͤr offen
ſtand. Da war es, als ſchritte jemand langſam
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/228>, abgerufen am 23.11.2024.
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