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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Zimmer, um irgend eine sich auf den Hausstand
beziehende Anweisung einzuholen. Da faßte ihn
V. bei beiden Aermen, und fing an, indem er ihn
zutraulich in den Sessel niederdrückte: "Höre,
alter Freund Daniel! lange habe ich dich fragen
wollen, was hältst du denn von dem verworrenen
Kram, den uns Huberts sonderbares Testament
über den Hals gebracht hat? -- Glaubst du denn
wohl, daß der junge Mensch wirklich Wolfgangs
in rechtsgültiger Ehe erzeugter Sohn ist?" Der
Alte, sich über die Lehne des Stuhls wegbeugend
und V..s starr auf gerichteten Blicken aus¬
weichend, rief mürrisch: "Pah! -- er kann es
seyn; er kann es auch nicht seyn. Was schiert's
mich, mag nun hier Herr werden, wer da will." --
"Aber ich meine," fuhr V. fort, indem er dem
Alten näher rückte, und die Hand auf seine Schul¬
ter legte, "aber ich meine, da du des alten Frei¬
herrn ganzes Vertrauen hattest, so verschwieg er dir
gewiß nicht die Verhältnisse seiner Söhne. Er er¬
zählte dir von dem Bündniß, das Wolfgang wider

Zimmer, um irgend eine ſich auf den Hausſtand
beziehende Anweiſung einzuholen. Da faßte ihn
V. bei beiden Aermen, und fing an, indem er ihn
zutraulich in den Seſſel niederdruͤckte: „Hoͤre,
alter Freund Daniel! lange habe ich dich fragen
wollen, was haͤltſt du denn von dem verworrenen
Kram, den uns Huberts ſonderbares Teſtament
uͤber den Hals gebracht hat? — Glaubſt du denn
wohl, daß der junge Menſch wirklich Wolfgangs
in rechtsguͤltiger Ehe erzeugter Sohn iſt?“ Der
Alte, ſich uͤber die Lehne des Stuhls wegbeugend
und V..s ſtarr auf gerichteten Blicken aus¬
weichend, rief muͤrriſch: „Pah! — er kann es
ſeyn; er kann es auch nicht ſeyn. Was ſchiert's
mich, mag nun hier Herr werden, wer da will.“ —
„Aber ich meine,“ fuhr V. fort, indem er dem
Alten naͤher ruͤckte, und die Hand auf ſeine Schul¬
ter legte, „aber ich meine, da du des alten Frei¬
herrn ganzes Vertrauen hatteſt, ſo verſchwieg er dir
gewiß nicht die Verhaͤltniſſe ſeiner Soͤhne. Er er¬
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[224/0232] Zimmer, um irgend eine ſich auf den Hausſtand beziehende Anweiſung einzuholen. Da faßte ihn V. bei beiden Aermen, und fing an, indem er ihn zutraulich in den Seſſel niederdruͤckte: „Hoͤre, alter Freund Daniel! lange habe ich dich fragen wollen, was haͤltſt du denn von dem verworrenen Kram, den uns Huberts ſonderbares Teſtament uͤber den Hals gebracht hat? — Glaubſt du denn wohl, daß der junge Menſch wirklich Wolfgangs in rechtsguͤltiger Ehe erzeugter Sohn iſt?“ Der Alte, ſich uͤber die Lehne des Stuhls wegbeugend und V..s ſtarr auf gerichteten Blicken aus¬ weichend, rief muͤrriſch: „Pah! — er kann es ſeyn; er kann es auch nicht ſeyn. Was ſchiert's mich, mag nun hier Herr werden, wer da will.“ — „Aber ich meine,“ fuhr V. fort, indem er dem Alten naͤher ruͤckte, und die Hand auf ſeine Schul¬ ter legte, „aber ich meine, da du des alten Frei¬ herrn ganzes Vertrauen hatteſt, ſo verſchwieg er dir gewiß nicht die Verhaͤltniſſe ſeiner Soͤhne. Er er¬ zaͤhlte dir von dem Buͤndniß, das Wolfgang wider

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/232>, abgerufen am 23.11.2024.