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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Und wie sie uns entzückt zu dem geliebten trägt/
Hat selbst sie seine hand an Cloris leib gelegt.
Er zuckt und bebete/ wie leichte feder-flocken/
So sehr er es verlangt/ so war er doch erschrocken.
Er tappte wie ein mensch bey dicker finsterniß/
Und wagte nicht die hand/ wohin sie doch sich riß.
Was halff ihm alle furcht vor dem geliebten weibe?
Die finger glitten aus auff dem polirten leibe/
Und rollten mit gewalt vor das gelobte land/
Das eine hole faust in allem überspannt.
Du armer Celadon/ wie wurdest du betrogen!
Du wärest fast von glut und flammen ausgeflogen/
Wo du der finger brand zu kühlen hingesetzt/
Und was du/ aus der form/ für einen spring geschätzt.
Du fühltest zwar nur sammt und lauter weiche seide/
Du hattest in der hand den brunqvell aller freude;
Wo die ergötzligkeit von milch und honig rinnt;
Doch dessen sanffte flut mehr als der schwefel zündt.
Es war der kleine brunn die funcken-reiche stelle/
Wo Ethna feuer holt: die wunder-volle qvelle/
Wo Hecklens flammen-fluß aus schnee-gebirgen qvillt/
Und der dem Celadon die adern angefüllt.
Er wuste nicht was er vor hitze sollt beginnen;
Er fieng wie weiches wachs vor ohnmacht an zurinnen/
Und hätt/ ich weiß nicht was/ vor raserey vollbracht/
Wenn Cloris nicht davon zum unglück auffgewacht.
Sie stieß/ noch voller schlaffs/ mit ihren beyden händen/
Den frembd- und kühnen gast/ von ihren weissen lenden/
Der ihre zarte schooß durchwühlet und verheert/
Und sprach/ als sie ihn sah: du bist des stranges werth.
Hilff himmel! was ist das? Hast du den witz verlohren?
Ist diß die stete treu die du mir zugeschworen?
Hast du der Cloris zorn so wenig denn gescheut/
Daß du auch freventlich ihr heiligthum entweyht?
Daß du! welch eine that!     -     -     sie konte nicht mehr sprechen/
Und wolte sich an ihm mit ihren thränen rächen.
Sie sprang mit ungestüm von ihrem lager auff/
Und eylt aus seinem arm/ durch einen strengen lauff.
Alleine Celadon fiel gleich zu ihren füssen/
Und wuste selbige so fest an sich zuschliessen/
Daß sie/ was sie auch that/ bey ihm darnieder sanck/
Und er sie zum gehör nach vielen klagen zwang.
Er lag/ sie haltende/ vor den erzürnten knien/
Und sprach: Mein fehler wird zu groß von dir beschrien.

Ich
L 5

Vermiſchte Gedichte.
Und wie ſie uns entzuͤckt zu dem geliebten traͤgt/
Hat ſelbſt ſie ſeine hand an Cloris leib gelegt.
Er zuckt und bebete/ wie leichte feder-flocken/
So ſehr er es verlangt/ ſo war er doch erſchrocken.
Er tappte wie ein menſch bey dicker finſterniß/
Und wagte nicht die hand/ wohin ſie doch ſich riß.
Was halff ihm alle furcht vor dem geliebten weibe?
Die finger glitten aus auff dem polirten leibe/
Und rollten mit gewalt vor das gelobte land/
Das eine hole fauſt in allem uͤberſpannt.
Du armer Celadon/ wie wurdeſt du betrogen!
Du waͤreſt faſt von glut und flammen ausgeflogen/
Wo du der finger brand zu kuͤhlen hingeſetzt/
Und was du/ aus der form/ fuͤr einen ſpring geſchaͤtzt.
Du fuͤhlteſt zwar nur ſammt und lauter weiche ſeide/
Du hatteſt in der hand den brunqvell aller freude;
Wo die ergoͤtzligkeit von milch und honig rinnt;
Doch deſſen ſanffte flut mehr als der ſchwefel zuͤndt.
Es war der kleine brunn die funcken-reiche ſtelle/
Wo Ethna feuer holt: die wunder-volle qvelle/
Wo Hecklens flammen-fluß aus ſchnee-gebirgen qvillt/
Und der dem Celadon die adern angefuͤllt.
Er wuſte nicht was er vor hitze ſollt beginnen;
Er fieng wie weiches wachs vor ohnmacht an zurinnen/
Und haͤtt/ ich weiß nicht was/ vor raſerey vollbracht/
Wenn Cloris nicht davon zum ungluͤck auffgewacht.
Sie ſtieß/ noch voller ſchlaffs/ mit ihren beyden haͤnden/
Den frembd- und kuͤhnen gaſt/ von ihren weiſſen lenden/
Der ihre zarte ſchooß durchwuͤhlet und verheert/
Und ſprach/ als ſie ihn ſah: du biſt des ſtranges werth.
Hilff himmel! was iſt das? Haſt du den witz verlohren?
Iſt diß die ſtete treu die du mir zugeſchworen?
Haſt du der Cloris zorn ſo wenig denn geſcheut/
Daß du auch freventlich ihr heiligthum entweyht?
Daß du! welch eine that!     ⸗     ⸗     ſie konte nicht mehr ſprechen/
Und wolte ſich an ihm mit ihren thraͤnen raͤchen.
Sie ſprang mit ungeſtuͤm von ihrem lager auff/
Und eylt aus ſeinem arm/ durch einen ſtrengen lauff.
Alleine Celadon fiel gleich zu ihren fuͤſſen/
Und wuſte ſelbige ſo feſt an ſich zuſchlieſſen/
Daß ſie/ was ſie auch that/ bey ihm darnieder ſanck/
Und er ſie zum gehoͤr nach vielen klagen zwang.
Er lag/ ſie haltende/ vor den erzuͤrnten knien/
Und ſprach: Mein fehler wird zu groß von dir beſchrien.

