an den Bürgermeister zu L. geschrieben, dort sollte Hermenegilda ihre Niederkunft abwarten und von der Aebtissin des Cisterzienser Klosters, einer Ver¬ wandten des Hauses, dahingebracht werden, wäh¬ rend die Fürstin nach Italien reiste, und angeblich Hermenegilda mitnahm. -- Es war Mitternacht, der Wagen, der Hermenegilda nach dem Kloster bringen sollte, stand vor der Thüre. Von Gram gebeugt erwartete Nepomuk, der Fürst, die Für¬ stin, das unglückliche Kind, um von ihr Abschied zu nehmen. Da trat sie in Schleier gehüllt, an der Hand des Mönchs, in das von Kerzen hell er¬ leuchtete Zimmer. Cyprianus sprach mit feierlicher Stimme: "Die Layenschwester Cölestina sündigte schwer, als sie sich noch in der Welt befand, denn der Frevel des Teufels befleckte ihr reines Gemüth, doch ein unauflösliches Gelübde bringt ihr Trost -- Ruhe und ewige Seligkeit! -- Nie wird die Welt mehr das Antlitz schauen, dessen Schönheit den Teufel anlockte -- Schaut her! -- so beginnt und vollendet Cölestina ihre Buße!" Damit hob
an den Buͤrgermeiſter zu L. geſchrieben, dort ſollte Hermenegilda ihre Niederkunft abwarten und von der Aebtiſſin des Ciſterzienſer Kloſters, einer Ver¬ wandten des Hauſes, dahingebracht werden, waͤh¬ rend die Fuͤrſtin nach Italien reiſte, und angeblich Hermenegilda mitnahm. — Es war Mitternacht, der Wagen, der Hermenegilda nach dem Kloſter bringen ſollte, ſtand vor der Thuͤre. Von Gram gebeugt erwartete Nepomuk, der Fuͤrſt, die Fuͤr¬ ſtin, das ungluͤckliche Kind, um von ihr Abſchied zu nehmen. Da trat ſie in Schleier gehuͤllt, an der Hand des Moͤnchs, in das von Kerzen hell er¬ leuchtete Zimmer. Cyprianus ſprach mit feierlicher Stimme: „Die Layenſchweſter Coͤleſtina ſuͤndigte ſchwer, als ſie ſich noch in der Welt befand, denn der Frevel des Teufels befleckte ihr reines Gemuͤth, doch ein unaufloͤsliches Geluͤbde bringt ihr Troſt — Ruhe und ewige Seligkeit! — Nie wird die Welt mehr das Antlitz ſchauen, deſſen Schoͤnheit den Teufel anlockte — Schaut her! — ſo beginnt und vollendet Coͤleſtina ihre Buße!“ Damit hob
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0327"n="319"/>
an den Buͤrgermeiſter zu L. geſchrieben, dort ſollte<lb/>
Hermenegilda ihre Niederkunft abwarten und von<lb/>
der Aebtiſſin des Ciſterzienſer Kloſters, einer Ver¬<lb/>
wandten des Hauſes, dahingebracht werden, waͤh¬<lb/>
rend die Fuͤrſtin nach Italien reiſte, und angeblich<lb/>
Hermenegilda mitnahm. — Es war Mitternacht,<lb/>
der Wagen, der Hermenegilda nach dem Kloſter<lb/>
bringen ſollte, ſtand vor der Thuͤre. Von Gram<lb/>
gebeugt erwartete Nepomuk, der Fuͤrſt, die Fuͤr¬<lb/>ſtin, das ungluͤckliche Kind, um von ihr Abſchied<lb/>
zu nehmen. Da trat ſie in Schleier gehuͤllt, an<lb/>
der Hand des Moͤnchs, in das von Kerzen hell er¬<lb/>
leuchtete Zimmer. Cyprianus ſprach mit feierlicher<lb/>
Stimme: „Die Layenſchweſter Coͤleſtina ſuͤndigte<lb/>ſchwer, als ſie ſich noch in der Welt befand, denn<lb/>
der Frevel des Teufels befleckte ihr reines Gemuͤth,<lb/>
doch ein unaufloͤsliches Geluͤbde bringt ihr Troſt<lb/>— Ruhe und ewige Seligkeit! — Nie wird die<lb/>
Welt mehr das Antlitz ſchauen, deſſen Schoͤnheit<lb/>
den Teufel anlockte — Schaut her! —ſo beginnt<lb/>
und vollendet Coͤleſtina ihre Buße!“ Damit hob<lb/></p></div></body></text></TEI>
[319/0327]
an den Buͤrgermeiſter zu L. geſchrieben, dort ſollte
Hermenegilda ihre Niederkunft abwarten und von
der Aebtiſſin des Ciſterzienſer Kloſters, einer Ver¬
wandten des Hauſes, dahingebracht werden, waͤh¬
rend die Fuͤrſtin nach Italien reiſte, und angeblich
Hermenegilda mitnahm. — Es war Mitternacht,
der Wagen, der Hermenegilda nach dem Kloſter
bringen ſollte, ſtand vor der Thuͤre. Von Gram
gebeugt erwartete Nepomuk, der Fuͤrſt, die Fuͤr¬
ſtin, das ungluͤckliche Kind, um von ihr Abſchied
zu nehmen. Da trat ſie in Schleier gehuͤllt, an
der Hand des Moͤnchs, in das von Kerzen hell er¬
leuchtete Zimmer. Cyprianus ſprach mit feierlicher
Stimme: „Die Layenſchweſter Coͤleſtina ſuͤndigte
ſchwer, als ſie ſich noch in der Welt befand, denn
der Frevel des Teufels befleckte ihr reines Gemuͤth,
doch ein unaufloͤsliches Geluͤbde bringt ihr Troſt
— Ruhe und ewige Seligkeit! — Nie wird die
Welt mehr das Antlitz ſchauen, deſſen Schoͤnheit
den Teufel anlockte — Schaut her! — ſo beginnt
und vollendet Coͤleſtina ihre Buße!“ Damit hob
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/327>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.