Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Verliebte Arien. Ein griff wird dich ja nicht verdriessen/ Greifft man doch wohl den käyser an; Du weist ja/ daß aus griff und küssen Kein krancker leib entstehen kan; Denn was von aussen nur geschehn/ Läßt keine grosse flecke sehn. Ein feigenbaum ist auffgeschossen/ Daß man ihn endlich brechen soll; Ein apffel/ den kein mund genossen/ Schmeckt auch nicht in den augen wohl/ So qvillt aus überdeckter brust/ Auch keine rechte liebes-lust. Drum laß den marmol deiner brüste Mir länger nicht verschlossen seyn; Nimm die begierden meiner lüste Zu deinen engen pforten ein/ Und mache meine schwartze hand Mit deiner weissen haut bekandt. Ich werffe meine liebes-flammen In deinen auffgeblehten schnee/ Streich du nur alle krafft zusammen/ Und kühle meines hertzens-weh/ So lieb ich dich/ so liebst du mich/ So lieben wir uns inniglich. Jedoch verzeihe mir/ Florinde/ Daß ich so frey mit dir geschertzt/ Du fühlest nicht/ was ich empfinde/ Noch was mich in der seele schmertzt. Du siehst zwar meiner liebe wahn/ Nicht aber meine kranckheit an. Was fleisch ist/ muß vom fleische leben/ Ich bin kein engel oder geist; Drum wundre dich nicht/ daß mich eben Ein trieb auff deine brüste reißt/ Und dencke/ wer du auch schon bist/ Daß nichts umsonst gewachsen ist. An
Verliebte Arien. Ein griff wird dich ja nicht verdrieſſen/ Greifft man doch wohl den kaͤyſer an; Du weiſt ja/ daß aus griff und kuͤſſen Kein krancker leib entſtehen kan; Denn was von auſſen nur geſchehn/ Laͤßt keine groſſe flecke ſehn. Ein feigenbaum iſt auffgeſchoſſen/ Daß man ihn endlich brechen ſoll; Ein apffel/ den kein mund genoſſen/ Schmeckt auch nicht in den augen wohl/ So qvillt aus uͤberdeckter bruſt/ Auch keine rechte liebes-luſt. Drum laß den marmol deiner bruͤſte Mir laͤnger nicht verſchloſſen ſeyn; Nimm die begierden meiner luͤſte Zu deinen engen pforten ein/ Und mache meine ſchwartze hand Mit deiner weiſſen haut bekandt. Ich werffe meine liebes-flammen In deinen auffgeblehten ſchnee/ Streich du nur alle krafft zuſammen/ Und kuͤhle meines hertzens-weh/ So lieb ich dich/ ſo liebſt du mich/ So lieben wir uns inniglich. Jedoch verzeihe mir/ Florinde/ Daß ich ſo frey mit dir geſchertzt/ Du fuͤhleſt nicht/ was ich empfinde/ Noch was mich in der ſeele ſchmertzt. Du ſiehſt zwar meiner liebe wahn/ Nicht aber meine kranckheit an. Was fleiſch iſt/ muß vom fleiſche leben/ Ich bin kein engel oder geiſt; Drum wundre dich nicht/ daß mich eben Ein trieb auff deine bruͤſte reißt/ Und dencke/ wer du auch ſchon biſt/ Daß nichts umſonſt gewachſen iſt. An
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Verliebte Arien.
Ein griff wird dich ja nicht verdrieſſen/
Greifft man doch wohl den kaͤyſer an;
Du weiſt ja/ daß aus griff und kuͤſſen
Kein krancker leib entſtehen kan;
Denn was von auſſen nur geſchehn/
Laͤßt keine groſſe flecke ſehn.
Ein feigenbaum iſt auffgeſchoſſen/
Daß man ihn endlich brechen ſoll;
Ein apffel/ den kein mund genoſſen/
Schmeckt auch nicht in den augen wohl/
So qvillt aus uͤberdeckter bruſt/
Auch keine rechte liebes-luſt.
Drum laß den marmol deiner bruͤſte
Mir laͤnger nicht verſchloſſen ſeyn;
Nimm die begierden meiner luͤſte
Zu deinen engen pforten ein/
Und mache meine ſchwartze hand
Mit deiner weiſſen haut bekandt.
Ich werffe meine liebes-flammen
In deinen auffgeblehten ſchnee/
Streich du nur alle krafft zuſammen/
Und kuͤhle meines hertzens-weh/
So lieb ich dich/ ſo liebſt du mich/
So lieben wir uns inniglich.
Jedoch verzeihe mir/ Florinde/
Daß ich ſo frey mit dir geſchertzt/
Du fuͤhleſt nicht/ was ich empfinde/
Noch was mich in der ſeele ſchmertzt.
Du ſiehſt zwar meiner liebe wahn/
Nicht aber meine kranckheit an.
Was fleiſch iſt/ muß vom fleiſche leben/
Ich bin kein engel oder geiſt;
Drum wundre dich nicht/ daß mich eben
Ein trieb auff deine bruͤſte reißt/
Und dencke/ wer du auch ſchon biſt/
Daß nichts umſonſt gewachſen iſt.
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