Ich
L 5
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[169/0213] Vermiſchte Gedichte. Und wie ſie uns entzuͤckt zu dem geliebten traͤgt/ Hat ſelbſt ſie ſeine hand an Cloris leib gelegt. Er zuckt und bebete/ wie leichte feder-flocken/ So ſehr er es verlangt/ ſo war er doch erſchrocken. Er tappte wie ein menſch bey dicker finſterniß/ Und wagte nicht die hand/ wohin ſie doch ſich riß. Was halff ihm alle furcht vor dem geliebten weibe? Die finger glitten aus auff dem polirten leibe/ Und rollten mit gewalt vor das gelobte land/ Das eine hole fauſt in allem uͤberſpannt. Du armer Celadon/ wie wurdeſt du betrogen! Du waͤreſt faſt von glut und flammen ausgeflogen/ Wo du der finger brand zu kuͤhlen hingeſetzt/ Und was du/ aus der form/ fuͤr einen ſpring geſchaͤtzt. Du fuͤhlteſt zwar nur ſammt und lauter weiche ſeide/ Du hatteſt in der hand den brunqvell aller freude; Wo die ergoͤtzligkeit von milch und honig rinnt; Doch deſſen ſanffte flut mehr als der ſchwefel zuͤndt. Es war der kleine brunn die funcken-reiche ſtelle/ Wo Ethna feuer holt: die wunder-volle qvelle/ Wo Hecklens flammen-fluß aus ſchnee-gebirgen qvillt/ Und der dem Celadon die adern angefuͤllt. Er wuſte nicht was er vor hitze ſollt beginnen; Er fieng wie weiches wachs vor ohnmacht an zurinnen/ Und haͤtt/ ich weiß nicht was/ vor raſerey vollbracht/ Wenn Cloris nicht davon zum ungluͤck auffgewacht. Sie ſtieß/ noch voller ſchlaffs/ mit ihren beyden haͤnden/ Den frembd- und kuͤhnen gaſt/ von ihren weiſſen lenden/ Der ihre zarte ſchooß durchwuͤhlet und verheert/ Und ſprach/ als ſie ihn ſah: du biſt des ſtranges werth. Hilff himmel! was iſt das? Haſt du den witz verlohren? Iſt diß die ſtete treu die du mir zugeſchworen? Haſt du der Cloris zorn ſo wenig denn geſcheut/ Daß du auch freventlich ihr heiligthum entweyht? Daß du! welch eine that! ⸗ ⸗ ſie konte nicht mehr ſprechen/ Und wolte ſich an ihm mit ihren thraͤnen raͤchen. Sie ſprang mit ungeſtuͤm von ihrem lager auff/ Und eylt aus ſeinem arm/ durch einen ſtrengen lauff. Alleine Celadon fiel gleich zu ihren fuͤſſen/ Und wuſte ſelbige ſo feſt an ſich zuſchlieſſen/ Daß ſie/ was ſie auch that/ bey ihm darnieder ſanck/ Und er ſie zum gehoͤr nach vielen klagen zwang. Er lag/ ſie haltende/ vor den erzuͤrnten knien/ Und ſprach: Mein fehler wird zu groß von dir beſchrien. Ich L 5

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/213>, abgerufen am 23.11.2024.