bar wahnsinnig, eingesperrt gehalten wird? -- Heute Morgen waren beide, Mutter und Tochter, bey der Unglücklichen. Der alte Hausverwalter, der einzige, der den gewaltsamen Ausbrüchen des Wahnsinns der Gräfin zu steuern wußte, und dem daher die Aufsicht über sie übertragen wurde, liegt todtkrank, und man sagt, daß die Schwester end¬ lich dem Doktor K. das Geheimniß anvertraut, und daß dieser noch die letzten Mittel versuchen wird, die Kranke, wo nicht herzustellen, doch von der entsetzlichen Tobsucht, in die sie zuweilen ausbre¬ chen soll, zu retten. Mehr weiß ich vor der Hand nicht." -- Andere traten hinzu, das Gespräch brach ab. -- Doktor K. war nun gerade derjenige, an den ich mich, meines räthselhaften Zustandes halber, gewandt, und Ihr möget Euch wohl vor¬ stellen, daß ich, so bald es seyn konnte, zu ihm eilte, und alles, was mir seit der Zeit widerfahren, getreulich erzählte. Ich forderte ihn auf zu meiner Beruhigung, so viel als er von der wahnsinnigen Alten wisse, zu sagen, und er nahm keinen Anstand,
bar wahnſinnig, eingeſperrt gehalten wird? — Heute Morgen waren beide, Mutter und Tochter, bey der Ungluͤcklichen. Der alte Hausverwalter, der einzige, der den gewaltſamen Ausbruͤchen des Wahnſinns der Graͤfin zu ſteuern wußte, und dem daher die Aufſicht uͤber ſie uͤbertragen wurde, liegt todtkrank, und man ſagt, daß die Schweſter end¬ lich dem Doktor K. das Geheimniß anvertraut, und daß dieſer noch die letzten Mittel verſuchen wird, die Kranke, wo nicht herzuſtellen, doch von der entſetzlichen Tobſucht, in die ſie zuweilen ausbre¬ chen ſoll, zu retten. Mehr weiß ich vor der Hand nicht.“ — Andere traten hinzu, das Geſpraͤch brach ab. — Doktor K. war nun gerade derjenige, an den ich mich, meines raͤthſelhaften Zuſtandes halber, gewandt, und Ihr moͤget Euch wohl vor¬ ſtellen, daß ich, ſo bald es ſeyn konnte, zu ihm eilte, und alles, was mir ſeit der Zeit widerfahren, getreulich erzaͤhlte. Ich forderte ihn auf zu meiner Beruhigung, ſo viel als er von der wahnſinnigen Alten wiſſe, zu ſagen, und er nahm keinen Anſtand,
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bar wahnſinnig, eingeſperrt gehalten wird? —
Heute Morgen waren beide, Mutter und Tochter,
bey der Ungluͤcklichen. Der alte Hausverwalter,
der einzige, der den gewaltſamen Ausbruͤchen des
Wahnſinns der Graͤfin zu ſteuern wußte, und dem
daher die Aufſicht uͤber ſie uͤbertragen wurde, liegt
todtkrank, und man ſagt, daß die Schweſter end¬
lich dem Doktor K. das Geheimniß anvertraut,
und daß dieſer noch die letzten Mittel verſuchen wird,
die Kranke, wo nicht herzuſtellen, doch von der
entſetzlichen Tobſucht, in die ſie zuweilen ausbre¬
chen ſoll, zu retten. Mehr weiß ich vor der Hand
nicht.“ — Andere traten hinzu, das Geſpraͤch
brach ab. — Doktor K. war nun gerade derjenige,
an den ich mich, meines raͤthſelhaften Zuſtandes
halber, gewandt, und Ihr moͤget Euch wohl vor¬
ſtellen, daß ich, ſo bald es ſeyn konnte, zu ihm
eilte, und alles, was mir ſeit der Zeit widerfahren,
getreulich erzaͤhlte. Ich forderte ihn auf zu meiner
Beruhigung, ſo viel als er von der wahnſinnigen
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/70>, abgerufen am 21.11.2024.
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