andern Tag in der Mittagsstunde die Allee durch¬ wandere und mein Blick schon in der Ferne sich unwillkürlich nach dem öden Hause richtet, sehe ich an dem letzten Fenster des obern Stocks etwas schimmern. -- Näher getreten bemerke ich, daß die äußere Jalousie ganz, der innere Vorhang halb aufgezogen ist. Der Diamant funkelt mir entge¬ gen. -- O Himmel! gestützt auf den Arm blickt mich wehmüthig flehend jenes Antlitz meiner Vision an. -- War es möglich in der auf und abwogen¬ den Masse stehen zu bleiben? -- In dem Augen¬ blick fiel mir die Bank ins Auge, die für die Lust¬ wandler in der Allee in der Richtung des öden Hauses, wiewohl man sich darauf niederlassend dem Hause den Rücken kehrte, angebracht war. Schnell sprang ich in die Allee, und mich über die Lehne der Bank wegbeugend konnt' ich nun ungestört nach dem verhängnißvollen Fenster schauen. Ja! Sie war es, das anmuthige, holdselige Mädchen, Zug für Zug! -- Nur schien ihr Blick ungewiß. -- Nicht nach mir, wie es vorhin schien, blickte sie,
andern Tag in der Mittagsſtunde die Allee durch¬ wandere und mein Blick ſchon in der Ferne ſich unwillkuͤrlich nach dem oͤden Hauſe richtet, ſehe ich an dem letzten Fenſter des obern Stocks etwas ſchimmern. — Naͤher getreten bemerke ich, daß die aͤußere Jalouſie ganz, der innere Vorhang halb aufgezogen iſt. Der Diamant funkelt mir entge¬ gen. — O Himmel! geſtuͤtzt auf den Arm blickt mich wehmuͤthig flehend jenes Antlitz meiner Viſion an. — War es moͤglich in der auf und abwogen¬ den Maſſe ſtehen zu bleiben? — In dem Augen¬ blick fiel mir die Bank ins Auge, die fuͤr die Luſt¬ wandler in der Allee in der Richtung des oͤden Hauſes, wiewohl man ſich darauf niederlaſſend dem Hauſe den Ruͤcken kehrte, angebracht war. Schnell ſprang ich in die Allee, und mich uͤber die Lehne der Bank wegbeugend konnt' ich nun ungeſtoͤrt nach dem verhaͤngnißvollen Fenſter ſchauen. Ja! Sie war es, das anmuthige, holdſelige Maͤdchen, Zug fuͤr Zug! — Nur ſchien ihr Blick ungewiß. — Nicht nach mir, wie es vorhin ſchien, blickte ſie,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0037"n="29"/>
andern Tag in der Mittagsſtunde die Allee durch¬<lb/>
wandere und mein Blick ſchon in der Ferne ſich<lb/>
unwillkuͤrlich nach dem oͤden Hauſe richtet, ſehe ich<lb/>
an dem letzten Fenſter des obern Stocks etwas<lb/>ſchimmern. — Naͤher getreten bemerke ich, daß<lb/>
die aͤußere Jalouſie ganz, der innere Vorhang halb<lb/>
aufgezogen iſt. Der Diamant funkelt mir entge¬<lb/>
gen. — O Himmel! geſtuͤtzt auf den Arm blickt<lb/>
mich wehmuͤthig flehend jenes Antlitz meiner Viſion<lb/>
an. — War es moͤglich in der auf und abwogen¬<lb/>
den Maſſe ſtehen zu bleiben? — In dem Augen¬<lb/>
blick fiel mir die Bank ins Auge, die fuͤr die Luſt¬<lb/>
wandler in der Allee in der Richtung des oͤden<lb/>
Hauſes, wiewohl man ſich darauf niederlaſſend dem<lb/>
Hauſe den Ruͤcken kehrte, angebracht war. Schnell<lb/>ſprang ich in die Allee, und mich uͤber die Lehne<lb/>
der Bank wegbeugend konnt' ich nun ungeſtoͤrt nach<lb/>
dem verhaͤngnißvollen Fenſter ſchauen. Ja! Sie<lb/>
war es, das anmuthige, holdſelige Maͤdchen, Zug<lb/>
fuͤr Zug! — Nur ſchien ihr Blick ungewiß. —<lb/>
Nicht nach mir, wie es vorhin ſchien, blickte ſie,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[29/0037]
andern Tag in der Mittagsſtunde die Allee durch¬
wandere und mein Blick ſchon in der Ferne ſich
unwillkuͤrlich nach dem oͤden Hauſe richtet, ſehe ich
an dem letzten Fenſter des obern Stocks etwas
ſchimmern. — Naͤher getreten bemerke ich, daß
die aͤußere Jalouſie ganz, der innere Vorhang halb
aufgezogen iſt. Der Diamant funkelt mir entge¬
gen. — O Himmel! geſtuͤtzt auf den Arm blickt
mich wehmuͤthig flehend jenes Antlitz meiner Viſion
an. — War es moͤglich in der auf und abwogen¬
den Maſſe ſtehen zu bleiben? — In dem Augen¬
blick fiel mir die Bank ins Auge, die fuͤr die Luſt¬
wandler in der Allee in der Richtung des oͤden
Hauſes, wiewohl man ſich darauf niederlaſſend dem
Hauſe den Ruͤcken kehrte, angebracht war. Schnell
ſprang ich in die Allee, und mich uͤber die Lehne
der Bank wegbeugend konnt' ich nun ungeſtoͤrt nach
dem verhaͤngnißvollen Fenſter ſchauen. Ja! Sie
war es, das anmuthige, holdſelige Maͤdchen, Zug
fuͤr Zug! — Nur ſchien ihr Blick ungewiß. —
Nicht nach mir, wie es vorhin ſchien, blickte ſie,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/37>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.