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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Monat zu Monat. Vergebens bot man ihm das Doppelte für die Arbeit, nicht einen Louis mehr als den bedungenen Preis wollte er nehmen. Mußte er dann endlich dem Andringen des Bestellers weichen und den Schmuck herausgeben, so konnte er sich aller Zeichen des tiefsten Verdrusses, ja einer innern Wuth, die in ihm kochte, nicht erwehren. Hatte er ein bedeutenderes, vorzüglich reiches Werk, vielleicht viele Tausende an Werth bei der Kostbarkeit der Juwelen, bei der überzierlichen Goldarbeit, abliefern müssen, so war er im Stande, wie unsinnig umherzulaufen, sich, seine Arbeit, Alles um sich her verwünschend. Aber so wie Einer hinter ihm herrannte und laut schrie: Rene Cardillac, möchtet Ihr nicht einen schönen Halsschmuck machen für meine Braut -- Armbänder für mein Mädchen u. s. w., dann stand er plötzlich still, blitzte Den an mit seinen kleinen Augen und fragte, die Hände reibend: Was habt Ihr denn? Der zieht nun ein Schächtelchen hervor und spricht: Hier sind Juwelen, viel Sonderliches ist es nicht, gemeines Zeug, doch unter Euern Händen -- Cardillac läßt ihn nicht ausreden, reißt ihm das Schächtelchen aus den Händen, nimmt die Juwelen heraus, die wirklich nicht viel werth sind, hält sie gegen das Licht und ruft voll Entzücken: Ho ho -- gemeines Zeug? -- mit nichten! -- Hübsche Steine -- herrliche Steine, laßt mich nur machen! -- und wenn es Euch auf eine Handvoll Louis nicht ankommt, so will ich noch ein Paar Steinchen hineinbringen, die Euch in die Augen funkeln sollen

Monat zu Monat. Vergebens bot man ihm das Doppelte für die Arbeit, nicht einen Louis mehr als den bedungenen Preis wollte er nehmen. Mußte er dann endlich dem Andringen des Bestellers weichen und den Schmuck herausgeben, so konnte er sich aller Zeichen des tiefsten Verdrusses, ja einer innern Wuth, die in ihm kochte, nicht erwehren. Hatte er ein bedeutenderes, vorzüglich reiches Werk, vielleicht viele Tausende an Werth bei der Kostbarkeit der Juwelen, bei der überzierlichen Goldarbeit, abliefern müssen, so war er im Stande, wie unsinnig umherzulaufen, sich, seine Arbeit, Alles um sich her verwünschend. Aber so wie Einer hinter ihm herrannte und laut schrie: René Cardillac, möchtet Ihr nicht einen schönen Halsschmuck machen für meine Braut — Armbänder für mein Mädchen u. s. w., dann stand er plötzlich still, blitzte Den an mit seinen kleinen Augen und fragte, die Hände reibend: Was habt Ihr denn? Der zieht nun ein Schächtelchen hervor und spricht: Hier sind Juwelen, viel Sonderliches ist es nicht, gemeines Zeug, doch unter Euern Händen — Cardillac läßt ihn nicht ausreden, reißt ihm das Schächtelchen aus den Händen, nimmt die Juwelen heraus, die wirklich nicht viel werth sind, hält sie gegen das Licht und ruft voll Entzücken: Ho ho — gemeines Zeug? — mit nichten! — Hübsche Steine — herrliche Steine, laßt mich nur machen! — und wenn es Euch auf eine Handvoll Louis nicht ankommt, so will ich noch ein Paar Steinchen hineinbringen, die Euch in die Augen funkeln sollen

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[0039] Monat zu Monat. Vergebens bot man ihm das Doppelte für die Arbeit, nicht einen Louis mehr als den bedungenen Preis wollte er nehmen. Mußte er dann endlich dem Andringen des Bestellers weichen und den Schmuck herausgeben, so konnte er sich aller Zeichen des tiefsten Verdrusses, ja einer innern Wuth, die in ihm kochte, nicht erwehren. Hatte er ein bedeutenderes, vorzüglich reiches Werk, vielleicht viele Tausende an Werth bei der Kostbarkeit der Juwelen, bei der überzierlichen Goldarbeit, abliefern müssen, so war er im Stande, wie unsinnig umherzulaufen, sich, seine Arbeit, Alles um sich her verwünschend. Aber so wie Einer hinter ihm herrannte und laut schrie: René Cardillac, möchtet Ihr nicht einen schönen Halsschmuck machen für meine Braut — Armbänder für mein Mädchen u. s. w., dann stand er plötzlich still, blitzte Den an mit seinen kleinen Augen und fragte, die Hände reibend: Was habt Ihr denn? Der zieht nun ein Schächtelchen hervor und spricht: Hier sind Juwelen, viel Sonderliches ist es nicht, gemeines Zeug, doch unter Euern Händen — Cardillac läßt ihn nicht ausreden, reißt ihm das Schächtelchen aus den Händen, nimmt die Juwelen heraus, die wirklich nicht viel werth sind, hält sie gegen das Licht und ruft voll Entzücken: Ho ho — gemeines Zeug? — mit nichten! — Hübsche Steine — herrliche Steine, laßt mich nur machen! — und wenn es Euch auf eine Handvoll Louis nicht ankommt, so will ich noch ein Paar Steinchen hineinbringen, die Euch in die Augen funkeln sollen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:42:57Z)

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/39>, abgerufen am 27.04.2024.