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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
Man falle wie man will/ durch pulver oder bley/
Man sterbe mit Hostil von donner oder plitzen;
Man bring' uns siedend ertzt und schweffel-suppen bey/
Und laß uns in der glut wie den Perillus schwitzen;
Rom sinne neue qvaal/ Carthago martern aus/
Der stoltze Sylla mag auff seinen hencker pochen/
Die Japonesen gifft und saure träncke kochen;
Es ist doch alles eins ob dieses knochen-haus/
Durch wasser oder feur/ früh oder spät verdirbet/
Wenn unsre seele nur nicht mit dem leibe stirbet.
Hier aber wancket offt die nadel der vernunfft;
Es ist nicht gleiche kunst zu sterben und zu leben.
Die Celten glaubten auch der seelen wiederkunfft/
Die sie zuweilen doch für wein und gold gegeben.
Der kühne Curtius springt willig in das grab/
Die Decier mit lust in ihrer feinde degen;
Saul will sich lieber selbst als seinen scepter legen;
Doch deren keiner nimmt an der erfahrung ab/
Daß/ wenn die sünde ruhm/ die natter kinder bringet/
Hier insgemein der leib/ und dort die seele springet.
Diß hat vor Zeiten schon die kluge welt bedacht/
Wenn Plato Gott und mensch zusammen lehrt verbinden.
Pythagoras die lust zu wilden thieren macht/
Und Zeno sich bemüht/ das höchste gut zu finden.
Die schrifft hat folgends sie darinnen ausgeübt;
Gott aber kan es uns mit dreyen worten lehren/
Wann er Arsenium läst diese stimme hören:
* Fleuch/ schweige still und ruh! denn wer den himmel liebt/
Der muß die sünden fliehn/ im creutze stille schweigen/
Und eher/ als Gott winckt/ nicht in die grube steigen.
Ihr/ die ihr geld und gut vor eure götter schätzt/
Aus manna wermuth macht/ den honigseim verbittert/
Die ordnung der natur aus ihren schrancken setzt/
Und wie ein pappel-strauch vor iedem winde zittert;
Die
* Arsenio einem hofmanne des Käysers Honorii/ ward diese
stimme zugeruffen: Fuge, tace, qviesce. Volaterr.
J 4
Begraͤbniß-Gedichte.
Man falle wie man will/ durch pulver oder bley/
Man ſterbe mit Hoſtil von donner oder plitzen;
Man bring’ uns ſiedend ertzt und ſchweffel-ſuppen bey/
Und laß uns in der glut wie den Perillus ſchwitzen;
Rom ſinne neue qvaal/ Carthago martern aus/
Der ſtoltze Sylla mag auff ſeinen hencker pochen/
Die Japoneſen gifft und ſaure traͤncke kochen;
Es iſt doch alles eins ob dieſes knochen-haus/
Durch waſſer oder feur/ fruͤh oder ſpaͤt verdirbet/
Wenn unſre ſeele nur nicht mit dem leibe ſtirbet.
Hier aber wancket offt die nadel der vernunfft;
Es iſt nicht gleiche kunſt zu ſterben und zu leben.
Die Celten glaubten auch der ſeelen wiederkunfft/
Die ſie zuweilen doch fuͤr wein und gold gegeben.
Der kuͤhne Curtius ſpringt willig in das grab/
Die Decier mit luſt in ihrer feinde degen;
Saul will ſich lieber ſelbſt als ſeinen ſcepter legen;
Doch deren keiner nimmt an der erfahrung ab/
Daß/ wenn die ſuͤnde ruhm/ die natter kinder bringet/
Hier insgemein der leib/ und dort die ſeele ſpringet.
Diß hat vor Zeiten ſchon die kluge welt bedacht/
Wenn Plato Gott und menſch zuſammen lehrt verbinden.
Pythagoras die luſt zu wilden thieren macht/
Und Zeno ſich bemuͤht/ das hoͤchſte gut zu finden.
Die ſchrifft hat folgends ſie darinnen ausgeuͤbt;
Gott aber kan es uns mit dreyen worten lehren/
Wann er Arſenium laͤſt dieſe ſtimme hoͤren:
* Fleuch/ ſchweige ſtill und ruh! denn wer den himmel liebt/
Der muß die ſuͤnden fliehn/ im creutze ſtille ſchweigen/
Und eher/ als Gott winckt/ nicht in die grube ſteigen.
Ihr/ die ihr geld und gut vor eure goͤtter ſchaͤtzt/
Aus manna wermuth macht/ den honigſeim verbittert/
Die ordnung der natur aus ihren ſchrancken ſetzt/
Und wie ein pappel-ſtrauch vor iedem winde zittert;
Die
* Arſenio einem hofmanne des Kaͤyſers Honorii/ ward dieſe
ſtimme zugeruffen: Fuge, tace, qvieſce. Volaterr.
J 4
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[135/0179] Begraͤbniß-Gedichte. Man falle wie man will/ durch pulver oder bley/ Man ſterbe mit Hoſtil von donner oder plitzen; Man bring’ uns ſiedend ertzt und ſchweffel-ſuppen bey/ Und laß uns in der glut wie den Perillus ſchwitzen; Rom ſinne neue qvaal/ Carthago martern aus/ Der ſtoltze Sylla mag auff ſeinen hencker pochen/ Die Japoneſen gifft und ſaure traͤncke kochen; Es iſt doch alles eins ob dieſes knochen-haus/ Durch waſſer oder feur/ fruͤh oder ſpaͤt verdirbet/ Wenn unſre ſeele nur nicht mit dem leibe ſtirbet. Hier aber wancket offt die nadel der vernunfft; Es iſt nicht gleiche kunſt zu ſterben und zu leben. Die Celten glaubten auch der ſeelen wiederkunfft/ Die ſie zuweilen doch fuͤr wein und gold gegeben. Der kuͤhne Curtius ſpringt willig in das grab/ Die Decier mit luſt in ihrer feinde degen; Saul will ſich lieber ſelbſt als ſeinen ſcepter legen; Doch deren keiner nimmt an der erfahrung ab/ Daß/ wenn die ſuͤnde ruhm/ die natter kinder bringet/ Hier insgemein der leib/ und dort die ſeele ſpringet. Diß hat vor Zeiten ſchon die kluge welt bedacht/ Wenn Plato Gott und menſch zuſammen lehrt verbinden. Pythagoras die luſt zu wilden thieren macht/ Und Zeno ſich bemuͤht/ das hoͤchſte gut zu finden. Die ſchrifft hat folgends ſie darinnen ausgeuͤbt; Gott aber kan es uns mit dreyen worten lehren/ Wann er Arſenium laͤſt dieſe ſtimme hoͤren: * Fleuch/ ſchweige ſtill und ruh! denn wer den himmel liebt/ Der muß die ſuͤnden fliehn/ im creutze ſtille ſchweigen/ Und eher/ als Gott winckt/ nicht in die grube ſteigen. Ihr/ die ihr geld und gut vor eure goͤtter ſchaͤtzt/ Aus manna wermuth macht/ den honigſeim verbittert/ Die ordnung der natur aus ihren ſchrancken ſetzt/ Und wie ein pappel-ſtrauch vor iedem winde zittert; Die * Arſenio einem hofmanne des Kaͤyſers Honorii/ ward dieſe ſtimme zugeruffen: Fuge, tace, qvieſce. Volaterr. J 4

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/179>, abgerufen am 21.11.2024.