Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

hört' ich die zischenden Hiebe der Peitsche und das
Jammergeschrei der Alten. Laut wollte ich um
Hülfe rufen, als der Boden unter meinen Füßen
schwand, ich fiel eine Treppe herab und traf auf
eine Thür so hart, daß sie aufsprang und ich der
Länge nach in ein kleines Zimmer stürzte. An dem
Bette, das jemand so eben verlassen zu haben schien,
an dem kaffeebraunen, über einen Stuhl gehängten
Rocke mußte ich augenblicklich die Wohnung des
alten Hausverwalters erkennen. Wenige Augen¬
blicke nachher polterte es die Treppe herab, der
Hausverwalter stürzte herein und hin zu meinen
Füßen. "Um aller Seligkeit willen," flehte er mit
aufgehobenen Händen, "um aller Seligkeit willen,
wer Sie auch seyn mögen, wie der alte gnädige
Hexensatan Sie auch hieher gelockt haben mag,
verschweigen Sie, was hier geschehen, sonst kom¬
me ich um Amt und Brot! -- Die wahnsinnige
Excellenz ist abgestraft und liegt gebunden im Bette.
O schlafen Sie doch, geehrtester Herr! recht sanft
und süß. -- Ja ja, das thun Sie doch fein --

hoͤrt' ich die ziſchenden Hiebe der Peitſche und das
Jammergeſchrei der Alten. Laut wollte ich um
Huͤlfe rufen, als der Boden unter meinen Fuͤßen
ſchwand, ich fiel eine Treppe herab und traf auf
eine Thuͤr ſo hart, daß ſie aufſprang und ich der
Laͤnge nach in ein kleines Zimmer ſtuͤrzte. An dem
Bette, das jemand ſo eben verlaſſen zu haben ſchien,
an dem kaffeebraunen, uͤber einen Stuhl gehaͤngten
Rocke mußte ich augenblicklich die Wohnung des
alten Hausverwalters erkennen. Wenige Augen¬
blicke nachher polterte es die Treppe herab, der
Hausverwalter ſtuͤrzte herein und hin zu meinen
Fuͤßen. „Um aller Seligkeit willen,“ flehte er mit
aufgehobenen Haͤnden, „um aller Seligkeit willen,
wer Sie auch ſeyn moͤgen, wie der alte gnaͤdige
Hexenſatan Sie auch hieher gelockt haben mag,
verſchweigen Sie, was hier geſchehen, ſonſt kom¬
me ich um Amt und Brot! — Die wahnſinnige
Excellenz iſt abgeſtraft und liegt gebunden im Bette.
O ſchlafen Sie doch, geehrteſter Herr! recht ſanft
und ſuͤß. — Ja ja, das thun Sie doch fein —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="56"/>
ho&#x0364;rt' ich die zi&#x017F;chenden Hiebe der Peit&#x017F;che und das<lb/>
Jammerge&#x017F;chrei der Alten. Laut wollte ich um<lb/>
Hu&#x0364;lfe rufen, als der Boden unter meinen Fu&#x0364;ßen<lb/>
&#x017F;chwand, ich fiel eine <choice><sic>Teppe</sic><corr>Treppe</corr></choice> herab und traf auf<lb/>
eine Thu&#x0364;r &#x017F;o hart, daß &#x017F;ie auf&#x017F;prang und ich der<lb/>
La&#x0364;nge nach in ein kleines Zimmer &#x017F;tu&#x0364;rzte. An dem<lb/>
Bette, das jemand &#x017F;o eben verla&#x017F;&#x017F;en zu haben &#x017F;chien,<lb/>
an dem kaffeebraunen, u&#x0364;ber einen Stuhl geha&#x0364;ngten<lb/>
Rocke mußte ich augenblicklich die Wohnung des<lb/>
alten Hausverwalters erkennen. Wenige Augen¬<lb/>
blicke nachher polterte es die Treppe herab, der<lb/>
Hausverwalter &#x017F;tu&#x0364;rzte herein und hin zu meinen<lb/>
Fu&#x0364;ßen. &#x201E;Um aller Seligkeit willen,&#x201C; flehte er mit<lb/>
aufgehobenen Ha&#x0364;nden, &#x201E;um aller Seligkeit willen,<lb/>
wer Sie auch &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, wie der alte gna&#x0364;dige<lb/>
Hexen&#x017F;atan Sie auch hieher gelockt haben mag,<lb/>
ver&#x017F;chweigen Sie, was hier ge&#x017F;chehen, &#x017F;on&#x017F;t kom¬<lb/>
me ich um Amt und Brot! &#x2014; Die wahn&#x017F;innige<lb/>
Excellenz i&#x017F;t abge&#x017F;traft und liegt gebunden im Bette.<lb/>
O &#x017F;chlafen Sie doch, geehrte&#x017F;ter Herr! recht &#x017F;anft<lb/>
und &#x017F;u&#x0364;ß. &#x2014; Ja ja, das thun Sie doch fein &#x2014;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0064] hoͤrt' ich die ziſchenden Hiebe der Peitſche und das Jammergeſchrei der Alten. Laut wollte ich um Huͤlfe rufen, als der Boden unter meinen Fuͤßen ſchwand, ich fiel eine Treppe herab und traf auf eine Thuͤr ſo hart, daß ſie aufſprang und ich der Laͤnge nach in ein kleines Zimmer ſtuͤrzte. An dem Bette, das jemand ſo eben verlaſſen zu haben ſchien, an dem kaffeebraunen, uͤber einen Stuhl gehaͤngten Rocke mußte ich augenblicklich die Wohnung des alten Hausverwalters erkennen. Wenige Augen¬ blicke nachher polterte es die Treppe herab, der Hausverwalter ſtuͤrzte herein und hin zu meinen Fuͤßen. „Um aller Seligkeit willen,“ flehte er mit aufgehobenen Haͤnden, „um aller Seligkeit willen, wer Sie auch ſeyn moͤgen, wie der alte gnaͤdige Hexenſatan Sie auch hieher gelockt haben mag, verſchweigen Sie, was hier geſchehen, ſonſt kom¬ me ich um Amt und Brot! — Die wahnſinnige Excellenz iſt abgeſtraft und liegt gebunden im Bette. O ſchlafen Sie doch, geehrteſter Herr! recht ſanft und ſuͤß. — Ja ja, das thun Sie doch fein —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/64
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/64>, abgerufen am 18.12.2024.