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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
Fuge, tace, quiesce.
Oder
Glücklicher Todes-kampff der seligen
Frauen von Meinders/ gebohrner von
Heydekampff.
WIr arme sterblichen/ wir haben aug' und licht/
Und dennoch fliegen wir wie mutten ins verderben.
Wir fühlen/ wenn der tod uns das genicke bricht/
Nicht aber allemahl/ wann unsre seelen sterben.
Wir riechen zwar das grab/ doch nicht die seuchen an;
Wir schmecken nur das gifft/ nicht aber seine lehren:
Ja/ da wir den Galen als einen gott verehren/
So wird dem Moses offt das ohre zugethan:
Und also sterben wir vor an verstand und sinnen/
Eh' unsre lippen schnee/ die glieder eiß gewinnen.
Daher entspringt die furcht des Dionysius/
Wenn er sein leben nicht will weib und kindern trauen;
Der irrthum/ daß Tiber die jahre Priamus/
Mecen sich lieber arm/ als sterbend/ wünscht zu schauen.
Daß Brutus wie ein bär nach fremden blute steigt/
Sich selbsten aber nicht zum tode kan entschliessen.
Ein Xerxes thränen läst um seine völcker fliessen/
Weil ihre sterblichkeit ihm etwan seine zeigt/
Und Massanissa sich mit grimmigen Molossen/
Wie Nero seinen leib mit deutscher macht umschlossen.
Ach aber/ thörichte! was seyd ihr doch bemüht
Diß krancke lazareth auff erden rum zu tragen/
Das aussen zwar die kunst mit scharlach überzieht/
Von innen aber gram und faule würmer nagen?
Es braucht nur einen tag/ uns in die trübe welt/
Und wieder aus der welt in himmel zu versetzen.
Der kennet die natur mit allen ihren schätzen/
Der nur ein eintzig jahr auff erden taffel hält;
Und wer den untergang von Troja hat gelesen/
Der weiß auch was die pracht der gantzen welt gewesen.
Man
Begraͤbniß-Gedichte.
Fuge, tace, quieſce.
Oder
Gluͤcklicher Todes-kampff der ſeligen
Frauen von Meinders/ gebohrner von
Heydekampff.
WIr arme ſterblichen/ wir haben aug’ und licht/
Und dennoch fliegen wir wie mutten ins verderben.
Wir fuͤhlen/ wenn der tod uns das genicke bricht/
Nicht aber allemahl/ wann unſre ſeelen ſterben.
Wir riechen zwar das grab/ doch nicht die ſeuchen an;
Wir ſchmecken nur das gifft/ nicht aber ſeine lehren:
Ja/ da wir den Galen als einen gott verehren/
So wird dem Moſes offt das ohre zugethan:
Und alſo ſterben wir vor an verſtand und ſinnen/
Eh’ unſre lippen ſchnee/ die glieder eiß gewinnen.
Daher entſpringt die furcht des Dionyſius/
Wenn er ſein leben nicht will weib und kindern trauen;
Der irrthum/ daß Tiber die jahre Priamus/
Mecen ſich lieber arm/ als ſterbend/ wuͤnſcht zu ſchauen.
Daß Brutus wie ein baͤr nach fremden blute ſteigt/
Sich ſelbſten aber nicht zum tode kan entſchlieſſen.
Ein Xerxes thraͤnen laͤſt um ſeine voͤlcker flieſſen/
Weil ihre ſterblichkeit ihm etwan ſeine zeigt/
Und Maſſaniſſa ſich mit grimmigen Moloſſen/
Wie Nero ſeinen leib mit deutſcher macht umſchloſſen.
Ach aber/ thoͤrichte! was ſeyd ihr doch bemuͤht
Diß krancke lazareth auff erden rum zu tragen/
Das auſſen zwar die kunſt mit ſcharlach uͤberzieht/
Von innen aber gram und faule wuͤrmer nagen?
Es braucht nur einen tag/ uns in die truͤbe welt/
Und wieder aus der welt in himmel zu verſetzen.
Der kennet die natur mit allen ihren ſchaͤtzen/
Der nur ein eintzig jahr auff erden taffel haͤlt;
Und wer den untergang von Troja hat geleſen/
Der weiß auch was die pracht der gantzen welt geweſen.
Man
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[134/0178] Begraͤbniß-Gedichte. Fuge, tace, quieſce. Oder Gluͤcklicher Todes-kampff der ſeligen Frauen von Meinders/ gebohrner von Heydekampff. B. N. WIr arme ſterblichen/ wir haben aug’ und licht/ Und dennoch fliegen wir wie mutten ins verderben. Wir fuͤhlen/ wenn der tod uns das genicke bricht/ Nicht aber allemahl/ wann unſre ſeelen ſterben. Wir riechen zwar das grab/ doch nicht die ſeuchen an; Wir ſchmecken nur das gifft/ nicht aber ſeine lehren: Ja/ da wir den Galen als einen gott verehren/ So wird dem Moſes offt das ohre zugethan: Und alſo ſterben wir vor an verſtand und ſinnen/ Eh’ unſre lippen ſchnee/ die glieder eiß gewinnen. Daher entſpringt die furcht des Dionyſius/ Wenn er ſein leben nicht will weib und kindern trauen; Der irrthum/ daß Tiber die jahre Priamus/ Mecen ſich lieber arm/ als ſterbend/ wuͤnſcht zu ſchauen. Daß Brutus wie ein baͤr nach fremden blute ſteigt/ Sich ſelbſten aber nicht zum tode kan entſchlieſſen. Ein Xerxes thraͤnen laͤſt um ſeine voͤlcker flieſſen/ Weil ihre ſterblichkeit ihm etwan ſeine zeigt/ Und Maſſaniſſa ſich mit grimmigen Moloſſen/ Wie Nero ſeinen leib mit deutſcher macht umſchloſſen. Ach aber/ thoͤrichte! was ſeyd ihr doch bemuͤht Diß krancke lazareth auff erden rum zu tragen/ Das auſſen zwar die kunſt mit ſcharlach uͤberzieht/ Von innen aber gram und faule wuͤrmer nagen? Es braucht nur einen tag/ uns in die truͤbe welt/ Und wieder aus der welt in himmel zu verſetzen. Der kennet die natur mit allen ihren ſchaͤtzen/ Der nur ein eintzig jahr auff erden taffel haͤlt; Und wer den untergang von Troja hat geleſen/ Der weiß auch was die pracht der gantzen welt geweſen. Man

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/178>, abgerufen am 24.11.2024.