Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Verliebte Gedichte. Dergleichen Thetis auch/ wenn sie sich pflegt zu baden/bald aus der see erhebt/ bald wieder unterdrückt. Wie glücklich mag der seyn/ der deine schönheit schauet? Wie selig aber der so deine rechte küßt? Ja welcher seine lust auff deinen brüsten bauet/ Da gläub ich/ daß gewiß derselb halb göttlich ist. Ach solte sich mein fuß mit deinen schenckeln paaren/ Und liessest du/ mein kind/ mich völlig zu dir ein! Was meynst du würde mir alsdenn wohl wiederfahren? Ich würde gar vielleicht mehr als unsterblich seyn. Psyche. Ich geh in einem meer/ das voll verwunderns/ unter/ Vor sachen/ die ich nicht versteh/ erstarr ich recht; Bald komm ich aus mir selbst/ bald werd ich wieder munter/ Weil kein geborgtes lob mir meine sinnen schwächt. Wie ist es? sucht dein mund mich etwan zu bethören? Weil er ein iedes wort mit schmeichel-farbe ziert. Sag an/ was ist es denn? ich muß es endlich hören; Denn wer zuvor nicht beicht/ der wird nicht absolvirt. Thyrsis. Komm/ meine schöne/ komm! Hier unter diesen fichten/ Das/ was ich sagen will/ geht mich und dich nur an. Psyche. Was wilt du da mit mir/ du loser schalck/ verrichten? Ich weiß nicht/ ob ich dir so leichtlich trauen kan. Thyrsis. Komm nur/ du wirst es ja schon selbst bey zeiten sehen/ Und fürchte dich vor nichts/ dieweil ich bey dir bin. Psyche. Ja eben fürcht ich mich vor dir mit dir zu gehen. Doch mag es seyn gewagt. Ich folge deinem sinn. Thyrsis. Mein/ setze dich zu mir hier unter diesen eichen/ Wo uns die Flora selbst ein buntes küssen schenckt. Psyche. Was nimmst du kühner vor? was suchst du zu erschleichen? Daß unter meinem rock sich deine rechte senckt. Thyr-
Verliebte Gedichte. Dergleichen Thetis auch/ wenn ſie ſich pflegt zu baden/bald aus der ſee erhebt/ bald wieder unterdruͤckt. Wie gluͤcklich mag der ſeyn/ der deine ſchoͤnheit ſchauet? Wie ſelig aber der ſo deine rechte kuͤßt? Ja welcher ſeine luſt auff deinen bruͤſten bauet/ Da glaͤub ich/ daß gewiß derſelb halb goͤttlich iſt. Ach ſolte ſich mein fuß mit deinen ſchenckeln paaren/ Und lieſſeſt du/ mein kind/ mich voͤllig zu dir ein! Was meynſt du wuͤrde mir alsdenn wohl wiederfahren? Ich wuͤrde gar vielleicht mehr als unſterblich ſeyn. Pſyche. Ich geh in einem meer/ das voll verwunderns/ unter/ Vor ſachen/ die ich nicht verſteh/ erſtarr ich recht; Bald komm ich aus mir ſelbſt/ bald werd ich wieder munter/ Weil kein geborgtes lob mir meine ſinnen ſchwaͤcht. Wie iſt es? ſucht dein mund mich etwan zu bethoͤren? Weil er ein iedes wort mit ſchmeichel-farbe ziert. Sag an/ was iſt es denn? ich muß es endlich hoͤren; Denn wer zuvor nicht beicht/ der wird nicht abſolvirt. Thyrſis. Komm/ meine ſchoͤne/ komm! Hier unter dieſen fichten/ Das/ was ich ſagen will/ geht mich und dich nur an. Pſyche. Was wilt du da mit mir/ du loſer ſchalck/ verrichten? Ich weiß nicht/ ob ich dir ſo leichtlich trauen kan. Thyrſis. Komm nur/ du wirſt es ja ſchon ſelbſt bey zeiten ſehen/ Und fuͤrchte dich vor nichts/ dieweil ich bey dir bin. Pſyche. Ja eben fuͤrcht ich mich vor dir mit dir zu gehen. Doch mag es ſeyn gewagt. Ich folge deinem ſinn. Thyrſis. Mein/ ſetze dich zu mir hier unter dieſen eichen/ Wo uns die Flora ſelbſt ein buntes kuͤſſen ſchenckt. Pſyche. Was nimmſt du kuͤhner vor? was ſuchſt du zu erſchleichen? Daß unter meinem rock ſich deine rechte ſenckt. Thyr-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="1"> <sp who="#Thyr"> <lg n="19"> <pb facs="#f0121" n="77"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Verliebte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Dergleichen Thetis auch/ wenn ſie ſich pflegt zu baden/</l><lb/> <l>bald aus der ſee erhebt/ bald wieder unterdruͤckt.</l><lb/> <l>Wie gluͤcklich mag der ſeyn/ der deine ſchoͤnheit ſchauet?</l><lb/> <l>Wie ſelig aber der ſo deine rechte kuͤßt?</l><lb/> <l>Ja welcher ſeine luſt auff deinen bruͤſten bauet/</l><lb/> <l>Da glaͤub ich/ daß gewiß derſelb halb goͤttlich iſt.