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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
Zuletzt kommt Themis selbst und denn die tapfferkeit:
Die bricht den festen schild bey deiner grufft in stücken/
Und jene hat den leib mit flor und boy bestreut/
Und will dich noch als kind an ihre brüste drücken.
Diß schreib ich aber nicht/ was deiner brüder weh
Vor liebes-seuffzer läst nach deiner seele schiessen;
Noch wie die mutter selbst aus ihrer hertzens-see/
Das saltz der thränen läst als rundte perlen fliessen.
Ein offtbeklagter todt verdoppelt nur die pein/
Und der muß grausamer als rasende Cyrcassen/
Und unempfindlicher als wilde Mohren seyn/
Der nicht auff deinen ruhm soll frische thränen lassen.
Welch nebel aber klebt doch meinen augen an?
Genug/ betrübteste/ die thränen sind verstrichen:
Ihr allerliebster sohn tritt auff des himmels-bahn/
Und ist dem Ninive der erden ausgewichen.
Sein blut-bespritzter leib macht nun in JEsu schooß
Die rosen-rothe bach zu reinen silber-qvellen:
Nachdem die seele sich von allen sünden loß/
Vor GOttes augen kan in weissem atlas stellen.
Die engel waschen selbst der wunden scharlach ab/
Und lehren wie er soll dem höchsten opffer bringen;
Er/ der zu guter nacht/ durch das bedeckte grab/
An seine freunde noch läst diesen trost erklingen:
Adjeu! Ich lebe wohl; denn ist gleich meine brust/
So wie der abend-glantz bepurpert untergangen:
So glaubt/ daß nach der zeit die sonne meiner lust
Auch wie der morgen wird in vollem golde prangen.


Auff eben denselben.
WIe artig trifft der mensch doch mit den blumen ein/
Die heute prächtig stehn und morgen doch verschwinden!
Da lust und traurigkeit in stetem wechsel seyn/
Und sich die farben nur auff kurtze zeit verbinden.
Was arbeit kost es nicht/ eh man das dürre feld
Kan zu der nutzbarkeit der blumen tüchtig machen?
Was mühe steht es nicht/ eh wir die blinde welt
Und ihre phantasey recht wissen auszulachen?
Und

Begraͤbniß-Gedichte.
Zuletzt kommt Themis ſelbſt und denn die tapfferkeit:
Die bricht den feſten ſchild bey deiner grufft in ſtuͤcken/
Und jene hat den leib mit flor und boy beſtreut/
Und will dich noch als kind an ihre bruͤſte druͤcken.
Diß ſchreib ich aber nicht/ was deiner bruͤder weh
Vor liebes-ſeuffzer laͤſt nach deiner ſeele ſchieſſen;
Noch wie die mutter ſelbſt aus ihrer hertzens-ſee/
Das ſaltz der thraͤnen laͤſt als rundte perlen flieſſen.
Ein offtbeklagter todt verdoppelt nur die pein/
Und der muß grauſamer als raſende Cyrcaſſen/
Und unempfindlicher als wilde Mohren ſeyn/
Der nicht auff deinen ruhm ſoll friſche thraͤnen laſſen.
Welch nebel aber klebt doch meinen augen an?
Genug/ betruͤbteſte/ die thraͤnen ſind verſtrichen:
Ihr allerliebſter ſohn tritt auff des himmels-bahn/
Und iſt dem Ninive der erden ausgewichen.
Sein blut-beſpritzter leib macht nun in JEſu ſchooß
Die roſen-rothe bach zu reinen ſilber-qvellen:
Nachdem die ſeele ſich von allen ſuͤnden loß/
Vor GOttes augen kan in weiſſem atlas ſtellen.
Die engel waſchen ſelbſt der wunden ſcharlach ab/
Und lehren wie er ſoll dem hoͤchſten opffer bringen;
Er/ der zu guter nacht/ durch das bedeckte grab/
An ſeine freunde noch laͤſt dieſen troſt erklingen:
Adjeu! Ich lebe wohl; denn iſt gleich meine bruſt/
So wie der abend-glantz bepurpert untergangen:
So glaubt/ daß nach der zeit die ſonne meiner luſt
Auch wie der morgen wird in vollem golde prangen.


Auff eben denſelben.
WIe artig trifft der menſch doch mit den blumen ein/
Die heute praͤchtig ſtehn und morgen doch verſchwinden!
Da luſt und traurigkeit in ſtetem wechſel ſeyn/
Und ſich die farben nur auff kurtze zeit verbinden.
Was arbeit koſt es nicht/ eh man das duͤrre feld
Kan zu der nutzbarkeit der blumen tuͤchtig machen?
Was muͤhe ſteht es nicht/ eh wir die blinde welt
Und ihre phantaſey recht wiſſen auszulachen?
Und
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[124/0168] Begraͤbniß-Gedichte. Zuletzt kommt Themis ſelbſt und denn die tapfferkeit: Die bricht den feſten ſchild bey deiner grufft in ſtuͤcken/ Und jene hat den leib mit flor und boy beſtreut/ Und will dich noch als kind an ihre bruͤſte druͤcken. Diß ſchreib ich aber nicht/ was deiner bruͤder weh Vor liebes-ſeuffzer laͤſt nach deiner ſeele ſchieſſen; Noch wie die mutter ſelbſt aus ihrer hertzens-ſee/ Das ſaltz der thraͤnen laͤſt als rundte perlen flieſſen. Ein offtbeklagter todt verdoppelt nur die pein/ Und der muß grauſamer als raſende Cyrcaſſen/ Und unempfindlicher als wilde Mohren ſeyn/ Der nicht auff deinen ruhm ſoll friſche thraͤnen laſſen. Welch nebel aber klebt doch meinen augen an? Genug/ betruͤbteſte/ die thraͤnen ſind verſtrichen: Ihr allerliebſter ſohn tritt auff des himmels-bahn/ Und iſt dem Ninive der erden ausgewichen. Sein blut-beſpritzter leib macht nun in JEſu ſchooß Die roſen-rothe bach zu reinen ſilber-qvellen: Nachdem die ſeele ſich von allen ſuͤnden loß/ Vor GOttes augen kan in weiſſem atlas ſtellen. Die engel waſchen ſelbſt der wunden ſcharlach ab/ Und lehren wie er ſoll dem hoͤchſten opffer bringen; Er/ der zu guter nacht/ durch das bedeckte grab/ An ſeine freunde noch laͤſt dieſen troſt erklingen: Adjeu! Ich lebe wohl; denn iſt gleich meine bruſt/ So wie der abend-glantz bepurpert untergangen: So glaubt/ daß nach der zeit die ſonne meiner luſt Auch wie der morgen wird in vollem golde prangen. Auff eben denſelben. B. N. WIe artig trifft der menſch doch mit den blumen ein/ Die heute praͤchtig ſtehn und morgen doch verſchwinden! Da luſt und traurigkeit in ſtetem wechſel ſeyn/ Und ſich die farben nur auff kurtze zeit verbinden. Was arbeit koſt es nicht/ eh man das duͤrre feld Kan zu der nutzbarkeit der blumen tuͤchtig machen? Was muͤhe ſteht es nicht/ eh wir die blinde welt Und ihre phantaſey recht wiſſen auszulachen? Und

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/168>, abgerufen am 21.11.2024.