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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Verliebte Arien.
Arie
Hertzogs Sylvius Friederick zur

Oelse auff seine Gemahlin.
ACh zürne nicht/ erlauchte Sylvia/
Daß dich ein mund/ der irrdisch ist/ will küssen/
Mein eigner trieb selbst trieb mich nicht so nah/
Des himmels schluß legt mich zu deinen füssen/
Der mich verblend aus dem gewichte reist/
Und lieben heist.
Ich habe gnug dir diese noth verhölt/
Wie aber kan das hertze länger schweigen?
Was das gesicht in der gestalt erzehlt/
Muß auch der mund mit blassen lippen zeigen/
Ach Sylvia! laß dir das müde flehn
Zu hertzen gehn.
Kan ich davor/ daß ich entzündet bin?
Dein heisser blick hat diesen brand erwecket;
Mit einem blick war auch mein hertze hin/
Wer weiß/ das feur in schnee und marmor stecket?
Ich hatte kaum ein aug auff dich gewand/
Und war entbrandt.
Ach Sylvia! erwege was es sey/
Zu seiner lust unschuld'ge seelen brennen/
Ich war vorhin von diesen zügen frey/
Mit dir hab ich sie erstlich lernen kennen/
So hasse denn nicht/ was du hast gemacht/
Und auffgebracht.
Der himmel weiß von keiner härtligkeit/
Er schlägt zwar ein/ doch löscht er auch mit regen/
Du bist ihm gleich/ du ausbund dieser zeit/
Laß dich doch auch zu gleicher lust bewegen/
Die hölle lehrt was wütet und zerbricht/
Der himmel nicht.
Die
Verliebte Arien.
Arie
Hertzogs Sylvius Friederick zur

Oelſe auff ſeine Gemahlin.
ACh zuͤrne nicht/ erlauchte Sylvia/
Daß dich ein mund/ der irrdiſch iſt/ will kuͤſſen/
Mein eigner trieb ſelbſt trieb mich nicht ſo nah/
Des himmels ſchluß legt mich zu deinen fuͤſſen/
Der mich verblend aus dem gewichte reiſt/
Und lieben heiſt.
Ich habe gnug dir dieſe noth verhoͤlt/
Wie aber kan das hertze laͤnger ſchweigen?
Was das geſicht in der geſtalt erzehlt/
Muß auch der mund mit blaſſen lippen zeigen/
Ach Sylvia! laß dir das muͤde flehn
Zu hertzen gehn.
Kan ich davor/ daß ich entzuͤndet bin?
Dein heiſſer blick hat dieſen brand erwecket;
Mit einem blick war auch mein hertze hin/
Wer weiß/ das feur in ſchnee und marmor ſtecket?
Ich hatte kaum ein aug auff dich gewand/
Und war entbrandt.
Ach Sylvia! erwege was es ſey/
Zu ſeiner luſt unſchuld’ge ſeelen brennen/
Ich war vorhin von dieſen zuͤgen frey/
Mit dir hab ich ſie erſtlich lernen kennen/
So haſſe denn nicht/ was du haſt gemacht/
Und auffgebracht.
Der himmel weiß von keiner haͤrtligkeit/
Er ſchlaͤgt zwar ein/ doch loͤſcht er auch mit regen/
Du biſt ihm gleich/ du ausbund dieſer zeit/
Laß dich doch auch zu gleicher luſt bewegen/
Die hoͤlle lehrt was wuͤtet und zerbricht/
Der himmel nicht.
Die
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[349/0393] Verliebte Arien. Arie Hertzogs Sylvius Friederick zur Oelſe auff ſeine Gemahlin. ACh zuͤrne nicht/ erlauchte Sylvia/ Daß dich ein mund/ der irrdiſch iſt/ will kuͤſſen/ Mein eigner trieb ſelbſt trieb mich nicht ſo nah/ Des himmels ſchluß legt mich zu deinen fuͤſſen/ Der mich verblend aus dem gewichte reiſt/ Und lieben heiſt. Ich habe gnug dir dieſe noth verhoͤlt/ Wie aber kan das hertze laͤnger ſchweigen? Was das geſicht in der geſtalt erzehlt/ Muß auch der mund mit blaſſen lippen zeigen/ Ach Sylvia! laß dir das muͤde flehn Zu hertzen gehn. Kan ich davor/ daß ich entzuͤndet bin? Dein heiſſer blick hat dieſen brand erwecket; Mit einem blick war auch mein hertze hin/ Wer weiß/ das feur in ſchnee und marmor ſtecket? Ich hatte kaum ein aug auff dich gewand/ Und war entbrandt. Ach Sylvia! erwege was es ſey/ Zu ſeiner luſt unſchuld’ge ſeelen brennen/ Ich war vorhin von dieſen zuͤgen frey/ Mit dir hab ich ſie erſtlich lernen kennen/ So haſſe denn nicht/ was du haſt gemacht/ Und auffgebracht. Der himmel weiß von keiner haͤrtligkeit/ Er ſchlaͤgt zwar ein/ doch loͤſcht er auch mit regen/ Du biſt ihm gleich/ du ausbund dieſer zeit/ Laß dich doch auch zu gleicher luſt bewegen/ Die hoͤlle lehrt was wuͤtet und zerbricht/ Der himmel nicht. Die

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/393>, abgerufen am 26.06.2024.