</l><lb/> <l>Ach ſolte ſich mein fuß mit deinen ſchenckeln paaren/</l><lb/> <l>Und lieſſeſt du/ mein kind/ mich voͤllig zu dir ein!</l><lb/> <l>Was meynſt du wuͤrde mir alsdenn wohl wiederfahren?</l><lb/> <l>Ich wuͤrde gar vielleicht mehr als unſterblich ſeyn.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Psyche"> <speaker>Pſyche.</speaker><lb/> <lg n="20"> <l>Ich geh in einem meer/ das voll verwunderns/ unter/</l><lb/> <l>Vor ſachen/ die ich nicht verſteh/ erſtarr ich recht;</l><lb/> <l>Bald komm ich aus mir ſelbſt/ bald werd ich wieder munter/</l><lb/> <l>Weil kein geborgtes lob mir meine ſinnen ſchwaͤcht.</l><lb/> <l>Wie iſt es? ſucht dein mund mich etwan zu bethoͤren?</l><lb/> <l>Weil er ein iedes wort mit ſchmeichel-farbe ziert.</l><lb/> <l>Sag an/ was iſt es denn? ich muß es endlich hoͤren;</l><lb/> <l>Denn wer zuvor nicht beicht/ der wird nicht abſolvirt.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Thyr"> <speaker>Thyrſis.</speaker><lb/> <lg n="21"> <l>Komm/ meine ſchoͤne/ komm! Hier unter dieſen fichten/</l><lb/> <l>Das/ was ich ſagen will/ geht mich und dich nur an.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Psyche"> <speaker>Pſyche.</speaker><lb/> <lg n="22"> <l>Was wilt du da mit mir/ du loſer ſchalck/ verrichten?</l><lb/> <l>Ich weiß nicht/ ob ich dir ſo leichtlich trauen kan.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Thyr"> <speaker>Thyrſis.</speaker><lb/> <lg n="23"> <l>Komm nur/ du wirſt es ja ſchon ſelbſt bey zeiten ſehen/</l><lb/> <l>Und fuͤrchte dich vor nichts/ dieweil ich bey dir bin.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Psyche"> <speaker>Pſyche.</speaker><lb/> <lg n="24"> <l>Ja eben fuͤrcht ich mich vor dir mit dir zu gehen.</l><lb/> <l>Doch mag es ſeyn gewagt. Ich folge deinem ſinn.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Thyr"> <speaker>Thyrſis.</speaker><lb/> <lg n="25"> <l>Mein/ ſetze dich zu mir hier unter dieſen eichen/</l><lb/> <l>Wo uns die Flora ſelbſt ein buntes kuͤſſen ſchenckt.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#Psyche"> <speaker>Pſyche.</speaker><lb/> <lg n="26"> <l>Was nimmſt du kuͤhner vor? was ſuchſt du zu erſchleichen?</l><lb/> <l>Daß unter meinem rock ſich deine rechte ſenckt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Thyr-</fw><lb/> </sp> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [77/0121]
Verliebte Gedichte.
Dergleichen Thetis auch/ wenn ſie ſich pflegt zu baden/
bald aus der ſee erhebt/ bald wieder unterdruͤckt.
Wie gluͤcklich mag der ſeyn/ der deine ſchoͤnheit ſchauet?
Wie ſelig aber der ſo deine rechte kuͤßt?
Ja welcher ſeine luſt auff deinen bruͤſten bauet/
Da glaͤub ich/ daß gewiß derſelb halb goͤttlich iſt.
Ach ſolte ſich mein fuß mit deinen ſchenckeln paaren/
Und lieſſeſt du/ mein kind/ mich voͤllig zu dir ein!
Was meynſt du wuͤrde mir alsdenn wohl wiederfahren?
Ich wuͤrde gar vielleicht mehr als unſterblich ſeyn.
Pſyche.
Ich geh in einem meer/ das voll verwunderns/ unter/
Vor ſachen/ die ich nicht verſteh/ erſtarr ich recht;
Bald komm ich aus mir ſelbſt/ bald werd ich wieder munter/
Weil kein geborgtes lob mir meine ſinnen ſchwaͤcht.
Wie iſt es? ſucht dein mund mich etwan zu bethoͤren?
Weil er ein iedes wort mit ſchmeichel-farbe ziert.
Sag an/ was iſt es denn? ich muß es endlich hoͤren;
Denn wer zuvor nicht beicht/ der wird nicht abſolvirt.
Thyrſis.
Komm/ meine ſchoͤne/ komm! Hier unter dieſen fichten/
Das/ was ich ſagen will/ geht mich und dich nur an.
Pſyche.
Was wilt du da mit mir/ du loſer ſchalck/ verrichten?
Ich weiß nicht/ ob ich dir ſo leichtlich trauen kan.
Thyrſis.
Komm nur/ du wirſt es ja ſchon ſelbſt bey zeiten ſehen/
Und fuͤrchte dich vor nichts/ dieweil ich bey dir bin.
Pſyche.
Ja eben fuͤrcht ich mich vor dir mit dir zu gehen.
Doch mag es ſeyn gewagt. Ich folge deinem ſinn.
Thyrſis.
Mein/ ſetze dich zu mir hier unter dieſen eichen/
Wo uns die Flora ſelbſt ein buntes kuͤſſen ſchenckt.
Pſyche.
Was nimmſt du kuͤhner vor? was ſuchſt du zu erſchleichen?
Daß unter meinem rock ſich deine rechte ſenckt.
Thyr-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |