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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Verliebte Gedichte.
Hier soll die zunge sich vor manchem offt entsetzen/
Dort stöst der eckel uns aus crystallin empor/
Hier will ein schwartzer blick die sonne selbst verletzen/
Und stellt das reinste gold mit trüben farben vor/
Die bücher wollen uns zu mammelucken machen;
Wer aber kennet nicht den zunder der natur?
Muß nicht noch alle welt der stillen anmuth lachen/
Die Cäsar auff der brust Cleopatrens erfuhr?
Selbst Masanissa liegt zu Sophonisbens füssen/
Und Alexander fiel vor seine feindin hin:
Drumb wird der pöbel leicht den fehler bergen müssen/
Daß ich in deinen schoß/ mein schatz/ gesuncken bin.
Laß nur die blöde furcht dich länger nicht erschrecken/
Reiß der entbrandten lust die schwache fessel loß/
Und zeige was den geist vor dünne tücher decken/
Der mit dem leben dir in alle glieder floß
Du wirst es selber wohl an deiner brust empfinden/
Was vor ein süsser dampff aus ihren bergen quillt/
Wenn flammen/ lufft und schnee mit ambra sich verbinden/
Und der beseelte platz von reinem winde schwillt.
Kein funcke spielt umsonst von den bemilchten wangen/
Die früchte sind dir nicht vergebens angepfropfft/
Und dein verliebter geist hält selber sich gefangen/
Dafern du der natur die quelle zugestopfft.
Auch liljen reissen wir in grüner jugend nieder/
Aus rosen presset man erst nach der blüthe safft/
Und tulipanen blühn mit gleicher anmuth wieder/
Wenn ein erwünschter bruch der wurtzel lufft geschafft.
Wer läst den reben nicht die blätter vor beschneiden?
Welch garten rühmet sich wohl fremder arbeit nicht?
So muß sich die natur auff ihren auen weiden/
Biß der verliebte zeug in volle kräffte bricht.
Die ströme müssen selbst aus ihren adern rücken.
Ein zugedeckter brunn ist keiner augen werth/
Und einen schönen ort mit schweren schlössern drücken/
Heist stuben zwar verwahrt/ nicht aber ausgekehrt.
Nun
Verliebte Gedichte.
Hier ſoll die zunge ſich vor manchem offt entſetzen/
Dort ſtoͤſt der eckel uns aus cryſtallin empor/
Hier will ein ſchwartzer blick die ſonne ſelbſt verletzen/
Und ſtellt das reinſte gold mit truͤben farben vor/
Die buͤcher wollen uns zu mammelucken machen;
Wer aber kennet nicht den zunder der natur?
Muß nicht noch alle welt der ſtillen anmuth lachen/
Die Caͤſar auff der bruſt Cleopatrens erfuhr?
Selbſt Maſaniſſa liegt zu Sophonisbens fuͤſſen/
Und Alexander fiel vor ſeine feindin hin:
Drumb wird der poͤbel leicht den fehler bergen muͤſſen/
Daß ich in deinen ſchoß/ mein ſchatz/ geſuncken bin.
Laß nur die bloͤde furcht dich laͤnger nicht erſchrecken/
Reiß der entbrandten luſt die ſchwache feſſel loß/
Und zeige was den geiſt vor duͤnne tuͤcher decken/
Der mit dem leben dir in alle glieder floß
Du wirſt es ſelber wohl an deiner bruſt empfinden/
Was vor ein ſuͤſſer dampff aus ihren bergen quillt/
Wenn flammen/ lufft und ſchnee mit ambra ſich verbinden/
Und der beſeelte platz von reinem winde ſchwillt.
Kein funcke ſpielt umſonſt von den bemilchten wangen/
Die fruͤchte ſind dir nicht vergebens angepfropfft/
Und dein verliebter geiſt haͤlt ſelber ſich gefangen/
Dafern du der natur die quelle zugeſtopfft.
Auch liljen reiſſen wir in gruͤner jugend nieder/
Aus roſen preſſet man erſt nach der bluͤthe ſafft/
Und tulipanen bluͤhn mit gleicher anmuth wieder/
Wenn ein erwuͤnſchter bruch der wurtzel lufft geſchafft.
Wer laͤſt den reben nicht die blaͤtter vor beſchneiden?
Welch garten ruͤhmet ſich wohl fremder arbeit nicht?
So muß ſich die natur auff ihren auen weiden/
Biß der verliebte zeug in volle kraͤffte bricht.
Die ſtroͤme muͤſſen ſelbſt aus ihren adern ruͤcken.
Ein zugedeckter brunn iſt keiner augen werth/
Und einen ſchoͤnen ort mit ſchweren ſchloͤſſern druͤcken/
Heiſt ſtuben zwar verwahrt/ nicht aber ausgekehrt.
Nun
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[96/0112] Verliebte Gedichte. Hier ſoll die zunge ſich vor manchem offt entſetzen/ Dort ſtoͤſt der eckel uns aus cryſtallin empor/ Hier will ein ſchwartzer blick die ſonne ſelbſt verletzen/ Und ſtellt das reinſte gold mit truͤben farben vor/ Die buͤcher wollen uns zu mammelucken machen; Wer aber kennet nicht den zunder der natur? Muß nicht noch alle welt der ſtillen anmuth lachen/ Die Caͤſar auff der bruſt Cleopatrens erfuhr? Selbſt Maſaniſſa liegt zu Sophonisbens fuͤſſen/ Und Alexander fiel vor ſeine feindin hin: Drumb wird der poͤbel leicht den fehler bergen muͤſſen/ Daß ich in deinen ſchoß/ mein ſchatz/ geſuncken bin. Laß nur die bloͤde furcht dich laͤnger nicht erſchrecken/ Reiß der entbrandten luſt die ſchwache feſſel loß/ Und zeige was den geiſt vor duͤnne tuͤcher decken/ Der mit dem leben dir in alle glieder floß Du wirſt es ſelber wohl an deiner bruſt empfinden/ Was vor ein ſuͤſſer dampff aus ihren bergen quillt/ Wenn flammen/ lufft und ſchnee mit ambra ſich verbinden/ Und der beſeelte platz von reinem winde ſchwillt. Kein funcke ſpielt umſonſt von den bemilchten wangen/ Die fruͤchte ſind dir nicht vergebens angepfropfft/ Und dein verliebter geiſt haͤlt ſelber ſich gefangen/ Dafern du der natur die quelle zugeſtopfft. Auch liljen reiſſen wir in gruͤner jugend nieder/ Aus roſen preſſet man erſt nach der bluͤthe ſafft/ Und tulipanen bluͤhn mit gleicher anmuth wieder/ Wenn ein erwuͤnſchter bruch der wurtzel lufft geſchafft. Wer laͤſt den reben nicht die blaͤtter vor beſchneiden? Welch garten ruͤhmet ſich wohl fremder arbeit nicht? So muß ſich die natur auff ihren auen weiden/ Biß der verliebte zeug in volle kraͤffte bricht. Die ſtroͤme muͤſſen ſelbſt aus ihren adern ruͤcken. Ein zugedeckter brunn iſt keiner augen werth/ Und einen ſchoͤnen ort mit ſchweren ſchloͤſſern druͤcken/ Heiſt ſtuben zwar verwahrt/ nicht aber ausgekehrt. Nun

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/112>, abgerufen am 26.11.2024.