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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vorrede.
zum dichten ermahnten/ welche die natur dazu er-
kohren/ andere aber bloß einen verß recht urtheilen
und unterscheiden lehrten/ so hätten sie dieser ent-
schuldigung nicht vonnöthen. Es sind keine seltza-
mere thiere/ als Poeten: Denn sie lassen sich/ wie
die paradieß-vögel/ alle tausend jahre kaum einmahl
sehen. Rom hatte bald acht hundert jahr gestan-
den/ ehe es den berühmten Virgilius erlebte; Und
es ist fast keine provintz/ welche uns nicht etliche
helden oder gelehrte gegeben; Aber der gantze kreyß
der welt rühmt sich kaum etlicher rechtschaffenen
Poeten. Darum hat es so grosse noth nicht/ als
man meynet; Denn es gehört gar viel dazu/ ehe
man sich in der Poesie vertieffen kan. Daß aber
viel junge leute damit die zeit verderben/ und die an-
dern guten künste an die seite setzen/ rühret von der
unerfahrenheit ihrer lehrer her/ welche ihnen einbil-
den/ man brauche zum dichten nichts/ als verße ma-
chen; da sich doch alle wissenschafften in einem Po-
eten/ nicht anders als in einem centro versammlen
müssen/ und derjenige nichts gutes schreiben kan/
welcher nicht alles/ was es schreibt/ mit augen ge-
sehen/ mit ohren gehöret/ und an seiner eigenen per-
son erfahren hat. Die fürnehmsten von den alten
Poeten lebten bey hofe/ und wurden durch öffteres
umgehen mit klugen leuten so ausgemustert/ daß sie
an die schulfüchsereyen/ mit welchen wir das papier
anietzt beklecken/ nicht einst gedachten. Sie hatten

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Vorrede.
zum dichten ermahnten/ welche die natur dazu er-
kohren/ andere aber bloß einen verß recht urtheilen
und unterſcheiden lehrten/ ſo haͤtten ſie dieſer ent-
ſchuldigung nicht vonnoͤthen. Es ſind keine ſeltza-
mere thiere/ als Poeten: Denn ſie laſſen ſich/ wie
die paradieß-voͤgel/ alle tauſend jahre kaum einmahl
ſehen. Rom hatte bald acht hundert jahr geſtan-
den/ ehe es den beruͤhmten Virgilius erlebte; Und
es iſt faſt keine provintz/ welche uns nicht etliche
helden oder gelehrte gegeben; Aber der gantze kreyß
der welt ruͤhmt ſich kaum etlicher rechtſchaffenen
Poeten. Darum hat es ſo groſſe noth nicht/ als
man meynet; Denn es gehoͤrt gar viel dazu/ ehe
man ſich in der Poeſie vertieffen kan. Daß aber
viel junge leute damit die zeit verderben/ und die an-
dern guten kuͤnſte an die ſeite ſetzen/ ruͤhret von der
unerfahrenheit ihrer lehrer her/ welche ihnen einbil-
den/ man brauche zum dichten nichts/ als verße ma-
chen; da ſich doch alle wiſſenſchafften in einem Po-
eten/ nicht anders als in einem centro verſammlen
muͤſſen/ und derjenige nichts gutes ſchreiben kan/
welcher nicht alles/ was es ſchreibt/ mit augen ge-
ſehen/ mit ohren gehoͤret/ und an ſeiner eigenen per-
ſon erfahren hat. Die fuͤrnehmſten von den alten
Poeten lebten bey hofe/ und wurden durch oͤffteres
umgehen mit klugen leuten ſo ausgemuſtert/ daß ſie
an die ſchulfuͤchſereyen/ mit welchen wir das papier
anietzt beklecken/ nicht einſt gedachten. Sie hatten

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[0015] Vorrede. zum dichten ermahnten/ welche die natur dazu er- kohren/ andere aber bloß einen verß recht urtheilen und unterſcheiden lehrten/ ſo haͤtten ſie dieſer ent- ſchuldigung nicht vonnoͤthen. Es ſind keine ſeltza- mere thiere/ als Poeten: Denn ſie laſſen ſich/ wie die paradieß-voͤgel/ alle tauſend jahre kaum einmahl ſehen. Rom hatte bald acht hundert jahr geſtan- den/ ehe es den beruͤhmten Virgilius erlebte; Und es iſt faſt keine provintz/ welche uns nicht etliche helden oder gelehrte gegeben; Aber der gantze kreyß der welt ruͤhmt ſich kaum etlicher rechtſchaffenen Poeten. Darum hat es ſo groſſe noth nicht/ als man meynet; Denn es gehoͤrt gar viel dazu/ ehe man ſich in der Poeſie vertieffen kan. Daß aber viel junge leute damit die zeit verderben/ und die an- dern guten kuͤnſte an die ſeite ſetzen/ ruͤhret von der unerfahrenheit ihrer lehrer her/ welche ihnen einbil- den/ man brauche zum dichten nichts/ als verße ma- chen; da ſich doch alle wiſſenſchafften in einem Po- eten/ nicht anders als in einem centro verſammlen muͤſſen/ und derjenige nichts gutes ſchreiben kan/ welcher nicht alles/ was es ſchreibt/ mit augen ge- ſehen/ mit ohren gehoͤret/ und an ſeiner eigenen per- ſon erfahren hat. Die fuͤrnehmſten von den alten Poeten lebten bey hofe/ und wurden durch oͤffteres umgehen mit klugen leuten ſo ausgemuſtert/ daß ſie an die ſchulfuͤchſereyen/ mit welchen wir das papier anietzt beklecken/ nicht einſt gedachten. Sie hatten da- a 5

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/15>, abgerufen am 21.11.2024.